FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Kapitol in Washington

Pixabay / CC0

Erich Moechel

Immer mehr Justizprobleme für US-Internetkonzerne in den USA

Neben laufenden Klagen auf Bundesstaatenebene werden Google, Apple und Co nun mit einer ganzen Serie von neuen US-Gesetzesvorschlägen konfrontiert.

Von Erich Moechel

Nicht nur in Europa häufen sich die rechtlichen Probleme für die großen US-Internetkonzerne, in den USA kommen Anklagen und Gesetzesinitiativen mittlerweile fast im Monatstakt. Zuletzt wurde Google am Montag in vier US-Bundesstaaten wegen missbräuchlicher Erhebung von Standortdaten angeklagt.

Zwei Gesetzesinitiativen sind auf dem Weg durch den US-Senat, die gegen die Dominanz von Google und Apple bei Smartphone-Apps gerichtet sind. Amazon wiederum gerät kartellrechtlich unter Druck, weil der Konzern den kleinen Handelsfirmen auf seiner eigenen Plattform als direkter Konkurrent gegenüber tritt.

Dokumente zu Justizprobleme für US-Internetkonzerne in den USA

Public Domain Columbia Google

In der Klageschrift des Districts of Columbia wird Google nicht nur vorgeworfen, gegen US-Konsumentenschutzgesetze zu verstoßen, sondern auch „irreführende und unfaire Geschäftspraktiken“ an den Tag zu legen.

Google kommt wegen „Dark Patterns“ vor Gericht

Die Position des EU-Parlaments zur Regulierung von „Dark Patterns“ und anderen bei Internetkonzernen und Datenhändlern beliebten Tricks in der kommenden Verordnung zu digitalen Diensten

Die Klage gegen den Google-Konzern, dem vorgeworfen wird, über seine Services systematisch Standortdaten auch von all jenen Benutzern erhoben zu haben, die dies ausdrücklich abgelehnt hatten, wurde nicht etwa von betroffenen Privatpersonen eingereicht. Die Kläger sind vielmehr die Justizminister der Bundesstaaten Washington, Texas, Indiana sowie des Districts of Columbia. Die Klage selbst fußt auf mehrjährigen Ermittlungen, die ein diesbezüglicher Bericht der Nachrichtenagenur Associated Press ausgelöst hatte.

Google wird beschuldigt, die User seiner Suchmaschine, des Kartendienstes Google Maps sowie des Android-Betriebssystems mit widersprüchlichen und irreführenden Angaben in den Benutzereinstellungen systematisch hinters Licht geführt zu haben. Dem Internetkonzern wird also vorgeworfen, sogenannte „Dark Patterns“ eingesetzt zu haben, um den Benutzern die Einwilligung zum Abgriff der Geodaten abzunötigen. Google habe dabei fälschlich behauptet, dass diverse Apps ohne Zustimmung zur Erhebung der Geodaten nicht funktionieren würden, haißt es in der Klageschrift des Districts of Columbia. Erst vor einer Wolche hatte das EU-Parlament mehrheitlich dafür gestimmt, den Einsatz solcher „Dark Patterns“ durch Plattformbetreiber im EU-Raum zu verbieten.

Dokumente zu Justizprobleme für US-Internetkonzerne in den USA

Public Domain Senatskomitee

/Der American Innovation and Choice Online Act, wurde von Senatorin Amy Klobuchar eingereicht und wird von zehn namentlich aufgeführten Senator*innen beider Parteien unterstützt. Nach zwei Lesungen im Senat ist der Gesetzesentwurf nunmehr in dessen Rechtsausschuss angelangt (siehe unten).

Netz-Oligopole, Kartell- und Wettbewerbsrecht

Im Dezember 2020 wurde die Kartellklage des US-Regulators FCC gegen den Facebook-Konzern eingereicht. In Europa wurden der „Digital Market Act“ und der „Digital Services Act“ auf den Weg gebracht.

Aktuell sind die Anwälte von Google auch mit einem Antitrust-Verfahren des Bundestaates Texas beschäftigt. Dem Weltmarktführer in suchebezogener Werbung wird dort der Missbrauch seiner Monopolstellung über Systeme vorgeworfen, auf denen Medien Werbeplätze an Vermarkter versteigern. Auch hier geht es wieder um Kartell- und Wettbewerbsrecht, das im US-Rechtssystem über wesentlich schärfere Instrumente verfügt, als etwa das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union. Im Rechtsausschuss des US-Senats sind derweil zwei Gesetzesentwürfe in Arbeit, die beide sowohl von republikanischen wie auch demokratischen Abgeordneten unterstützt werden.

Dadurch werden sowohl dem „American Innovation and Choice Online Act“ wie auch dem „Open App Markets Act“ Chancen auf eine Mehrheit im Senat eingeräumt. Wie schon der Name „Open App Markets Act“ sagt fokussiert dieser Gesetzesentwurf vornehmlich auf die Betreiber von App Stores, die zugleich auch Plattformbetreiber sind. Gemeint sind also in erster Linie Google und Apple, die in ihren eigenen App Stores gleichzeitig Geschäftspartner wie auch Konkurrenten anderer App-Betreibersind. Die wiederum sind aber auf dіe App-Stores der beiden Oligopolisten angewiesen, auch hier geht es also um Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und um Wettbewerbsrecht.

Dokumente zu Justizprobleme für US-Internetkonzerne in den USA

Public Domain Parens Patriae

Diese Passage des „American Innovation and Choice Online Act“ kündigt bereits die nächsten rechtlich Probleme für die Internet-Oligopole an, sollte das Gesetz verabschiedet werden. Durch die „Parens Patriae“-Klausel würde in einem Bundesgesetz festgehalten, dass sich potentielle Kläger gegen Wettbewerbsverzerrungen durch marktbeherrschende Unternehmen im Internet direkt an das Justizministerium im jeweiligen Bundestaat wenden können. Ebenso können die Justizministerien von sich aus tätig werden, ohne dass es eines individuellen Klägers bedarf.Der Open App Markets Act des Senats im Volltext, sowie der Banning Surveillance Advertising Act of 2022, der im Repräsentantenhaus eingereicht wurde (siehe unten).

Radikale Gesetzesinitiative im Repräsentantenhaus

Der „American Innovation and Choice Online Act“ geht allerdings über App-Stores hinaus und würde etwa Klagen gegen manipulative Praktiken von Plattformen wie Amazon ermöglichen, denen schon länger vorgeworfen wird, die eigenen Produktlinien auf ihren Plattformen zu begünstigen. Dieselben Vorwürfe werden seit Jahren auch in Europa erhoben, blieben aber bis dato folgenlos. Inhaltlich ist der „Open App Markets Act“ präziser, direkte inhaltliche Widersprüche zwischen den beiden Ansätzen gibt es anscheinend nicht. Beobachter schließen deshalb nicht aus, dass der Rechtsausschuss des Senats vorschlagen könnte, die beiden „Acts“ zusammenzulegen.

Der am 18.Jänner im Repräsentantenhaus eingereichte „Banning Surveillance Advertising Act“ kommt mit dem radikalsten Ansatz von allen aktuellen Gesetzesinitiativen in den USA daher. Eingereicht wurde der Gesetzesvorschlag von den Abgeordneten Anna Eshoo und Jan Schakowsky, unterstützt werden sie von Senator Cory Booker, all drei sind Demokraten. Dieser Vorschlag richtet sich nicht nur gegen die großen Plattformbetreiber, sondern gleich gegen die Methoden der gesamten Internet-Werbeindustrie, also gegen den „Überwachungskapitalismus“, wie es die US-Ökonomin Shoshanna Zuboff nennt. Die Methoden von Google, Apple und allen anderen Plattformbetreibern unterscheiden sich nämlich nicht im mindesten von den Vorgangsweisen der großen Datenhandelshandelsfirmen. Letztere agieren plattformübergreifend, während Google und die anderen Oligopole genau dasselbe auf ihren Plattformen praktizieren.

Der RSS-Feed zu diesem Blog. Sachdienliche Informationen, Metakritiken et al. sind über dieses Formular verschlüsselt und anonym beim Autor einzuwerfen. Wer eine Antwort will, gebe tunlichst eine Kontaktmöglichkeit an.

mehr Netzpolitik:

Aktuell: