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Albumcover: Amy Winehouse "Back to black"

Island Records

Hallo FM4

Songs of the 2000s

MP3-Blogs, Indie-Wuckel und iPod. Heute geht es in Hallo FM4 um die Nullerjahre. Wir präsentieren eine Auswahl von Songs, die diese Dekade geprägt haben.

Von Christian Lehner

Electroclash, Nu Rave und Krocha; Retromania, Emo-Style und Indie-Wuckel; Musikpiraterie, Dub-Step und iPod; MP3-Blogs, MySpace und Facebook; der Siegeszug von Hip-Hop und schließlich das moderne Musikstreaming: In den Nullerjahren erlebte Pop den Wandel vom analogen zum digitalen Prinzip und wurde diverser. Das hatte nicht nur Auswirkungen auf die Herstellung, Verbreitung und den Konsum von Musik, sondern auch auf die zu Grunde liegenden Geschäftsmodelle und begleitenden Moden.

Der Click wurde zur neuen Leitwährung. Plötzlich stand man via Breitbandleitung mit scheinbar allen gleichzeitig in Verbindung, mit allen Pop-Acts, allen Pop-Fans, allen vergangenen und gegenwärtigen Genres, mit dem Zentrum und der Peripherie. Lady Gaga und Kanye West schwangen sich zu künstlerischen Leitfiguren auf, die Hipsters zu Lifestyle-Templates. Beyoncé setzte sich auf den Thron, der Algorithmus löste den Radio-DJ und die Holzmedien-Kritik als Gatekeeper ab. Wir wurden Avatare, die Musik wurde flüssig. Was war nochmal „Underground vs. Mainstream“?

Williamsburg - Brooklyn - Hipsters

Christian Lehner

Von Brooklyn in die Welt: Hipsters

Eh klar: Hunderte Songs und Tracks prägten das Jahrzehnt so wie jedes Jahrzehnt davor und auch das danach. Dass es mit einer ausgebliebenen und einer unerwarteten Katastrophe begann, markierte dann aber doch einen Unterschied. Die willkürlich festgelegten Dekadensprünge finden in der Realität sonst eher fließend statt. Und hinten raus dauerten die 2000er eigentlich bis 2020, als uns die Pandemie unsanft in eine neue gesellschaftliche Wahrnehmung schubste. Aber das ist eine andere Geschichte.

Hier ein sehr selektiver Blick auf einzelne Pop-Phänomene und ein paar Lieblingssongs aus den 2000ern. Bitte haut mich nicht, es fehlt so viel und zum Ende hin gehen mir die Worte aus.

Fisherspooner – „Emerge“ (2000)

Die Jahrtausendwende kam und ging und obwohl der befürchtete große Computercrash ausgeblieben war, setzte eine gewisse digitale Ernüchterung ein. Der Rave der 90s war vorbei. Was würde aus seinen Trümmern steigen? Ein kurzlebiges Genre namens Electroclash, das Clubmusik erstmals in den Rückspiegel blicken ließ. 80er-Jahre-Electro traf auf Punk-Attitude. Peaches, DJ Hell, Tyga, die Chicks On Speed und Vienna’s very own Christopher Just waren seine Protagonist*innen, Larry Tee sein Hohepriester. Eine Hymne dieser Zeit: „Emerge“ vom New Yorker Duo Fisherspooner.

The Rapture – „House Of Jealous Lovers“ (2002)

Dann fielen die Türme und die Welt war eine andere. New York blutete. Für die lokale Musikszene bedeutete das die Flucht von Brooklyn nach Manhattan. Der Aufstieg der Retro-Rock- und Post-Punk-Bands begann zwar schon vor 9/11, doch erst danach rückten Formationen wie The Strokes, die Yeah Yeah Yeahs oder Interpol in den internationalen Fokus. Ein Song, der damals in New York aus offenen Fenstern, Boom-Boxen und Hinterhöfen erschallte, war „House Of Jealous Lovers“ von The Rapture, erschienen auf James Murphys DFA-Label.

Queens Of The Stone Age – „Now One Knows“ (2002)

Rock ist tot, lange lebe der Rock. Die Queens Of The Stone Age sind ein singuläres Phänomen der 2000er Jahre. Geboren in der kalifornischen Wüste des Stoner Rock, verbanden QOTSA staubtrockene Gitarrenriffs mit einer Pop-Sensibilität, die für das harte Gewerbe ungewöhnlich war. Machos mit Anti-Macho-Attitude jenseits des Grunge-Erbes. Der Bandname war eine Provokation für alles Sexistische und Homophobe im hart rockenden Gewerbe. Umso trauriger der aktuell tiefe Fall von Bandleader Josh Homme.

Outkast – „Hey Ya!“ (2003)

Hip-Hop, wie es ihn vorher und nachher nie wieder gegeben hat. Outkast, die Göttlichen. „Speakerboxxx/The Love Below“ das goldene Doppelalbum. Und der Welthit „Hey Ya!“. Fun against Muckibuden-Rap.

Arcade Fire – „Neighborhood #1“ (2004)

2004 erobert die kanadische Band Arcade Fire die Herzen aller Herzensmenschen mit dem Album „Funeral“. Unironisch und unzynisch war diese in Musik gegossene Verbrüder- und Verschwesterung ein leidenschaftlicher Appell an die Menschlichkeit in einer von Krieg und Terror geprägten Zeit nach 9/11. Hat nichts von seiner Dringlichkeit verloren.

M.I.A. - „Paper Planes“ (2007)

Das Radio läuft. Tochter (2): „Papa, was ist das? PAPA, WAS IST DAS??!! P-A-P-A, W-A-S I-S-T D-A-S?-?-!-!“ Papa: „M.I.A.“ Tochter: „Papa tanzen!“

Gustav – „Rettet die Wale“ (2004)

Zugegeben, ich werde hier etwas sentimental, aber vielleicht ist „Rettet die Wale“ von den Wiener Sängerin Gustav der schönste österreichische Song ever. Wichtig und richtig ist er immer noch, obwohl Teile des Textes, der Intention der Lyrics folgend, heute selbst der Schere zum Opfer fallen würden.

Amy Winehouse – „Back To Black“ (2006)

Eine Soul- und Retro-Queen, die das Jahrzehnt ihrer großen Erfolge nicht lange überleben sollte. Amy Winehouse und „Back To Black“ aus dem gleichnamigen Album, das zu einem Teil im Daptone Studio in Brooklyn produziert wurde. Tausendmal kopiert, tausendmal ist nix passiert.

Burial - „Untrue“ (2008)

Soul aus den Tiefen der Schaltkreise. Dubstep war der erste Breakbeat-Stil aus dem UK, der sich - auch dank Ausbau der Datenleitungen - global durchzusetzen vermochte. Burial war sein dunkler Stern. Selten kullern einem bei frostigen Beats und grollenden Subbässen Tränen der Rührung über die Wangen. Hier schon.

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