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Infobild zum Kauf von Activision-Blizzard von Xbox

Xbox

Warum es gut ist, wenn Xbox Games-Studios aufkauft

Um schwindelerregende fast 70 Milliarden US-Dollar hat Microsoft Xbox den ehemaligen Konkurrenten Activision Blizzard gekauft. Das ist kartellrechtlich betrachtet bestimmt problematisch, doch in Sachen Firmenkultur eine große Chance.

Von Robert Glashüttner

Das Jahr 2021 war kein gutes für den Games-Konzern Activision Blizzard: Alle paar Wochen gelangte wahlweise eine neue Gruselgeschichte über den tyrannisch-geldgierigen CEO Robert Kotick an die Öffentlichkeit, oder wir erfuhren noch gruseligere Details über misogynes Verhalten innerhalb der Teams und über eine Firmenkultur, die mitunter von wechselseitiger Verachtung geprägt war. Bis heute ist der Konzern, der unter anderem riesige Brands wie „Warcraft“ und „Call of Duty“ hält, aus diesen Negativschlagzeilen nicht herausgekommen.

In Anbetracht dieser Tatsache war es für viele Beobachter*innen der Games-Industrie ein leichtes Aufatmen, als nun bekanntwurde, dass sich Microsoft Xbox um markige 70 Milliarden US-Dollar Activision Blizzard einverleiben wird. Für die Mitarbeiter*innen des Konzerns kann die Aufnahme in die Xbox-Firmenfamilie wohl nur von Vorteil sein, so die Hoffnung.

Xbox als Hafen des „Guten“?

Schon seit einigen Jahren dringen immer wieder skandalöse Informationen aus dem Innenleben diverser Games-Konzerne an die Öffentlichkeit. Oft geht es um fragwürdige Arbeitsbedingungen und die damit im Zusammenhang stehende „Crunch“-Unkultur, wo Mitarbeiter*innen dazu gedrängt werden, viel zu viele Überstunden zu machen. Das treibt viele ins Burn-out und belastet Beziehungen und Familien stark. Auch liest und hört man immer wieder über toxische Arbeitsumfelder, die vor allem Frauen und queere Personen stigmatisieren. Das ist insofern absurd, weil die Haupteinnahmequelle der Spieleindustrie längst nicht mehr die selbst ernannten, zumeist hetero-männlichen „Hardcore“-Gamer sind, sondern alle möglichen Menschen, die sich zwei Stunden pro Tag in „Candy Crush“ und Co. einloggen und jede Woche einen Sack virtueller Diamanten kaufen.

Xbox ist hier bisher eine merkbar positive Ausnahme unter den Großkonzernen der Industrie gewesen. Es gibt so gut wie keine Vorwürfe in Sachen Crunch oder sexueller Belästigung. (Selbst das derzeit leider fast unvermeidliche Thema NFTs, mit dem momentan auch viel kommerzielles Schindluder getrieben wird, hat Xbox bisher glücklicherweise umschifft.) Stattdessen setzt Xbox auf Inklusivität und Diversität, sowohl etwa was Barrierefreiheit betrifft, als auch das aktive Wahrnehmen und Feiern von queeren Lebenswelten (FM4 hat berichtet).

Xbox Game Controller in Regenbogenfarben

Xbox

Wider die Marke Playstation

Ein weiterer Aspekt, auf den bezogen ein weiteres Erstarken von Xbox als positiv zu bewerten ist, ist die nicht schwindende Vorherrschaft von Playstation. Der eigentlich schon lachhafte Hype um die PS5, die seit ihrer Markteinführung im Herbst 2020 ausverkauft ist und seit Monaten als Fetischobjekt behandelt wird, will nicht abreißen. Das klobige Gerät wird seit vielen Monaten vor allem von Privathändler*innen um Fantasiepreise verkauft, obwohl es für diese Konsole weiterhin so gut wie kein exklusives Spiel gibt, für das es sich lohnen würde, sie zu besitzen. Doch die Marke Playstation hat so eine immens hohe Attraktivität, dass das egal ist. Hauptsache, man hat seine (neue) Playstation.

Mehr Analyse zu aktuellen Themen der digitalen Spielekultur gibt es im FM4 Game Podcast. Heute Mitternacht (von Mittwoch, 19. Jänner, auf Donnerstag) wird die aktuelle Folge im Radio ausgestrahlt. Den Podcast gibt es dann zum Frühstück.

Xbox, ein vergleichsweise neuer Marktteilnehmer, ist hier von Beginn an hinterhergehinkt (mit Ausnahme der Xbox 360 in den späten 2000er Jahren, die kurzfristig am Thron der Konkurrenz genagt hat). Wenn nun mit dem Aufkauf von Bethesda („Doom“, „Fallout“ etc.) letztes Jahr und aktuell von Activision Blizzard der Playstation noch mehr Wind entgegenwehnt, kann das kein Nachteil sein. Schon jetzt ist eine Xbox die sinnvollste Wahl, wenn es darum geht, einfach und günstig an aktuelle Games heranzukommen. Grund dafür ist vor allem der Abodienst „Game Pass“, der neue Spiele oft schon am Tag der Erstveröffentlichung zum Download bereit stellt - meist für Windows und Konsole gleichzeitig.

Ein Konzern kann kein Retter sein

Dennoch ist in Bezug auf diesen Rekordaufkauf von Activision Blizzard natürlich Skepsis geboten. So freundlich, zugänglich und divers kann ein Konzern gar nicht sein, dass seine schiere Größe uns verhältnismäßig einflusslosen, individuellen Konsument*innen nicht früher oder später ein Gefühl von Ohnmacht beschert. Was bleibt, ist die Hoffnung. Die Hoffnung, dass es trotzdem „gute“ Kommerzriesen wie Xbox oder auch Google geben kann, die ein Interesse daran haben, sich selbst ethische Pflichten aufzuerlegen und - trotz ständigen Gewinnimperativs - den Konsument*innen und der Gesellschaft verpflichtet zu sein. Mit Demokratie hat das dann natürlich nicht mehr viel zu tun. Aber das ist eine andere Geschichte.

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