FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

18.01.22 Cat Power und ihr neues Album "Covers"

Mario Sorrenti

Best New Music

Cat Power ist die Meisterin des Cover-Songs

„Covers“ ist Cat Powers’ drittes Album mit Fremdkompositionen u.a. mit Songs von Nick Cave, Lana Del Rey und Frank Ocean. Warum das die Indie-Ikone gerne und gut macht.

Von Christian Lehner

Chan Marshall a.k.a. Cat Power hat den Ruf, die „Queen of Sadcore“ zu sein, also die Königin des traurigen Liedgutes. Die 49-jährige Amerikanerin hat aber auch wirklich sehr viel durchgemacht: gefeierter Indie-Shootingstar in den späten Neunzigern, später Model bei Lagerfeld für Chanel und angehende Schauspielerin, dann der Absturz, Drogensucht, Autoimmunerkrankung, Geldprobleme, abgesagte Touren, und ihr langjähriges Label hat sie auch vor die Tür gesetzt.

Vor vier Jahren feierte Cat Power ein erfolgreiches Comeback mit dem Album „Wanderer“. Am vergangenen Freitag erschien ihre neue Platte „Covers“. Darauf frönt Cat Power einmal mehr ihrer großen Leidenschaft für die Interpretation von Songs anderer Musiker*innen. „Covers“ ist bereits ihr drittes Album mit Coverversionen. Dieses Mal u.a. mit Liedern von The Pogues, Lana Del Rey und Nick Cave.

Gutes Cover, schlechtes Cover?

Was macht eine gute Coverversion aus? Bleibt man am besten möglichst nahe am Original und somit an der Vision des Autors oder der Autorin, oder krempelt man das Stück total um und verwirklicht seine eigenen Vorstellungen? Ist das eine zu ehrfürchtig und ideenlos, das andere zu egoistisch und ohne Respekt? Schön, dass es noch Themen gibt, bei denen man sich wohl nie einig werden wird, ohne gleich die Gesellschaft zu spalten.

Natürlich hängt die Antwort auf die Ausgangsfrage von individuellen Fähigkeiten ab. Man kann trotz neuem Arrangement den Kern des Originals treffen und man kann trotz Detailtreue krachend scheitern. Und jeweils umgekehrt.

Bevor wir zum angenehmen Teil kommen, zwei Negativbeispiele. Bei aller derzeit völlig angebrachten Liebe zu Britney Spears, diese - ähm - Interpretation von „I Love Rock’n’Roll“ sollte mit einem allgemeinen Wiedergabeverbot belegt werden. Okay, es geht noch schlimmer. Hier zum Beispiel Take Thats’ Verbrechen an der Popgeschichte in Form dieser Livedarbietung von „Smells Like Teen Spirit“ (Klicken auf eigene Gefahr, Link nur zu Studienzwecken).

Pa Pa (Cat) Power

Bei Cat Power braucht man bloß Original und Cover vergleichen und man bekommt eine klare Antwort auf die Interpretationsfrage. Hier Nick Cave & The Bad Seeds mit „I Had A Dream Joe“ von 1992:

Und hier Cat Powers’ Interpretation, wie sie auf ihrem neuen Album „Covers“ zu hören ist:

Cat Power interpretiert Fremdkompositionen, so wie sie die Lieder hört. Das hat sie einmal in einem Interview gesagt. Offensichtlich hört Cat Power die Songs anders, als sie im Original klingen. Nur selten hält sich die Singer-Songschreiberin an die Vorlage. Hier das Original von „Pa Pa Power“, ein Stück der Band „Dead Man’s Bones“ von Schauspielstar Ryan Gosling:

Und hier die aktuelle Version von Cat Power:

Das forsch angelegte Original mit dem Kinderchor wird bei Cat Power zur elegischen Hymne. Obwohl vom Schub her resignativ und fragend, verwandelt sich die Textzeile „Burn the street, burn the cars“ bei Cat Power in eine kämpferische Parole. Sie kann das, Stimmungen transferieren und ihnen eine neue Richtung geben. Das hat die Singer-Songwriterin spätestens seit ihrem Erfolgsalbum „The Greatest“ (2006) verinnerlicht. Bei dem Cover von „Pa Pa Power“ habe sie an die Occupy-Wall Street-Bewegung gedacht, so Cat Power im Pressetext und deren „Vernichtung“ (Marshall) durch die US-Medien. Für dieses Album stand sie trotz mehrfach zugesagtem Termin nicht zur Verfügung.

Remodeling von Musik und Lyrics

Cat Power zerlegt die Musik nicht nur, sortiert für sie Überflüssiges aus und setzt sie neu zusammen, sie lässt auch ganze Textzeilen weg oder verändert diese. So geschehen beim Anti-Religionssong „Bad Religion“ von R&B-Star Frank Ocean.

Aus „Alahu Akbar“, das Ocean einem Taxifahrer in den Mund legt, wird bei Cat Power „Praise The Lord“.

Einer der wenigen Songs, die sie beinahe eins zu eins übernommen hat, ist „White Mustang“ von ihrer guten Freundin Lana del Rey, über die sie einmal in einem FM4 Interview gesagt hat: „Her voice is the embodiment of femininity in a devine precise measure.“

Das Prinzip Remodeling kommt auf „Covers“ bei 12 von Cat Powers Lieblingssongs zur Anwendung. Das Treatment der Stücke ist nie destruktiv. Man spürt die Liebe zu den Originalen. Dafür spricht auch die Auswahl. Trotz prominenter Namen wie The Poques, Iggy Pop oder Billie Holiday fehlen deren Hits. Cat Power hat sich einmal mehr für das nicht so Offensichtliche entschieden. „Covers“ untermauert ihren Status als Spezialistin für Fremdkompositionen.

mehr Musik:

Aktuell: