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Pixabay.com, Public Domain

Der Umweltroman „Wo die Wölfe sind“ ist ein Bestseller

Die Australierin Charlotte McConaghy hat eigentlich Drehbuch studiert. Als Schriftstellerin ist sie aber international bekannt geworden. Ihr erster Roman „Migrations“ wurde in viele Sprachen übersetzt. „Zugvögel“ hieß die deutsche Version. Zuletzt hat Charlotte nocheinmal einen Bestseller geschrieben: „Wo die Wölfe sind“ - wieder ein Roman mit dem Thema Umwelt und Klimawandel.

Von Eva Umbauer

„Sind Sie mit den Wölfen gekommen?“, fragt er, und ich bleibe stehen. "Wir haben schon gehört, dass wir uns auf eine Australierin gefasst machen sollen. Wie kommt man auf so was? Haben Sie nicht genug Koalas zum Schmusen? „Nein", sage ich. Die meisten sind bei Buschbränden umgekommen.“ Das bringt ihn erst mal zum Schweigen. Nach einer Pause fragt er: „Laufen sie schon frei herum?“

Buchcover von "Wo die Wölfe sind"

S. Fischer

Leseprobe von „Wo die Wölfe sind“

Inti Flynn ist studierte Biologin. Die junge Australierin macht bei einem Projekt mit, bei dem Wölfe in Schottland angesiedelt werden. Die wilden Tiere sollen helfen, die Landschaft zu retten.

„‚Hier in Schottland‘, erklärt Evan, ‚haben wir es mit einem Ökosystem im Krisenmodus zu tun. Wir müssen dringend renaturieren. Wenn es uns gelingt, die Waldfläche bis 2026 um hunderttausend Hektar zu vergrößern, könnten wir den CO-2-Ausstoß, der den Klimawandel vorantreibt, drastisch verringern und den einheimischen Arten wieder mehr Lebensraum bieten.‘“

„Wo die Wölfe sind“ ist ein Umweltroman, aber das Buch ist noch mehr und nicht einfach eine Wolfgeschichte. Es geht auch um Außenseitertum - um menschliches wie tierisches. Oder wir erfahren von der intensiven Beziehung der beiden Zwillingsschwestern Inti und Aggie Flynn. Inti hat studiert, begeistert und schnell, während sich ihre Schwester lieber dem Partyleben hingegeben hat. Beide kommen aus Sydney, ihre australische Mutter arbeitet bei der Polizei, als Mord-Ermittlerin. Der tragisch verschwundene Vater der beiden jungen Frauen lebt(e) im Wald in Kanada. Das Land, die Wildnis, das Urbane, die Stadt - beides ist Teil von Inti Flynn.

„Die ersten sechzehn Jahre unseres Lebens verbrachten Aggie und ich jedes Jahr zwei Monate bei unserem Vater im Wald. Es war eine Landschaft, die ich verstand. Als Kind glaubte ich immer, die Bäume im Wald seien unsere Familie.“

„Wo die Wölfe sind“ hat aber auch etwas Krimihaftes an sich. Ein Farmer wird tot aufgefunden, nachdem die Wölfe angesiedelt wurden, und nun beginnt eine Hetzjagd auf die Tiere. Aber wie ist der Bauer tatsächlich zu Tode gekommen? Und sind Mensch und Natur wirklich in Einklang zu bringen?

„Duncan mustert mich schweigend. ‚Die Arbeit von Bauern gehört mit zu den schwierigsten, die es gibt.‘ ‚Das habe ich auch nie bestritten.‘ ‚Hast du dich schon mal gefragt, warum Umweltschützer immer aus sozioökonomisch bessergestellten Schichten stammen?‘“

„Wo die Wölfe sind“ ist ein Roman, in dem man sich komplett verliert, schon mal beim Lesen das Herz stolpert oder gar zu rasen beginnt. Die Charaktere, die Spannung, die Sprachgewalt. Wieder ist der Ende der 1980er Jahre geborenen Charlotte McConaghy ein dunkler, mysteriöser, dichter, manchmal vielleicht ja schon allzu dichter Roman gelungen, der auf dem Thema Umwelt basiert.

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„Zugvögel“ ist ein Umweltroman, eine abenteuerliche Dystopie, aber auch ein dramatischer Familienroman.

Die Autorin packt aber noch viel mehr hinein in diese Story, etwa dass Inti Flynn eine seltene Fähigkeit besitzt, Gefühle von anderen Lebewesen körperlich nachzuempfinden - die sogenannte Mirror-Touch-Synästhesie ist eine seltene Erkrankung, die dazu führt, dass Personen im gleichen oder gegenüberliegenden Teil des Körpers ein ähnliches Gefühl empfinden, das eine andere Person oder ein anderes Lebewesen fühlt. So spürte Inti etwa, als sie ein Kind war, wie ihr Vater einem toten Hasen den Bauch aufschnitt, ein Gefühl, so als ob ihr eigener Bauch aufgeschnitten worden wäre.

„Sein Arbeitsschuppen lag mitten im Wald, in der Wildnis British Columbias, es war staubig dort, und es stank nach Blut. Er hatte Tierhäute zum Trocknen aufgehängt, sie streiften uns an der Stirn, wenn wir zwischen ihnen hindurchkrochen. Ich schauderte schon damals, während Aggie, direkt vor mir, durchtrieben grinste, sie war so viel mutiger als ich.“

„Wo die Wölfe sind“ wurde vom englischsprachigen Originaltitel „Once There Were Wolves“ für den S. Fischer Verlag von Tanja Handels ins Deutsche übersetzt.

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