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Der Song zum Sonntag: Lala Lala - „Memory“

„I Want The Door To Open“ hat das letzte Album von Lillie West alias Lala Lala geheißen. Jetzt gibt es mit „Memory“ einen neuen Song über Erinnerungen und Fantasien.

Von Christoph Sepin

Gibt’s sowas wie Lieder mit zu vielen Ideen? Songs mit genug verschiedenen Melodien, Zugängen und Inspirationen, dass man sie problemlos unter- und aufteilen könnte, zumindest eine ganze EP damit bespielen könnte? Hier einmal eine erste Idee, dann eine zweite, dann eine dritte und fertig wären drei Tracks. Früher, in der Hochzeit des Brit-Pop-Revivals, haben das Indie-Gitarren-Bands gerne gemacht, Maxïmo Park fallen da zum Beispiel ein mit ihrem „Apply Some Pressure“: Fast schon ärgerlich, wie viele Konzepte für wie viele Songs da drin zu finden waren.

Und jetzt also Lala Lala: Lillie West kommt aus Chicago und macht unter dem Namen Musik, hat ganz fabelhaft zusammen mit zum Beispiel Porridge Radio gearbeitet (arges Heartbreak-Lied „Good For You“) und dann letztes Jahr das dritte Album „I Want The Door To Open“ veröffentlicht. Ganz raffiniertes Song- und Textwriting in der oft verschwommen-verträumten Musik von Lala Lala. Jetzt veröffentlicht Lillie West ein neues Lied übers Erinnern und über Fantasien.

Der erste von drei Teilen in „Memory“ ist fatalistisch, betrübt und durch den Rückspiegel betrachtet: „All the things I gave away“, singt Lala Lala. „Still remember how they taste“. Alle Erinnerungen, alle Memories, so Lala Lala, fühlen sich so an, als würde man ein Video vom letzten Sommer anschauen. Alles was man mal erlebt hat, alles was echt gewesen ist, jetzt einfach eine Projektion auf eine Leinwand oder ein kurzer Clip am Handybildschirm.

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Das Klavier verschwimmt mit der Orchestrierung aus dem Synthesizer, tiefe Bässe im Hintergrund, irgendwo das Rauschen des Meeres, dann wieder grobpixelige Distortion von der alten Videokamera. Je länger Erinnerungen her sind, desto schwerer sind sie zu halten und irgendwann fühlt sich alles, was man erlebt hat, nur mehr an wie ein Traum oder eine Geschichte, erzählt von jemand anderem. Solche traurigen Realisierungen klingen in einem Lied eben so.

Teil zwei von drei: Schlagzeug und Beschleunigung, Moll-Akkorde gehen oder werden zumindest optimistischer. Lala Lala singt von Palindromen und vom Druck der Welt. So niedergedrückt, wie zu Beginn ist hier aber nix mehr. Wer bin ich und was kann ich machen? Softe Konfrontation oder zumindest der Versuch der Problemlösung. Ein Lied als Transformation, von der passiven zur aktiven Geschichtenerzähler*in. „Lost in the fight, they lose all the wanting, their ego destroys, their visions are blurring“.

Teil drei ihres Songs beschreibt Lala Lala dann am besten selbst: „Memory“ sei ein „euphoric recall“, eine euphorische Erinnerung - und euphorisch ist auch das Finale. Manchmal muss man sich von Fantasien verabschieden, so Lala Lala. Und meint damit wohl auch so manche Erinnerungen. Vielleicht ist das ja alles gar nicht so gewesen, vielleicht malt man sich seine Welt im Rückblick bunt und schön an. „Is it magic or a meaningful coincidence or are you just obsessed?“, fragt Lala Lala. Selbstkonfrontation kann auch so klingen - bedächtig, nachdenklich und klug.

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