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Eine Person auf einer Demo hält eine Tafel hoch. Die Tafel zeigt einen Panzer mit den olympischen Ringen und davor eine Person auf Schiern.

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Warum Sportveranstaltungen die Welt nicht verbessern und wie sie es vielleicht könnten

Sotschi, Peking, Katar. Die großen Sportevents der letzten Jahre werden von großen Diskussionen über Demokratie, Transparenz und Menschenrechte begleitet. Was es braucht, damit aus Kontroversen nachhaltige Veränderungen hervorgehen.

Von Ali Cem Deniz

Wenn man die großen Turniere nur noch in Ländern austragen will, wo es keine Verletzungen der Menschenrechte gibt, wird man kaum Auswahl haben, sagt Sandra Iyke von Amnesty International. Relevanter sei deswegen die Frage, ob die Veranstaltungen nicht selbst zu einer weiteren Verschlechterung führen, wie im Fall der Fußballweltmeisterschaft in Katar.

Die Katar-Kontroverse

Als FIFA-Präsident Sepp Blatter 2010 verkündete, dass die WM 2022 in Katar stattfinden wird, war das der Anpfiff für eine Kontroverse, die bis heute andauert. Insbesondere die Arbeitsbedingungen beim Bau der Megastadien werden heftig kritisiert. In der Gluthitze bauen zehntausende Arbeiter*innen, vorwiegend aus Südostasien, unter schwersten Bedingungen Stadien, Hotels und luxuriöse Shopping-Center.

Laut einem Bericht von The Guardian sind zwischen 2010 und 2021 mindestens 6.500 Arbeiter*innen gestorben. Die Dunkelziffer sei noch deutlich höher. Katar und FIFA streiten das nicht ab, sprechen aber von einem fehlenden Kontext. Auch Arbeiter*innen, die seit Jahrzehnten im Land leben und an natürlichen Ursachen gestorben sind, würden dazugezählt. Gleichzeitig verweist der Golfstaat auf die durchgeführten Reformen.

Sandra Iyke ist weiterhin kritisch, was die WM im Golfstaat betrifft, betont aber, dass Sportevents auch das Potenzial haben, Menschenrechtsverletzungen sichtbar zu machen und Verbesserungen zu bewirken, wie etwa aktuell im Fall der Winterspiele in Peking: „China hat auch andere Seiten abseits von der schillernden Show, die wir jetzt sehen, und wir können das stückweise nützen, um auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen.“

Baustelle eines Fußballstadions

APA/AFP/KARIM JAAFAR

Das al-Janoub-Stadion in Katar im Februar 2018

Was passiert nach den Events?

Im Fall von Katar scheint es tatsächlich Verbesserungen zu geben. Das Land kooperiert mit der International Labor Organization (ILO) und hat auch die Mindestgehälter von Bauarbeiter*innen erhöht. Die Frage ist aber, was passiert, wenn die große Show im November 2022 vorbei ist und die Welt nicht mehr nach Katar schaut.

Sportjournalistin Nicole Selmer vom Ballesterer-Magazin ist skeptisch, was die Nachhaltigkeit von Reformen in Austragungsländern betrifft. „Wenn wir schauen, was bei der Fußball-WM in Russland vor drei Jahren passiert ist, und wie es heute ausschaut, wenn wir fragen, ob diese Turniere die Welt besser machen, ist die Bilanz nicht so positiv.“ Im Fall von China spricht sie sogar von einem Gewöhnungseffekt. Nach den Kontroversen um die Sommerspiele von 2008 hätten wir uns langsam daran gewöhnt, dass in China große Sportevents ausgetragen werden, ohne dass es zu sichtbaren demokratischen Reformen kommt.

Eine pauschale Ablehnung solcher Events sieht die Journalistin jedoch kritisch. Einerseits würden immer mehr Länder am globalen Sportmarkt mitmischen wollen und sich so als Gastgeber bewerben. Andererseits warnt sie auch vor einem Eurozentrismus: „Wir müssen wachsam sein, wenn wir auf andere Kontinente schauen.“

Die Rolle der Verbände

Ganz spurlos ziehen die Kontroversen nicht vorbei. Insbesondere die Kontroverse um die WM in Katar hat die FIFA unter Zugzwang gebracht. Der Verband will in Zukunft bei der Vergabe von großen Turnieren menschenrechtliche Aspekte stärker berücksichtigen. Nicole Selmer sieht dabei das Problem, dass die Verbände selbst nicht gerade für demokratische Prozesse und besondere Transparenz bekannt sind. Damit die Sportevents die Welt ein Stück verbessern können, müssten die Verbände ihren Ansprüchen auch selbst gerecht werden.

FM4 Auf Laut: Supersportjahr 2022 - zu welchem Preis?

Bei Großevents wie Olympia zählt längst mehr als nur das sportliche Ergebnis Vor allem die Kassa muss stimmen, und auch in gesellschaftlichen Fragen stehen die Veranstaltungen im Kreuzfeuer - ob Corona und seine Folgen wie bei den Australian Open oder Menschenrechtsfragen bei den Olympischen Spielen in Peking und der Fußball-WM in Katar. Die meisten Großevents belasten außerdem die Umwelt enorm, Nachhaltigkeit bleibt meist nur ein leeres Versprechen.

Wie zeitgemäß sind solche sportlichen Großveranstaltungen? Schaust du zu in Peking und Katar, oder bleibt der Fernseher diesmal aus? FM4 Auf Laut am 15. Februar 2022, von 21 bis 22 Uhr auf Radio FM4.

Zu Gast bei Rainer Springenschmid sind Kurt Wachter vom VIDC und Nicole Selmer vom Magazin Ballesterer. Mitdiskutieren kannst auch du unter 0800 226 996.

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