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Ausstellungsobjekte, Videoinstallation, BOO in Form eines Kunstrasen

Queer Museum Vienna

Ein queeres Museum in Wien

Weil es noch keinen fixen Standort gibt, ist das Queer Museum Vienna für ein halbes Jahr zu Gast im Volkskundemuseum Wien und gibt einen Vorgeschmack darauf, wie lebendig, bunt und unkonventionell ein queeres Museum sein kann.

Von David Riegler

New York, Amsterdam, Berlin – all diese Städte haben bereits ein Museum, dass sich queerer Kunst widmet und auch in Wien gibt es seit 2019 Gespräche dazu. Larissa Kopp von der Initiative Queer Museum Vienna will damit mehr Fokus auf queere Kunst lenken: „Es ist ein großer Teil der Geschichte, Kunst und Kultur, der sonst einfach viel zu wenig gesehen wird, den es immer gab und immer geben wird.“ Die Initiative Queer Museum Vienna und die Stadt Wien konnten sich bisher noch nicht einigen, doch jetzt wurde eine Zwischenlösung gefunden: Das Queer Museum Vienna ist für ein halbes Jahr zu Gast im Volkskundemuseum Wien im 8. Bezirk und kann dort zwei Räume bespielen.

Ausstellungsraum mit Besuchern

Queer Museum Vienna

Eine queere Nachbarschaft

Die erste Ausstellung, die seit wenigen Tagen zu sehen ist, wurde vom Duo „The DODO Project“ kuratiert und zeigt Werke des Künstlers Alfred Rottensteiner. Kuratorin Daniela Hahn begründet die Auswahl damit, dass Rottensteiner in seinen Werken sowohl über Berührungspunkte mit der zeitgenössischen queeren Kunstszene verfügt, als auch über historische Bezüge. Sie sieht allgemein viel Nachholbedarf wenn es um queere Kunst geht: „Auch in der zeitgenössischen Kunst ist noch nicht genug Bewusstsein, da muss man noch mehr Raum schaffen, das muss selbstverständlich sein.“

“If there is something weird in your neighborhood” ist der Titel von Rottensteiners Ausstellung, in der queere Ästhetik und Architektur zum Thema gemacht und Alltagserfahrungen von queeren Menschen künstlerisch interpretiert werden. Mitten im Raum ist der Schreckensausruf „Boo!“ zu lesen, der in bunter Pop-Art-Ästhetik umgesetzt ist und für den Moment der Irritation steht, den man auslöst, wenn man seine Queerness offen zeigt: „Denn man kommt oft in die Situation, dass man sich fühlt, beziehungsweise, dass man angestarrt wird als wäre man ein Geist und würde Unheil bringen“, sagt Rottensteiner.

Barbie liegt neben Jesus-Figur hinter grünem Vorhang

Queer Museum Vienna

Kernstücke der queeren Community

Doch auch die Stärke der queeren Community wird abgebildet, zum Beispiel die Kunst, sich Dinge anzueignen und zurückzuerobern, wie bei dem Begriff queer, der früher ein Schimpfwort war und jetzt mit Stolz von der Community selbst benutzt wird. Durch die Dekonstruktion werden Gegenstände mit neuer Bedeutung versehen, was schon seit langem ein wichtiger Prozess in der LGBTQ-Bewegung ist. Schrill-bunte Tüllvorhänge werden zu Superheldencapes und im Schaukasten liegt Barbie im Bett mit einer Jesus-Figur – eine überspitzte Darstellung der traditionellen Familie, wie man es auch aus der DRAG-Kultur kennt. Dafür hat der Künstler bestehende Exponate des Volkskundemuseums verwendet.

Für Alfred Rottensteiner ist klar, dass es vor allem jetzt solche Räume braucht, die der LGBTQ-Community einen Platz geben, weil viele andere Orte pandemiebedingt eingeschränkt sind, zum Beispiel die Clubkultur: „Ich denke, dass die Clubkultur ein wichtiges Element der queeren Community ist, das ist ja auch ein Raum, der geschaffen wurde, ein Raum der Akzeptanz und ich denke, dass es auf jeden Fall jetzt Alternativen braucht.“ An die Clubkultur erinnert auch eine Videoinstallation, für die Rottensteiner einen eigenen Song kreiert hat.

Ein Vorgeschmack auf eine große Vision

Die aktuelle Ausstellung ist eine Vorschau darauf, wie bunt, lebendig und unkonventionell das Queer Museum Vienna aussehen könnte, allerdings bleibt es eine Vorschau, da es aufgrund des Platzmangels derzeit nicht möglich ist, die Vielfalt queerer Kunst abzubilden. Um das zu kompensieren, setzt man auf rasch wechselnde Ausstellungen und Veranstaltungen mit verschiedenen Schwerpunkten, zum Beispiel zum Black History Month im Februar.

Die Ausstellung Alfred Rottensteiner – If there is something weird in your neighborhood läuft noch bis zum
6. Februar 2022.
Das gesamte Programm und die kommenden Ausstellungen findet man auf der Seite des Volkskundemuseums Wien.

Die Vision für die Zukunft ist, queeres künstlerisches Arbeiten abzubilden und gleichzeitig die queere Community zu feiern. Um das zu erreichen, möchte Larissa Kopp vom Verein Queer Museum Vienna, den Begriff Museum neu denken: „Wir wollen natürlich kein klassisches Museum, sondern etwas Lebendiges und Modernes. Museum heißt für uns immer auch, dass sich etwas behauptet, dass etwas zu sehen ist, was sonst oft nicht zu sehen ist und etwas zu schaffen, was in Wien meiner Meinung nach fehlt.“ Die aktuelle Ausstellung ist der Grundstein und der erste Schritt um diese Lücke in der Kunstszene zu schließen.

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