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Filmstill "King Richard"

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„King Richard“: In 78 Seiten zur Tennislegende

Im Sportdrama “King Richard” werden aus der Sicht ihres Vaters Richard die Anfänge der herausragenden Tenniskarrieren von Serena und Venus Williams nachgezeichnet. Die Karriere der Schwestern war dabei alles anderes als Zufall. Ein 78-seitiger Karriereplan hat früh die Weichen für die Tennislaufbahnen gelegt.

Von Philipp Emberger

Serena und Venus Williams gehören zu den erfolgreichsten Tennisspielerinnen aller Zeiten. Besonders Serena ist mit 23 gewonnenen Einzel-Grand-Slam-Titeln eine Legende. Einer der daran große Anteil hatte, ist der Vater der beiden Frauen, Richard Williams. Bereits vor der Geburt der Töchter soll er einen 78-seitigen Karriereplan entwickelt haben, der später dann auch penibel abgearbeitet wurde. Die ersten Seiten dieses Plans wurden nun quasi filmisch in dem Sportdrama „King Richard“ inszeniert, das am 25. Februar in den österreichischen Kinos startet.

Die Geschichte der Williams-Familie ist eine Aufstiegsgeschichte, bei der Hollywood-Produzent*innen üblicherweise einen wässrigen Mund bekommen. In eher ärmlichen Verhältnissen in Compton, einem Vorort Los Angeles’ mit hoher Kriminalitätsrate, aufgewachsen, haben sich Venus (Saniyya Sidney) und Serena (Demi Singleton) ihren Platz an der Weltspitze mit viel Disziplin und harter Arbeit erkämpfen müssen. Vater Richard (Will Smith) musste viele Klinken putzen und Überzeugungsarbeit leisten, um seinen Töchtern die teuren Trainingsstunden, die sonst Weißen Kindern aus reichem Haus vorbehalten waren, zu ermöglichen. Für Kinder aus Schwarzen Familien wie Venus und Serena war es nicht vorgesehen, in die von Weißen und Reichen dominierte Tenniswelt einzudringen.

Spiel, Satz, Sieg?

Mit ähnlicher Präzision wie Richard Williams bei der Karriereplanung sind auch die Filmemacher vorgegangen. Regisseur Reinaldo Marcus Green („Good Joe Bell“) und Drehbuchautor Zach Baylin vermischen die Geschichte des Black American-Dreams mit einer Underdog-Storyline. Das funktioniert über weite Strecken zwar tadellos, macht aus dem Drama aber auch einen braven und konventionellen Film. Das Drehbuch zu „King Richard“ landete 2018 auf der „Black List“, einer jährlichen Liste von guten, aber noch nicht produzierten Filmen. Gemeinsam übrigens mit einem FM4-Lieblingsfilm aus dem vergangenen Jahr: „Promising Young Women“.

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Familie Williams dringt in „King Richard“ in die Weiße Tenniswelt vor

Zu den mutigeren Entscheidungen gehört es, dass sich der Film vor allem in der zweiten Hälfte nahezu ausschließlich auf Venus Karriereanfänge konzentriert. Und das, obwohl doch die jüngere Schwester Serena später zu dem alles überstrahlenden Tennisstar avanciert ist. Wie es sich für ein Sportdrama gehört, fehlen auch die ganz großen Sätze nicht, die irgendwann als hässliche Wandtattoos enden werden: „I’m in the champion-raising business“, sagt Richard Williams etwa an einer Stelle zu einer Nachbarin quer über den Gartenzaun.

Glattgebügelte Geschichte

Der große Kritikpunkt an „King Richard“ ist die glattgebügelte Story. Kritik an den harten Trainingsmethoden Richards gibt es de facto keine, seine doch unkonventionellen Auftritte werden nur am Rand thematisiert. Ein häufiges Problem, wenn Personen Einfluss auf ein filmisches Werk über sich selbst nehmen. In diesem Fall waren Serena und Venus Williams als Executive Producer dabei.

Das heißt zwar noch nichts, vielfach werden Funktionstitel und Zeilen im Abspann auch aus finanziellen und/oder rechtlichen Gründen vergeben. Aber hier geht es eben auch darum, das eigene millionenschwere Bild in der Öffentlichkeit mitzubestimmen.

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Will Smith gibt Vater Richard Williams und wurde für die Rolle für einen Oscar nominiert

Will Smith am Höhepunkt seiner Karriere

Für seine Rolle als sturer und großkotziger Vater erhält Will Smith bislang viel Lob und eine Oscar-Nominierung. Er hat es in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“ neben Javier Bardem, Benedict Cumberbatch, Andrew Garfield und Denzel Washington auf die Liste der Nominierten geschafft. Damit ist Smith wohl bei einem kleinen Höhepunkt seiner Karriere angelangt. Häufig wurde der Schauspieler bisher ja ins komödiantische Fach verräumt, was wohl auch seiner Rolle in der 90er-Komödie „Der Prinz von Bel-Air“ geschuldet ist. Mit „King Richard“ stellt er aber wieder einmal unter Beweis, dass er auch das dramatische Spiel beherrscht.

Noch mehr als Smith glänzt in dem Film aber Aunjanue Ellis. Sie spielt Mutter Oracene „Brandy“ Williams (wofür es ebenfalls eine Oscar-Nominierung als „Beste Nebendarstellerin“ gibt) und liefert einen der wohl eindrucksvollsten Momente der diesjährigen Oscar-Saison. In einem Dialog mit ihrem Ehemann gibt sie einen Einblick, was es heißt, Mutter zu sein und wie es sich anfühlt, im Schatten und im Ego des eigenen Ehemanns zu stehen. Es sind emotionale Szenen wie diese, die den Film zum easy watch machen.

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Aunjanue Ellis als Oracene Williams

Tennis-Profi muss man für „King Richard“ übrigens keiner sein. Langweile Tennismatches kommen nur am Rande vor, hier geht es ohnehin mehr um das familiäre und soziale Drumherum. So wird das Sportdrama noch zu einem Familien-, Ehe- und Gesellschaftsdrama. Mit Jon Bernthal („The Walking Dead“, „The Unforgivable) als Trainer Rick Macci ist übrigens auch ein over-the-top Charakter in einer Nebenrolle dabei, der gleich einen eigenen Film verdient hätte. Das alles zusammengenommen macht „King Richard“ zwar zu einem konventionellen Sportdrama, das aber seine guten und emotional fesselnden Momente hat. Und das immerhin sechsmal auf der Liste der diesjährigen Oscar-Nominierten steht.

„King Richard“ startet am 25. Februar 2022 in den österreichischen Kinos.

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