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Buch Exemplar liegt auf Müllsäcken

Hoffmann und Campe Verlag

Kein „Müll“ von Wolf Haas

Jetzt ist schon wieder was passiert. Der Haas hat einen neuen Brenner geschrieben. Mittlerweile arbeitet Simon Brenner bei der Wiener MA 48 – auf dem Mistplatz. Dort werden Leichenteile entsorgt. Und ob er will oder nicht, plötzlich ermittelt er mit.

Von Zita Bereuter

In einer Bim (Straßenbahn) sind die Dialoge manchmal präziser wie in Literatursendungen. Vor einigen Jahren unterhielten sich zwei Frauen über Literatur:
Sagt die eine: „Da Wolf Haas ist genial. Der mocht in anam Satz an onderen Satz. Der konn des."
Die andere denkt nach und meint dann: "Aber wenn mah ned so guad lesn konn, donn is des nix."
Darauf wieder die erste nachdenklich: "Na, donn is des nix. Donn is des schwierig.“

Cover von Müll

Hoffmann und Campe Verlag

„Müll“ von Wolf Haas ist im Verlag Hoffmann und Campe erschienen.

Hier gehts zur Leseprobe.

Es könnte ein Dialog aus einem Werk von Wolf Haas sein. Wie kaum ein anderer kann er so schreiben, wie die Leute in Österreich reden. Das demonstriert er in seinen Krimis rund um Simon Brenner – kurz, der Brenner.

Der Brenner

Der Brenner war ursprünglich bei der Kriminalpolizei, wurde dann Privatdetektiv, wechselte später zur Rettung, um dann erst wieder als Privatdetektiv zu ermitteln und zuletzt als privater Fahrer zu arbeiten. Alles nachzulesen in den acht Brennerkrimis. Und auch wenn Autor Wolf Haas mal das Ende der Brennerfälle verkündete, so gibt es seit 2. März einen neuen: „Müll“. Das ist erst mal der Titel und keineswegs die Zusammenfassung des Inhalts.

Gesellschaftlicher Aufstieg?

Der Brenner hat nochmal den Job gewechselt: Er arbeitet jetzt bei der Müllabfuhr, der Wiener MA 48. Für ihn alles andere als ein Abstieg. „Aber für den Brenner war es der beste Job, den er jemals gehabt hat. Gesellschaftlich ja auch viel anerkannter. Das war vielleicht früher einmal so, dass die Müllarbeit nur für das Wegräumen der Vergangenheit gestanden ist. Aber heute: Recycling hin, Kreislauf her, sprich Zukunft gestalten. Darum war die Arbeit auf einmal so gut angeschrieben. Zehnmal besser als Kriminalpolizei.“

Und so arbeitet der Brenner auf einem Wiener Mistplatz, als plötzlich ein Leichenteil in einer der Wannen gefunden wird. „Eine Viertelstunde nach dem ersten Knie ist die Polizei aufgetaucht. Und ob du es glaubst oder nicht. In dieser Viertelstunde zwischen Knie und Polizei haben die Müllmänner schon den halben Menschen zusammengesetzt gehabt, Puzzlemeister Hilfsausdruck.“

Lebensphilosophie Hilfsausdruck

Schnell ist man drin - im typischen Wolf Haas-stil. Der Erzähler führt durch die Handlung – in einer einfachen gesprochenen Sprache, die auch gerne mal auf’s Verb verzichtet, die umso mehr mit Hilfsausdrücken erklärt und trotz simpler Worte immer wieder große Gedanken anreißt:

„Man kann nicht alles gleichzeitig verstehen. Es braucht immer ein Hintereinander bei den Gedanken. Ein Hintereinander und ein Nebeneinander. Aber kein Durcheinander. Und am allerwichtigsten, eine klare gedankliche Unterscheidung. Das ist mir gerade am Mistplatz so aufgegangen. Beim Müll geht es ja immer um das Trennen. Darum sag ich, Müll beste Schule für das Denken. Weil du hast die Kategorien, sprich Wannen.“

Das liest sich leicht, ist aber eine große Kunst, die Wolf Haas meisterlich beherrscht. „Manchmal ist es verhext, je richtiger man es ausdrücken will, umso komplizierter wird es.“

Porträt Wolf Haas

Gerry Nitsch

Bestsellerautor Wolf Haas

In der FM4 Bücherei erzählte der aus einem kleinen Dorf im Pinzgau stammende Wolf Haas, dass er immer Schriftsteller werden wollte. Auf dem Weg dahin hat er ein Psychologiestudium abgebrochen und stattdessen Germanistik und Linguistik studiert. Er wurde Universitätslektor und Dr. Wolf Haas. Später arbeitete er erfolgreich als Texter und Werbetexter: „Lichtfahrer sind sichtbarer“ oder „Ö1 gehört gehört“ ist etwa von ihm. Mit den Brenner-Krimis gelang ihm der große Druchbruch.

Same same but different

Einerseits ist der neue Brenner „Same same but different“. Andererseits ist es ja genau das, was die Schreibe von Wolf Haas ausmacht. Und so wird mit viel Schmäh, ausreichend Testosteron und mitunter etwas zu dick Aufgetragenem einmal mehr ein Fall gelöst. Mit dabei neben dem sozial schwierigen Brenner: eine bildschöne Angehörige, ehemalige Kollegen von der Kripo und die besten Müllmänner. Denn denen schreibt Wolf Haas ganz nebenbei ein Denkmal: „Und du darfst eines nicht vergessen. Die orange Arbeitskluft ist so was wie eine Uniform. Da stehst du ganz anders da als Mann. Sicher, Orange steht nicht jedem, aber wenn es einem steht, eins a.“

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