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Los Bitchos und ihr Album "Let The Festivities Begin!"

Tom Mitchell

Mit den Los Bitchos um die Welt tanzen

Los Bitchos sind vier Frauen aus London, die mit ihrer Mischung aus Surf-Rock, südamerikanischen Vibes und Punk-Funk eine wilde Party mit dem gefallenen Hollywood-Starlet Lindsay Lohan feiern.

Von Christian Lehner

Hört man einen Song der Instrumentalband Los Bitchos, legt das Kino im Kopf gleich mehrere Filme ein. Da ist einerseits dieses Retro-Surf-Feeling, als ob man mit den Beach Boys in den 1960er Jahren über kalifornische Wellen reiten würde.

Der Sound triggert aber auch Fernweh nach Südamerika, Griechenland und dem Orient. Ein bisschen Punk, Funk, Prog-Rock und Psychedelic darf es dann auch sein auf dieser ergebnisoffenen Strandparty. Alles eine Frage der Herkunftsländer, sagt Los-Bitchos-Gitarristin Serra Petale im FM4 Interview Podcast.

Das Hauptquartier der Los Bitchos befindet sich in London. Petale stammt aus Australien und hat türkische Wurzeln. Keytar-Spielerin Agustina Ruiz hat aus Uruquay die Cumbia-Musik mitgebracht, Bassistin Josefine Jonsson aus Schweden den Pop-Spirit, die Britin Nic Crawshaw trommelte in Punk-Kapellen, ehe sie zu den Weltmusikantinnen stieß.

Vor fünf Jahren gründeten Petale und Ruiz die Los Bitchos. Das Risiko, ohne Gesang schlechtere Karten zu haben im Popgeschäft, war den vier jungen Frauen bewusst. Aber zu singen komme einfach nicht in Frage, so Petale. Die Stücke kämen als Gitarrenmelodien zu ihr. Das Schreiben von Lyrics habe nie so wirklich geklappt.

Partysound gegen Coronablues

Der wilde Popmix der Los Bitchos macht in erster Linie Spaß – der Band selbst, aber auch dem Clubpublikum in London. Ein häufig gesehener Gast bei den ersten Gigs: Alex Kapranos von Franz Ferdinand. Er kommt mit der Band ins Gespräch und produziert „Let The Festivities Begin!“, das noch vor der Pandemie aufgenommene Debütalbum von Los Bitchos. Und er leiht Petale einige Bouzoukis, das sind griechische Saiteninstrumente. Somit sind auch die kulturellen Roots von Kapranos Familie im Mix verewigt.

Los Bitchos und ihr Album "Let The Festivities Begin!"

Tom Mitchell

Los Bitchos (v.l.n.r.): Nic Crawshaw (Drums), Josefine Jonsson (Bass), Agustina Ruiz (Keytar), Serra Petale (Guitar)

Ein typischer Song der Los Bitchos hantelt sich entlang von Petales Gitarrenmelodie und der um Percussions erweiterten Rhythmussektion und sammelt allerlei wunderliches Strandgut auf. Wie bei den Sixties-Vorbildern The Shadows oder Link Wray switchen die Gitarreneinstellungen zwischen Reverb und Echo.

„Mit Let The Festivities Begin!“ vertreiben die Los Bitchos den Coronablues. Eine Eigenschaft, die die selbstdeklarierten party-chicks mit der aktuellen Nummer 1 der US-Billboard-Charts teilen. Auch der Überraschungserfolg „We Don’t Talk About Bruno“ aus dem Disney-Film „Encanto“ versprüht ähnliche Lebensfreude. Beides sind Euphorieduschen, unter die sich ein müdes Publikum nach über zwei Jahren Seuche gerne stellt. Beide kicken mit ihren südländischen Sounds den Fernweh-Trigger. Sollen doch die anderen düsteren Identity-Hop und Depri-Pop machen.

Los Bitchos und ihr Album "Let The Festivities Begin!"

City Slang

Auf Albumlänge verliert dieser eigenwillige Stil zwar schon mal an Fahrt, doch wenn man einen Hit wie „The Link Is About To Die“ mit an Bord hat, der einen gewissen Quentin Tarantino zum Handy greifen lassen wird (wetten!), kann man sich zwischendurch ruhig in die Hängematte legen.

Ein weiteres Highlight ist das progige „Lindsay Goes To Mykonos”, eine Ehrerbietung an Lindsay Lohan. Das Stück kreiert mit seinen Stimmungs- und Tempiwechseln Turbulenzen und erzählt so, ohne ein einziges Wort zu verlieren, glaubhaft vom Aufstieg und Fall des Hollywood-Starlets.

Man darf gespannt sein, was das live um einen Gitarristen erweiterte Quartett auf all den Festivals anstellen wird, wenn diese wieder ihre Tore öffnen dürfen. Einstweilen feiern wir mit Los Bitchos eine Party und rätseln bis zum letzten verhallten Ton des Albums, was wir da eigentlich gerade gehört haben.

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