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Sifu

Sloclap

Kung-Fu-Epos für Ausdauernde

Das hinreißend präsentierte Beat’em up „Sifu“ ist eine Lektion in fernöstlichen Kampfsporttugenden. Das ist nicht nur positiv.

Von Rainer Sigl

Bei den besten Kampfsportfilmen steht eine aufwendige Handlung nur im Weg, denn das Wichtigste ist: die Action. Wenn Karate- oder Kung-Fu-Legenden so richtig loslegen und sich durch ganze Horden von Bösewichten bis zum Big Boss vorankämpfen, braucht es nicht viele Worte und auch nur wenig Story.

So wie im Actionspiel „Sifu“. Als Sohn oder Tochter eines Kung-Fu-Meisters rächen wir seinen Tod. Klar, dass es dabei rabiat zugeht.

Realismus und Magie

Fünf Bosse gilt es in ebenso vielen Levels zu besiegen, doch der Weg zu ihnen ist voll mit Schlägertypen, Bodyguards und Kriminellen. Aus der Schulterperspektive lehre ich die das Fürchten, denn als Student des Pak-Mei-Kung-Fu habe ich jede Menge Kicks, Schläge und akrobatische Kampfmanöver auf Lager - ein waschechter Kung-Fu-Lehrer hat den französischen Entwicklern Sloclap, zuvor mit „Absolver“ schon nahkampferprobt, dabei geholfen, die Kämpfe in Sifu sehr realistisch zu gestalten. Dass dieser Kampfsportmeister bei allen China-Kenntnissen dann aber doch ein weißer Europäer ist, so wie auch der Rest des Teams, hat bei Release schon für ein wenig Kritik gesorgt.

Bei einer ganz zentralen Spielmechanik wird der Realismus allerdings auch noch außer Kraft gesetzt: Wenn ich auf die Matte geschickt werde, darf ich dank eines magischen Amuletts zwar wieder aufstehen, aber meine Spielfigur verliert jedes Mal eine gewisse Zahl von Lebensjahren - und wird vom Jungspund zum Erwachsenen zum Greis. Werde ich zu oft besiegt, ist mein Held oder meine Heldin am Ende des Levels ein weißhaariger Kung-Fu-Methusalem; dann ist beim nächsten KO jenseits der 70 wirklich Schluss und ich muss den jeweiligen Level ganz von vorn beginnen. Die einzige Lösung: Ganz, ganz, ganz von vorn anfangen, bereits gemeisterte Levels noch besser beenden und sich so einen größeren Polster an Lebensjahren herausspielen.

Sifu

Sloclap

Uralte Philosophie, ebensolches Gamedesign

Kämpfen, Versagen, von vorn anfangen, diese Struktur kennt man von jeder Menge Rogue-like-Spielen, und auch bei den Uropas der Spielkultur, den ehrwürdigen Arcade-Games, war nach einer endlichen Anzahl von Continues irgendwann Schluss. Bei „Sifu“ ist dieser Rückgriff auf uralte Gamedesign-Paradigmen Absicht und letztlich auch philosophisch begründet: Wie für einen geduldigen Studenten der Kampfsportart und Philosophie des Kung-Fu ist das stete Üben, das Perfektionieren durch Arbeit und Wiederholung ein zentrales Element der Disziplinierung von Körper und Geist.

„Sifu“, entwickelt von Sloclap, ist für Windows sowie PS4/5 erschienen.

Im Unterschied zu Rogue-like-Games ist der Zwang zur Wiederholung in „Sifu“ allerdings für weniger philosophisch Gleichmütige ein anachronistisches Ärgernis, weil die Levels samt Gegnern stets gleich bleiben. Wenn ich die Prüfungen von „Sifu“ nicht irgendwann beinahe perfekt meistere, habe ich keine Chance; sogar das sehr, sehr langwierige permanente Freischalten spezieller Skills bietet in Wirklichkeit kaum spielerische Vorteile.

Die gelungene Präsentation, der tolle Soundtrack der chinesischen Club-Legende Howie Lee und die wirklich beeindruckenden Martial-Arts-Moves trösten nur bedingt über diese Härte und den Zwang zur Wiederholung hinweg. Wer den Ehrgeiz und die Disziplin mitbringt, sich geduldig in der Meisterung von „Sifu“ zu üben, findet hier ein außerordentlich gelungenes Prügelspiel; für nur durchschnittlich begabte Hobbykämpfer ist dieser Rachefeldzug aber zu frustrierend geraten.

„Sifu“ in der FM4 Spielekammerl Show

Heute, 10. Februar 2022, wagen sich Chris Stipkovits und ich ab 17 Uhr in die düstere Martial-Arts-Knochenmühle von „Sifu“. Schaut uns zu auf Twitch!

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