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Das Ende einer Ära: Charli XCX und „Crash“

Gefährlich, sexy und schnell: So beschreibt Charli XCX ihr neues Album „Crash“, das letzte in ihrem aktuellen Major-Label-Deal. Im FM4-Interview erzählt sie von der Platte als Farbe und Tier, redet über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und was hinter dem Titel „Crash“ steckt.

Von Christoph Sepin

Wäre das neue Album von Charli XCX eine Farbe, dann wäre es rot: „Blutrot“, stellt Charlotte Aitchison im FM4-Interview klar. „Weil es gefährlich, sexy und schnell ist. Und ich finde, das ist die Farbe rot“. Dangerous, sexy & fast also, der Sound und der Stil auf der neuen, fünften Platte der englischen Musikerin, ihr letztes Album unter ihrem aktuellen Major-Label-Deal.

Was bei anderen Acts eine Fußnote wäre, ist bei Charli XCX wichtig zu erwähnen: „I’m high voltage, self destructive“, singt sie am Opener „Crash“ über retrofuturistische Popmelodien „I’m about to crash and take you with me“. Da kracht was zusammen, da endet eine Ära - und als Hörer*in ist man ganz nah mit dabei. Wer schon seit Jahren visionäre Popentwürfe bastelt, schafft natürlich auch eine Gratwanderung zwischen Partysoundtrack und Ausreizung der Möglichkeiten der Mainstreampopwelt. Charli XCX hat eine Mauer erreicht, durch die sie jetzt entweder durchbricht oder zum Stillstand kommt. Der Albumtitel „Crash“ ist nicht zufällig gewählt.

Stabil wie ein Fels in der Brandung

Wäre das Album ein Tier, dann wäre es ein Wolf, wahrscheinlich, führt Charlotte Aitchison fort. „Weil es ist auch einsam und insular - aber auch vicious in Momenten“. Während rundherum Popwellen wogen und Trends kommen und gehen, steht Charli XCX mit ihrem Sound wie ein Fels in der Brandung. Immer schon der Zeit voraus, nimmt sie sich auf ihrem neuen Album den Platz, um Spaß zu haben. Zuckersüß und leuchtend poliert, dann wieder zerbrochen und verstörend. Passt schon alles so.

Charli XCX ist immer schon Popmusikzeitreisende gewesen - hat Elemente aus der Vergangenheit des Pop genommen, unsere Jetztzeit dargestellt und Sounds ausprobiert und etabliert, in deren Nähe sich der Mainstream erst Jahre später getraut hat. Inwiefern existiert „Crash“ jetzt in der Past, Presence and Future? „Es existiert in der Gegenwart, weil es um mich und mein Leben geht in den Lyrics. Um meine Beziehungen und meine Situation, etc. Es existiert in der Vergangenheit, weil einige Lieder schon vor einer Weile entstanden sind - sie haben schon ein langes Leben gehabt. Und ich hab’ viel Janet Jackson gehört, als ich das Album gemacht habe. Sie war meine Sonic Reference für Teile des Albums. Und Zukunft: Ich hab mich schon immer von der Idee angezogen gefühlt, Popmusik nach vorne zu pushen. An einen Ort, an dem sie noch nicht war. Und ich glaube, das kann man in meiner Arbeit hören und ich denke, das ist auch immer noch so mit diesem Album“.

Die Konfrontation mit der Popwelt

Zurück zum Albumtitel: Ein „Crash“, der ist konfrontativ und kommt direkt - und das Album klingt auch so. Das könnte Selbstkonfrontation sein, Konfrontation mit der Karriere, Konfrontation mit der Popwelt. „Das ist ein Grund, warum ich das Album ‚Crash‘ genannt habe“, erzählt Charli XCX. „Ich denke, es hat viel Konflikt in meiner Karriere gegeben - Spannungen, etwa auf einem Major Label gesigned zu sein und nicht wie ein Major Label Artist zu arbeiten. Jetzt schlussendlich an meinem letzten Album in meinem Major Label-Deal zu sein und das Game ein bisschen zu spielen. Leute haben versucht, mich in verschiedenen Schubladen einzuordnen - und das war immer ein Crash. Ich denke, es gibt viel Konfrontation am Album. Ich hab eine starke Persönlichkeit in meinen Songs und in meinem Leben. Ich denke, das kann man hören“.

Mit so übermäßig verwendeten Begriffen wie Hyperpop muss Charli XCX natürlich mittlerweile nicht mehr kokettieren - Synthpop hier vielleicht das passendste Genre, wenn man sowas braucht. Artifiziell klingende Instrumente und Effekte gegenüber allgemeingültigen Botschaften und Geschichten über Leben und Liebe.

Nimm dir, was du gerade brauchst

Allgemein anwendbar für alle Lebenslagen soll das Album auch für Hörer*innen sein: „Ich hoffe, Leute fühlen sich lebendig“, sagt Charli XCX darüber, was Menschen idealerweise mitnehmen sollen von „Crash“. „Ich glaube, das ist ein großartiges Popalbum mit vielen verschiedenen emotionalen Wellen drauf. Ich hoffe, egal durch was man gerade im Leben geht, man kann eine Art Trost darauf finden. Ob man dazu weinen will oder eine Wand anschreien will oder whatever. Ich denke, es gibt einen Platz für alle Emotionen auf diesem Album. Es ist sehr unberechenbar. Ich hoffe, Leute können es verwenden, wie es für sie richtig ist“.

Große Hooks, große Melodien, Feel-Good-Popmomente - da vergisst man fast, dass ein „Crash“ ja auch ein kompletter Stopp ist - was kommt nach einem Stopp, Charli XCX, als Blick Richtung Zukunft und Anfang der nächsten Ära? „I don’t know, you have to wait and see“. Alright.

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