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Wie steht es um unser pandemisches Trinkverhalten?

In der Früh einen Kaffee mit Schuss, zu Mittag vielleicht ein Bier und am Abend ein Achterl Wein. Oder soll es mehr sein? Rund 12 Liter reiner Alkohol werden in Österreich pro Kopf und Jahr getrunken. Umgerechnet wären das etwa 480 Flaschen Bier, mehr als eine Badewanne voll. Hat die Pandemie unser Trinkverhalten beeinflusst? Trinken wir mehr als vorher?

Von René Froschmayer

Alkohol ist hierzulande die Volksdroge schlechthin. Wein, Bier, Schnaps und Co sind in der österreichischen Kultur fest verankert „Österreich ist ein Land, das eher überdurchschnittlich viel Alkohol konsumiert - das war schon vor Corona so und daran hat auch die Pandemie grundlegend nicht viel verändert“, erklärt Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien. Lochner leitet als Geschäftsführer die Sucht- und Drogenkoordination der Stadt.

Ergebnisse einer Online-Befragung zum ersten Lockdown im Frühjahr 2020 geben genauer Auskunft über unser pandemisches Trinkverhalten. Im Schnitt wurde weniger Alkohol getrunken als vor der Covid-19-Pandemie. Das mag vor allem dem Wegfallen von Restaurants, Bars und Clubs geschuldet sein. Mit einem Mal war keine Gesellschaft mehr vorhanden, mit der man hätte anstoßen können. Partys wurden abgesagt, Feste konnten nicht so gefeiert werden, wie sie halt so fallen. Vor allem „Gesellschaftstrinker*innen“ haben das Glas allein zu Hause nicht gehoben, sondern stehen gelassen.

Problematischer war es hingegen bei Menschen, die auch schon vorher viel Alkohol zu sich genommen haben. Diese Gruppe hat ihren Konsum in der Pandemie tendenziell erhöht. Die Sucht- und Drogenkoordination Wien rechnet für das Jahr 2022 und Folgejahre mit einem entsprechenden Zuwachs an notwendigen Behandlungen.

Auch das Wetter beeinflusst unser Trinkverhalten

Der erste Lockdown zeigte Wirkung, das Infektionsgeschehen in Österreich wurde gebremst. Nachdem Lokale weiterhin geschlossen blieben, wurde der öffentliche Raum als Schauplatz des sozialen Lebens erobert, und vor allem junge Menschen haben im Frühjahr 2020 den öffentlichen Raum für sich wiederentdeckt.

Der Sonnenschein und die wärmeren Temperaturen haben im ersten Coronafrühling unsere Trinkgewohnheiten beeinflusst: „Sobald das Wetter besser war, hat sich der Konsum in Parks und an öffentliche Plätze verlagert und ist wieder angestiegen“, meint Suchtkoordinator Ewald Lochner. Mit den sinkenden Fallzahlen konnten dann im Mai die Lokale wieder öffnen. Dadurch hat sich der Alkoholkonsum in Österreich allmählich normalisiert.

Gender-Bias und sozioökonomische Abhängigkeit

Vergangene Krisen haben gezeigt, dass die sozioökonomische Stellung eines Menschen die Anfälligkeit für psychische Probleme beeinflusst. Die Krise verstärkt Ungleichheiten. Geht es jemanden sozioökonomisch schlecht, so wird die Person auch eher von psychischen Problemen geplagt und greift auch eher zu Substanzen wie Alkohol. Drei Faktoren können, laut Ewald Lochner, die psychische Belastung in der Pandemie und damit den Alkoholkonsum besonders beeinflussen: das Geschlecht, das Alter und der sozioökonomische Status.

Generell trinken Männern mehr als Frauen. In der Pandemie sieht das anders aus: Während Lockdowns haben Frauen mehr Alkohol zu sich genommen als Männer. Mitunter ausschlaggebend dafür ist der erhöhte familiäre Druck, der vor allem Frauen betrifft. Kinderbetreuung, Hausarbeit und Pflege von Angehörigen werden überwiegend von Frauen geleistet. Dazu kommt: Nahezu alle Alleinerziehenden sind Frauen.

HILFSANGEBOTE:
Suchthilfe Wien: 4000 53 800
Rat auf Draht: 147

Eine Übersicht weiterer Anlaufstellen findest du auf der Website der Psychosozialen Zentren.

Ab wann ist mein Trinkverhalten ein Problem?

Menschen in Österreich trinken viel und gerne. Wenn es keinen Grund zum Feiern gibt, dann wird kurzerhand einer geschaffen. Aber woran erkenne ich, wenn mein Konsum problematische Züge annimmt?

„Wenn das eigene Trinkverhalten die Unabhängigkeit untergräbt, zu stören beginnt und man Alkohol für das Wohlbefinden braucht, dann ist der Zeitpunkt erreicht, sich in Beratung zu begeben“, erklärt Lochner. Treten in einer Alkoholpause, nach einer alkoholintensiven Zeit, psychische und körperliche Symptome auf, dann kann bereits eine Entzugsproblematik einer Suchterkrankung vorliegen. „Dann sollte auf jeden Fall eine Behandlung stattfinden“, merkt Ewald Lochner an.

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FM4 Auf Laut: Schaffst du einen Monat ohne Alkohol?

Viele Menschen nützen den ersten Monat des neuen Jahres, um ihren Alkoholkonsum einzubremsen. Im #DryJanuary teilen User*innen im Netz Transformationsstorys und Liveberichte, um Awareness über problematische Alkoholkonsum-Muster zu schaffen.

Wie ist das bei dir? Schaffst du einen Monat ohne Alkohol? Hat die Pandemie deine Trinkgewohnheiten verändert? Trinkst du auch allein Alkohol? Warum ist es so schwierig, nein zu Wein, Bier und Co zu sagen? Wie viel ist zu viel?

Darüber diskutieren wir Dienstagabend in FM4 Auf Laut mit Lisa Brunner, der Leiterin des Instituts für Suchtprävention bei der Sucht- und Drogenkoordination Wien und mit euch! Anrufen und mitdiskutieren ab 21 Uhr. Die Nummer ins Studio 0800 226 996.

FM4 Auf Laut gibt es jeden Dienstag ab 21 Uhr neu im FM4 Player und als FM4 Podcast.

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