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Teilnehmer am ersten Skitourenbus

Hati Finsterer

Umweltfreundlich in die Berge mit dem Skitourenbus

Skitourengeher*innen stehen oft vor dem Problem, dass sie aufs Auto angewiesen sind, um zu den Ausgangspunkten ihrer Touren zu kommen. Jetzt gibt es mit dem Skitourenbus, der von Wien, Graz, Linz, Innsbruck und München aus Tourengebiete ansteuert, aber eine öffentliche Alternative, die zum Umsteigen animieren soll.

Von Simon Welebil

Bergführer Hati Finsterer ist hörbar stolz, als er die Teilnehmer*innen beim ersten Skitourenbus begrüßt, der vom Wiener Hauptbahnhof nach Losenheim am Schneeberg unterwegs ist, zum bekanntesten der sogenannten Wiener Hausberge. Er hofft mit seiner Initiative, einen Anstoß zu geben, dass sich das Mobilitätsverhalten beim Bergsteigen, vor allem im Winter, ein wenig ändert.

Skitour am Schneeberg

Simon Welebil

Der Schneeberg macht seinem Namen Ehre.

Nur lächerliche 1,4 Personen würden durchschnittlich in einem Auto sitzen, das zu den Kursen und Aktivitäten seiner Bergsteigerschule anreist. Das zeigen Umfragen und dieser Schnitt dürfte woanders unter Bergsteiger*innen kaum höher sein. Kein Wunder, dass die Ausgangspunkte von Berg- und Skitouren an Wochenenden regelmäßig überlaufen und die Talenden zugeparkt sind.

Individualmobilität ist natürlich ein hoher Wert für uns, aber am Ende des Tages muss man das leider ein bisschen anders organisieren. (Hati Finsterer)

Dass vielen der Umstieg von der Individualmobilität allerdings schwerfällt, belegen seine Umfragen auch. 20 Minuten mehr Zeitaufwand würden seine Kund*innen durch öffentliche Anfahrt für einen Tagesausflug noch akzeptieren, das sei aber fast unmöglich zu organisieren. Für einen Umstieg brauche es deshalb andere Anreize. Hati spricht da von einer „Service-Differenzierung“, ein gutes Angebot zu einem günstigen Preis.

Skitour am Schneeberg

Simon Welebil

Der Skitourenbus vor der Abfahrt am Wiener Hauptbahnhof um 07:30.

Mehr als nur ein Transportmittel

Sein Skitourenbus ist deshalb nicht nur ein Transportmittel, er hat auch zusätzliche Angebote parat. Bereits vom Abfahrtsort weg ist ein Bergführer mit an Bord, der dem ganzen Bus sein Know-how zur Verfügung stellt. Bei der Premiere übernimmt Hati Finsterer diese Aufgabe selbst und referiert über die aktuellen Schneebedingungen am Schneeberg, die wie üblich vom Wind geprägt sind. Er trägt den Lawinenlagebericht vor, redet über das Wetter und gibt jede Menge Tipps über nützliche Apps und Ausrüstung. „Bergführerbetreuung für alle Mitfahrenden“, nennt sich das in der Beschreibung.

Der Alps Skitourenbus hat dieses Jahr Touren aus Wien, Graz, Linz, Innsbruck und München im Angebot.

Neben diesem Basic-Angebot, also Transport und Information, das ungefähr so viel kostet wie eine Zugfahrt für diese Strecke, kann man aber auch ein Technik-Training oder geführte Skitouren mit Bergführer*innen buchen, und man kann Ski- oder Lawinensicherheitsausrüstung ausleihen.

Teilnehmer am ersten Skitourenbus

Hati Finsterer

Bei der ersten Skitourenbus-Ausfahrt sind vor allem die Trainings die Hauptmotivation der Teilnehmer*innen. Viele von ihnen stehen noch am Anfang ihrer Tourenkarriere und haben noch Aufholbedarf bei ihrer Geh- und Skitechnik. Die öffentliche Anreise ist für sie aber auch erfreulich, weil bei Weitem nicht alle ein eigenes Auto haben.

Autos immer noch erste Wahl

Warum hier vor allem weniger erfahrene Tourengeher*innen mit an Bord sind, mag unterschiedliche Gründe haben. Unter den 18 Skitourengeher*innen, die an diesem Tag mitfahren, ist jedenfalls niemand, der selbständig auf Tour geht. Sie teilen sich in recht gleich große Gruppen für Skitechnik, Anfängerskitour und eine Tour bis zum Gipfel des Schneebergs.

Skitour am Schneeberg

Simon Welebil

Der Gipfeltour hat sich auch Karl Tisch angeschlossen, Bergretter und Mitglied der Lawinenkommission am Schneeberg. Kaum einer kennt den Berg so gut wie er. Er erzählt, dass sich Tourengehen hier in den letzten Jahren extrem gesteigert habe. Die Parkplätze seien von den Tourengeher*innen im Winter und von den Bergwanderer*innen im Sommer regelmäßig überfüllt, sodass im letzten Sommer sogar ein zusätzlicher Parkplatz angelegt werden musste. Er würde es gerne sehen, dass sich mehr Bergsportler*innen zusammenschließen, um gemeinsam anzureisen oder eben noch besser, die öffentlichen Angebote nützen würden.

Skitour am Schneeberg

Simon Welebil

Karl Tisch

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Der Schneeberg zeigt sich an diesem Tag optisch von seiner besten Seite. Bäume und Felsen sind komplett von Schnee bedeckt. Für den Skigenuss hat aber - wie so oft auf diesem Plateauberg - der Wind zu stark mitgeredet. An vielen Stellen ist es eisglatt, der frisch gefallene Schnee liegt in irgendwelchen Mulden.

Bewusstsein für Klimaschutz nutzen

Nach der Tour sieht man trotzdem überall recht zufriedene Gesichter. Sich jetzt nach der Anstrengung einfach in den Bus setzen zu können, statt selber fahren zu müsse, hat schon etwas. Und obwohl der Bus bei Weitem nicht vollbesetzt war, hat man immerhin 87 kg CO2 eingespart. „Klimaneutral“ wird die Tour dennoch, weil zur Kompensation C02-Zertifikate gekauft werden, finanziert aus den Stornogebühren. Da ist aber noch viel Luft nach oben.

Skitour am Schneeberg

Simon Welebil

Hati Finsterer

Für Hati Finsterer sind seine Skitourenbusse nur ein Anfang, eine Art Testballon. Sie sind nicht auf Gewinn ausgelegt, sondern sollen Vorbildwirkung haben, um unser Mobilitätsverhalten zu ändern. Eine öffentliche Anreise soll von der Ausnahme zur Regel werden. Das Konzept der Skitourenbusse solle möglichst oft kopiert werden, sagt er, denn sie hätten selbst gar nicht die Kapazitäten, das zu einem regulären Service auszubauen.

Wir sind eigentlich eine Bergsteigerschule und es kann nicht unsere Aufgabe sein, dass wir Mobilität organisieren. (Hati Finsterer)

Wenn es nach Hati Finsterer geht, dann sollen die großen alpinen Vereine, also Alpenverein und Naturfreunde, dieses Angebot stellen, wie es in der Schweiz etwa der Schweizer Alpenclub mit seinem Schneetourenbus macht. Er denkt aber auch an die Tourismuswirtschaft und die öffentliche Hand.

Für seine Bergsteigerschule selbst hat Hati Finsterer ein ehrgeiziges Ziel formuliert. Bis 2025 will er 80% aller CO2-Emissionen, die sie im Jahr 2019 verursacht haben, einsparen, wobei der größte Hebel dabei Anreise und Verkehr sind.

Jetzt gelte es auf jeden Fall, das Bewusstsein für Klimaschutz, das im Moment ja durchaus vorhanden ist, zu nutzen. „Man muss jetzt den Schritt nutzen von Kleininitiativen zur massentauglichen Umsetzung, wo man sagt schaut’s her, das ist einfach, das geht, und da bringen wir richtig Leute hin.“ Wir wollen hoffen, dass das in den nächsten Jahren gelingt.

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