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Mit Pauls Jets aufs „Jazzfest“, in den Flieger oder in den Zoo

„Jazzfest“ heißt das dritte Album der Wiener Band Pauls Jets. Was die neue Platte mit Jazz, Schlager und dem Zoo zu tun hat, erzählen die Bandmitglieder Paul Buschnegg und Kilian Hanappi im Interview.

Von Michaela Pichler

Die Albumtitel von Pauls Jets konnte man bisher eigentlich immer ernst nehmen: „Alle Songs bisher“ und „Highlights zum Einschlafen“ – mit Betonung auf Highlights - haben beide gehalten, was versprochen wurde. Doch was ist mit der neuen Platte „Jazzfest“? Haben Pauls Jets dem Indie-Pop abgeschworen und sind jetzt eine Jazzband? Paul Buschnegg und Kilian Hanappi sind sich im FM4 Interview nicht ganz einig.

Paul: „Ich glaube, wir sind näher am Jazz dran. Oder was sagst du?"
Kilian: "Neeeein, nein. Wahrscheinlich nicht. Nein, ich glaub’ noch nicht."
Paul: "Was, du glaubst noch nicht an den Jazz?!"
Kilian: "Nein, ich glaub wir sind noch keine Jazzband. Wir kommen dem vielleicht näher, so step by step. Aber Im Zusammenhang mit dem "Jazzfest" war das vielleicht eher auf den Entstehungsprozess bezogen...“

Vom Jazz-Jam in die Therapie

Das „Jazzfest“ hat sich bei Paul Buschnegg, Kilian Hanappi, Romy Jakovcic und Xavier Plus vor allem im Proberaum abgespielt. Alle 18 Songs am neuen Album sind in ausufernden, langen Jam-Sessions entstanden. Pauls Jets haben die Mikros einfach laufen lassen und aufgenommen, was aus ihnen rauskam. Synthesizer und eine ganze Percussion-Palette etwa, gespielt vom neuen Bandmitglied Kilian. „Einmal hab’ ich zum Beispiel eine Seifen-Dose aus Holz gespielt, das macht dann so Pferdegeräusche.“ Auf welchem Track die klappernden Hufe schließlich gelandet sind, weiß am Ende niemand mehr so genau.

Pauls Jets "Jazzfest"

Pauls Jets

Das dritte Album von Pauls Jets, „Jazzfest“, erscheint am 18. Februar 2022 via Staatsakt.

Viel wichtiger ist aber, dass auf „Jazzfest“ neben Buschneggs Stimme auch Bassistin Romy Jakovcic als Leadgesang zu hören ist, zum Beispiel auf „Therapy“ - ein dunkler Wave-Ausflug, der sich als Gesprächstherapiesession entpuppt. Emotionale Taubheit, Angstzustände und die Langeweile nehmen Platz auf der Couch, psychische Gesundheit zieht ein ins Pauls-Jets-Repertoire. „Das alles ist aber eher mit Augenzwinkern zu verstehen,“ erzählen die Jets im Interview. „Natürlich liegt dem etwas Ernstes zugrunde, aber weil wir selbst von diesen Themen betroffen sind, haben wir es uns erlaubt, das ganze ein bisschen mit Augenzwinkern zu betrachten. Beim Schreiben von ‚Therapy‘ haben wir zumindest sehr viel gelacht!“

Soundtechnisch schließen sich Pauls Jets Kolleg*innen wie Black Country New Road, Viagra Boys oder Ja, Panik an, die alle in letzter Zeit einem unterschätzten Instrument wieder popkulturelles Leben eingehaucht haben. „So ein perkussives Saxofon ist schon was Tolles“, meint Kilian im Interview. „Das hat einfach sowas Starkes, Expressives.“ „Und es hat auch diesen 80er-Jahre-Vibe, der uns diesmal sehr interessiert hat“, erzählt Paul Buschnegg.

Jazz vs Schlager

Dieser 80s-Flair und das Saxofon kommen besonders in der Single „Baby“ raus. Näher wären sie dem Schlager noch nie gekommen, so die Song-Beschreibung der Band. Pauls Jets sind allerdings auch bekennende Schlagerfans (eher in Richtung Karel Gott als Helene Fischer): „Jedes gute Lied ist irgendwie Schlager! The Beatles sind Schlager, Wanda sind Schlager. Das ist alles nicht so verkehrt.“

Wanda ist auch schon das Stichwort: Bisher waren Pauls Jets nämlich bei Wanda-Entdecker Redelsteiner unter Vertrag. Da die Zeichen zurzeit aber auf Veränderung bei der Indie-Truppe stehen, haben sie vor kurzem das Label gewechselt und sind zum deutschen Staatsakt übersiedelt. Berliner Szene-Flair statt Austro-Mainstream? Ein bisschen kann man das vielleicht so plakativ sehen. Der neue Sound passt auf jeden Fall zu Staatsakt-Acts wie International Music, Chuckamuck und natürlich Ja, Panik (die mit dem aktuellen Album allerdings zu Bureau B übergegangen sind). Da wirkt es fast schon ironisch, genau jetzt einen Song zu veröffentlichen, der das Wanda-Wort schlechthin reclaimt. „Das Wort ‚Baby‘, das kann man echt rocken! Alle sollten sich gegenseitig ‚Baby‘ nennen, wenn sie sich mögen.“

Die Wiener Wochenend-Kids

Wenn Pauls Jets sich nicht gerade für die Wieder-Etablierung des Wortes Baby in der Popkultur einsetzen, singen sie vor allem übers Fliegen. Zumindest metaphorisch gesprochen: Der Höhenflug und das Abstürzen danach ziehen sich durchs ganze Album. Gegensätze wie das Streben nach Erfolg, Aufmerksamkeit und Anerkennung, und die damit einhergehenden Versagensängste, die immer mehr kicken. Auf „Jazzfest“ passiert das alles immer wieder recht unterschwellig. Und dann wird dann auch noch in echt geflogen, wie im Song „Flieger“, ein Pop-Abenteuer, das mit einer Bruchlandung, verschollenen Passagieren und einem Flugzeug im All endet. Dazwischen gibt es sogar eine Gernot Blümel-Anspielung - „Auf dem WC wurde ein Liebespaar aufgeschreckt / Dabei hat ein Politiker den Laptop unterm Sitz versteckt“ -, der bisher explizit-politischste Moment in einem Pauls-Jets-Songtext.

Apropos Wochenende: Am Sonntag, den 20. Februar, sind Pauls Jets zu Gast im FM4 Gästezimmer und präsentieren ihre aktuellen Lieblingstracks.

Und dann gibt es da noch das Ausbrechen aus dem Alltag, das Eskapistische. Darin waren Pauls Jets immer schon kleine Vorbilder. In „Weekend“ macht sich das Quartett über die absurde Work-Life-Balance lustig, in Songs wie „Lazy Generation“ sollen nicht nur die Menschen, sondern auch die Maschinen mal lieber blaumachen. Der vielleicht schönste Reim am Album versteckt sich in dem Track „Büro“, der perfekte Soundtrack zum Büro-Schwänzen.

Wenn du traurig bist, dann geh nicht ins Büro / Wenn du traurig bist dann komm mit in den Zoo

Den Laptop und die Deadlines gegen die Schönbrunn-Jahreskarte tauschen – von Pauls Jets kann man eben immer noch was lernen. Das öfter mal in den Zoo gehen ist nur ein guter Tipp, der sich auf „Jazzfest“ versteckt.

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