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Screenshot aus dem Computerspiel "Vampire Survivors"

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„Vampire Survivors“ stillt den Hunger nach schneller Arcade-Action

Der erste Gaming-Hype des Jahres ist ein scheinbar schnell zusammengeschustertes Indiegame, das aussieht wie aus dem Jahr 2000 und sich auch ein bisschen so spielt. Die Faszination ist schwer dingfest zu machen, doch eines ist offensichtlich: Das Bedürfnis nach simplen Games ohne Firlefanz, aber dennoch mit spielerischer Tiefe, ist groß.

Von Robert Glashüttner

Arcade-Games sind ebenso faszinierend wie stressig. Ihr wisst schon: bunte, rasante Computerspiele, die schnelle Reflexe und gute Konzentration von uns verlangen. Ihr Spielprinzip ist in einer Minute verstanden, doch die große Herausforderung bleibt für immer. Die Geburtsstunde dieser Games war in den frühen 1980er Jahren, wo sie in den damals an vielen Orten aufpoppenden Videospielhallen zu finden waren. Ihre Namen sind etwa „Centipede“, „Asteroids“, „Pac-Man“ oder „Defender“. Ihr Zauber ist bis heute nicht verloschen, im Gegenteil.

Die Videospielhallen gibt es längst nicht mehr (oder nur noch sehr, sehr wenige davon), und auch von Computern und Konsolen sind Arcade-Games (oft Remakes diverser Klassiker) in den letzten fünf bis zehn Jahren weitgehend verschwunden. Sie sind aufs Smartphone gewandert. Dort aber gibt es zwei markante Probleme: Die Games werden oft durch In-Game-Käufe monetarisiert, was viele Spieler*innen zu Recht nervt. Außerdem spielen sich solche Spiele auf einem kleinen Touch-Display einfach nie so gut und präzise wie mit einem Joystick oder Gamepad vor einem größeren Bildschirm.

Die Lücke schließen

So ist eine Lücke entstanden, die bisher nicht so recht geschlossen wurde. In den letzten Jahren hat der anhaltende Trend der Roguelike-Spiele (FM4 hat berichtet) eine solide Alternative zu Arcade-Actionspielen geboten. Doch es ist nicht dasselbe.

„Vampire Survivors“, entwickelt und vertrieben vom Indiestudio poncle, ist für Windows in einer Frühversion (Early Access) auf Steam erschienen und kostet 2,39 Euro. Auf Itch.io kann man im Browser eine Demoversion spielen.

Diese ludische Sehnsucht nach simplen, aber schweren Games, wo es bunt wuselt und zuckt, wo es klickert und klackert und man wie gebannt an den Bildschirm gefesselt ist, um in brenzligen Momenten im richtigen Sekundenbruchteil die korrekte Bewegung zu machen, stillt nun ein Hype, der aus dem Nichts kam: „Vampire Survivors“, entwickelt von einem kleinen Team rund um den ehemaligen Community-Manager Luca Galante, wird seit Ende Jänner zu jeder Zeit von mehreren Zehntausenden Menschen gespielt. Es ist ein Arcade-Game wie aus dem Bilderbuch, das durch Rollenspiel-Elemente auch über längere Zeit hinweg motiviert.

„Castlevania“ auf Speed

Wie in den meisten Arcade-Games steht auch bei „Vampire Survivors“ immer die eine, große Frage im Zentrum: Wie lange kannst du überleben? Man beginnt als kleine Vampirjäger-Figur, die alle paar Sekunden automatisch ihre Peitsche schwingt und Fledermäuse, Skelette und ähnliche Wesen attackiert. Doch, auch wenn das hier ein bisschen wie ein Demake von „Castlevania“ aussieht, ist die Ähnlichkeit nur eine visuelle. Hier geht es nicht um gemächliches Vorwärtskommen und das Durchstreifen von Levels. In „Vampire Survivors“ geht es in jeder Sekunde ums nackte Überleben, indem wir durch die immer zahlreicher werdenden Monsterhorden navigieren.

Sämtliche Attacken und Features werden automatisch ausgeführt. Welche dieser Waffen und Fähigkeiten wir bekommen, wird nach jedem Charakteraufstieg ausgewählt. Es gibt immer drei (später eventuell auch vier) Möglichkeiten zufällig zur Auswahl, und die Wahl unserer aktiven und passiven Ausrüstung entscheidet natürlich darüber, wie effektiv wir die gegnerischen Horden zurückhalten können. Nach zehn Minuten wird es erstmals merkbar immer schwieriger.

Screenshot aus dem Computerspiel "Vampire Survivors"

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Kleines Spiel, große Wirkung

Es wirkt auf den ersten Blick paradox: Ein aus diversen gekauften Assets (die Grafiken stammen übrigens zumindest teilweise vom österreichischen Pixelartist Thomas Feichtmeir aka Cyangmou) zusammengeschustertes, kleines Game, das innerhalb weniger Wochen international einschlägt wie eine Pixelbombe. Doch das ist eben das Tolle an der Gameskultur: Trotz des oft formulierten Vorwurfs der kommerziellen Berechenbarkeit können die großen Konzerne mit all ihren Marketing-Budgets und Analyse-Tools spontane Hypes wie jenes von „Vampire Survivors“ letztlich doch nicht vorhersehen.

Luca Galante hat mittlerweile seinen Job gekündigt und widmet sich nun hauptberuflich der Weiterentwicklung seines erfolgreichen Spiels. Wer das viele Ausweichen, Hochleveln und Waffenauswählen im trashigen Lofi-Look nicht selbst spielen möchte, kann immer wieder mal auf Twitch reinsehen. Weil „Vampire Survivors“ nicht viel Erklärung braucht, ist das Game auch zum Zuschauen ziemlich attraktiv. Lange muss man nicht suchen: Derzeit ist das Spiel immer in den Top 25 der beliebtesten Kategorien auf Twitch.

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