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Better Oblivion Community Center

Nik Freitas

Heute ist Kollabo-Tag

Sind es Nachwirkungen der Pandemie oder Frühlingsgefühle? Die Musikwelt übt sich in Kooperation, Kollaboration, Duetten und Duellen. Eine Übersicht ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Von Rainer Springenschmid

Ich gebe zu, die größte Kollabo-Sensation des Tages war einfach ein gedanklicher Knoten meinerseits. „Beyoncé and Billie Eilish…“ schreit die Überschrift, und nach dem, was ich in den Minuten zuvor so alles gelesen habe, freu ich mich schon fix auf die Nummer. Dass es mit „…to Perform at Oscars 2022“ weitergeht und nur die Liveauftritte bei der Zeremonie am kommenden Sonntag ankündigt (jede für sich, höchstwahrscheinlich), das braucht an einem Tag wie diesem etwas länger, um durch meine Gehirnwindungen durchzukommen. Denn wenn man sich anschaut, was in den letzten gut 24 Stunden sonst so geboten war in der Musikwelt, dann ist die neurale Autobahn schon gelegt.

Den Anfang macht ein Besuch des großen David Byrne auf Arcade Fires Ukraine-Benefiz-Konzert in New York. Gemeinsam covern sie den heute sträflich unterschätzten John Lennon-Song „Give Peace A Chance“ (ist das noch Sprechgesang oder ist das schon Rap?), den er mit Yoko Ono und ein paar anwesenden Freund*innen, der später so betitelten Plastic Ono Band, in den zwei Wochen „Bed-In For Peace“ in einem Montrealer Hotelzimmer aufgenommen hatte, wo sie gegen den Vietnamkrieg protestierten. Hier ein Live-Handyvideo von David Byrne mit Arcade Fire und Schauspieler Mike Myers in der Nacht auf Dienstag in New York:

Tim Burtons Lieblingsfilmkomponist Danny Elfman war in den Achtziger Jahren Mastermind einer legendären kalifornischen New Wave-Band mit dem fantastischen Namen (The Mystic Knights of the) Oingo Boingo – das sei hier nur wegen des besten Bandnamens aller Zeiten erwähnt. Wichtiger für den heutigen Kollabo-Tag ist es, dass Danny Elfman letzten Herbst ein schaurig-schönes Industrial-Rock-Album veröffentlicht hat. Da ist natürlich die Autobahn zu Trent Reznor schon asphaltiert.

Wo wir grad bei den Achtziger Jahren waren: Dass die Pet Shop Boys und Soft Cell zwei unterschiedliche Bands sind, erscheint spätestens nach dem Release der gemeinsamen Single „Purple Zone“ als ein jetzt endlich korrigierter Irrtum der Musikgeschichte.

Wir begeben uns zurück in die Gegenwart und finden dafür zum Glück eine Brücke vor, und die Mykki Blanco und Michael Stipe erbaut haben. Die gemeinsame Nummer „Family Ties“, aufgenommen in Lissabon und New York, ist die erste Nummer, auf der Mykki Blanco singt anstatt zu rappen. Der Song ist einem Ex-Freund gewidmet: „I wrote this song about the relationship between my ex-boyfriend and his father that has had bouts of mental illness. When the person you love is going through a situation that you can’t alter in any way, or help or be active in trying to correct it not only hurts them but it hurts you.“

Bright Eyes-Frontmann Conor Oberst hat ja nicht nur diese eine Band, er ist eines von vier Monsters of Folk, macht unter seinem eigenen Namen Solo Musik, seine Emo-Band Desaparecidos ist immer wieder aktiv und ich hab sicher noch so zwo, dro Projekte vergessen. Eins davon nennt sich Better Oblivion Community Center und ist eigentlich ein Duo mit ihm und Phoebe Bridgers. Und die singt jetzt auf dem neuen Bright Eyes Video „St. Ides Heaven“ (einem Elliot Smith Cover) die Backing Vocals.

Weil wir vorhin bei Filmmusik waren: Son Lux, die Band, die früher ein einzelner Musiker war, hat den Soundtrack zum Film Everything Everywhere All at Once gemacht, der beim SXSW Festival Premiere hatte und Ende April bei uns erschienen soll. Sowas ist natürlich a gmahde Wiesn für Kollaborationen: erstens ist Geld da und zweitens braucht man manchmal einfach andere Stimmen. Bereits Anfang März ist eine Dreierkombination von Son Lux mit David Byrne und Mitski als Single erschienen, jetzt schnappen sie sich den Singer-Songwriter Moses Sumney für „Fence“, eine weitere Nummer aus dem Film.

Zum Abschluss möchte ich wieder zum Thema vom Beginn der Geschichte zurückkehren: haltlose Gerüchte über Kooperationen von Superstar-Musikerinnen unterschiedlicher Genres. Diesmal mit zumindest einer Prise Substanz außerhalb meiner eigenen Gehirnwindungen. Ich sag nur: Dolly Parton & Cardi B. Es ist nicht wahr, aber es ist möglich. Sagt Dolly – und wer wäre ich, ihr zu widersprechen?.

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