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Schallplatten in einem Vinyl-Presswerk

Austrovinyl

Vinyl made in Austria: Neues Presswerk samt Vinyl-Erlebniswelt in der Steiermark

Die weltweite Nachfrage nach Vinyl-Platten steigt seit Jahren enorm. Das merkt auch die einzige österreichische Schallplatten-Presserei „Austrovinyl“ in der Oststeiermark. Die Auftragsbücher sind mehr als voll, man kommt kaum hinterher mit dem Pressen. Abhilfe soll noch in diesem Jahr ein größeres Werk samt Vinyl-Erlebniswelt schaffen.

Von Xaver Stockinger

Der eine meint, Vinyl klingt besser, die andere schätzt die aufwändigen Designs von Cover und Booklet, ein Dritter sammelt Schallplatten als Wertanlage. Wie dem auch sei, die oftmals totgesagte Schallplatte erlebt seit Jahren eine neue Blütezeit. Von kleinen Labels bis zu den Majors, sie alle setzen wieder verstärkt auf Vinyl. Dieser weltweite Boom reicht bis in die oststeirische Peripherie. In der 3000-Einwohner*innen-Gemeinde Fehring befindet sich das einzige Vinyl-Presswerk Österreichs, Austrovinyl. Auch die kleine Presserei stößt durch die starke Nachfrage aktuell an ihre Grenzen. „Wir sind zum Brechen voll. Unsere Lager platzen aus allen Nähten. Wir haben schon zusätzliche Flächen angemietet, um Vorprodukte lagern zu können“, erklärt Peter Wendler, Geschäftsführer von Austrovinyl. Ändern soll sich das im kommenden Jahr: Ein neues Werk mit zusätzlichen Pressen und Lagerräumen soll ein paar hundert Meter weiter in Fehring entstehen.

Schallplatten in einem Vinyl-Presswerk

Austrovinyl

So soll das neue Presswerk samt Vinyl-Erlebniswelt aussehen.

Für das neue Projekt hat man sich einen lokalen Partner ins Boot geholt. Napalm Records, ebenfalls in der Steiermark beheimatet, ist international im Hard & Heavy-Bereich tätig und wird gemeinsam mit Austrovinyl das Bauvorhaben stemmen. Die Kooperation wurde aus der Not geboren, meint Thomas Caser, Geschäftsführer von Napalm Records: „Die Kapazitäten unseres bisherigen Presswerks in Deutschland waren völlig ausgeschöpft, deshalb haben wir nach zusätzlichen Alternativen gesucht.“ Für beide Seiten soll das größere Presswerk also Erleichterung bringen.

Vinyl-Erlebniswelt inklusive

Das geplante Presswerk bietet zusätzlich noch eine Besonderheit. In ihm soll das Prinzip der „gläsernen Manufaktur“ verwirklicht werden. Interessierte sollen das Presswerk besuchen und dort den Entstehungsprozess von Schallplatten genau miterleben können. Vom ersten Ritzen elektronisch verstärkter Schallwellen in eine Metallplatte, dem sogenannten Masterfolien-Schnitt, bis zum Pressen des weichen Vinyls unter 200 Bar Druck: Die einzelnen Produktionsschritte sollen so nachvollziehbar werden. „Uns haben in den letzten Jahren viele Anfragen erreicht, ob man kommen kann, um zu schauen, wie Platten hergestellt werden. Mit dem neuen Presswerk wird das möglich sein. Wir möchten so das Handwerk und die Kultur hinter dem Vinyl vermitteln“, erklärt Peter Wendler. Ein integriertes Café samt Bühne soll Plattenpräsentationen ermöglichen und der Vinyl-Erlebniswelt einen zusätzlichen Live-Charakter geben.

Schallplatten in einem Vinyl-Presswerk

Austrovinyl

Aus diesem Granulat entstehen später Schallplatten.

Was heute floriert, wuchs auf steinigem Boden

Die Anfänge vom Vinyl „Made in der Oststeiermark“ waren alles andere als einfach. 2016 beschloss Peter Wendler gemeinsam mit seinen zwei Jugendfreunden Johann Koller und Hannes Fauster, in Fehring ein Vinyl-Presswerk zu gründen. „Wir hatten nur die Idee, aber keinen Plan, wie wir sie umsetzen“, so Wendler, der sich mit seinem Vorhaben in verstaubtes Terrain begab. Rund 20 Jahre lang wurden davor in Österreich keine Schallplatten mehr gepresst. Neue Maschinen gab es am Markt nicht, die Technologie war so gut wie verschwunden. Mit mühsamer Kleinstarbeit und viel Herzblut haben Wendler und seine beiden Kollegen es jedoch geschafft, ein modernes Presswerk einzurichten und schon nach wenigen Monaten die ersten Schallplatten zu produzieren. Als Standort dient noch bis heute ein altes Bürgerhaus im Zentrum von Fehring, das Peter Wendler von seiner „Mitzi-Tant“ geerbt hat.

Schallplatten in einem Vinyl-Presswerk

Austrovinyl

V.l.n.r. Das Austrovinyl-Trio Peter Wendler, Johann Koller und Hannes Fauster.

Mittlerweile ist Austrovinyl in der österreichischen Musiklandschaft fest verankert. Man presst hauptsächlich für kleinere und mittlere Labels, da diese bei den großen Presswerken im Ausland oft durchfallen. Durch das nun geplante größere Werk will man seine Ausrichtung aber nicht in Richtung Major Labels verändern. „Wir wissen, wo wir herkommen und das wollen wir nicht vernachlässigen. Bei den kleineren Labels steckt unser Herzblut drinnen“, so Peter Wendler.

Vinyl ist gekommen, um zu bleiben

Die Bauarbeiten für das neue Presswerk samt Vinyl-Erlebniswelt starten demnächst. Noch 2022 soll der Betrieb aufgenommen und die ersten Besucher*innen in der „gläsernen Manufaktur“ empfangen werden. Auf die Frage, ob es sich beim aktuellen Vinyl-Boom vielleicht nur um einen kurzlebigen Trend handelt, antwortet Peter Wendler zuversichtlich: „Vinyl hat das Wellental bereits durchschritten. Es ist gekommen, um zu bleiben.“

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