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DENZEL CURRY: "Melt My Eyez See Your Future" Albumcover - der Künstler vor türkisem Hintergrund verschwommen

PH Recordings

fm4 hiphop lesekreis

Denzel Curry schreibt Rapgeschichte im zeitgemäßen Gewand für die Zukunft

Denzel Curry liefert mit “Melt my Eyes See your Future“ ein Rap-Album, auf dem er alle Strömungen und Richtungen vereint, um ein großes, musikalisches Stück zu erschaffen.

Von Mahdi Rahimi

In Hari Kunzrus Buch „White Tears“ dreht es sich darum, wem Kunst gehört, wer sie konsumieren kann und wer davon profitiert. Eine der zentralen Fragen im Buch von einem der Hauptprotagonisten ist, wann er die Hoffnung und Vision von der Zukunft verloren hat, indem er sich einfach nur auf Nostalgie und eine reines „früher war alles besser!“ fokussiert hat. “When did I lose touch with the future? I remember how imminent it used to feel, how exciting. The old world was dissolving, all the grime of the past sluicing away in digital rain.”

Der FM4 HipHop Lesekreis zum Nachlesen oder als Podcast.

Das Problem mit Musik und Hip Hop im Speziellen ist, dass es Großteils Musik von jungen Leuten für junge Leute ist und dass Nostalgie nach einer besseren und einfachen Welt auch unter Musikfans existiert. Dabei ist Hip Hop einfach nur dynamisch und eine konstante Neu- oder Wiederinterpretation des Versuchs einer Aufarbeitung von intergenerationellen Traumata.

Es mag vielleicht auf den ersten Blick schwer sein, etwa Playboi Cartis Wortfetzen-Rap in Verbindung mit Gospel-Klängen zu bringen, doch die Wurzeln beider sind in der afroamerikanischen Geschichte, die wir als europäische Zuhörer konsumieren. Es ist alles im Endeffekt Musik, Kunst, Unterhaltung, doch die Geschichte dahinter passiert auf einer anderen Ebene. Deswegen mag man als (weißer) Konsument gerne das hören, was man schon kennt, statt sich mit Neuem zu befassen, weil das Neue, die Zukunft, immer ungewiss und unbekannt ist. Doch wie kann man die Zukunft verstehen, wenn man die Vergangenheit nicht versteht und wie kann dann das alles in irgendwas Anderem außer verklärter Nostalgie enden?

Denzel Curry verarbeitet auf seinem 7. Album - seinem 5. Solo Album - viel Rapgeschichte und Referenzen in einem zeitgemäßen Gewand. Das Album erinnert stilistisch mehr an ein verlorenes Soulquarians Album als an Three 6 Mafia, doch die düsteren Themen betreffend Tod und psychischer Gesundheit, die auf früheren Alben anders verpackt wurden, bleiben. Denzel vereint auf einem Album Robert Glasper, Saul Williams, Thundercat, Kenny Beats und T-Pain und zeigt die große Bandbreite des Hip Hops ebenso wie dass es bei Rap nicht um Trap, Backpack, Conscious Rap oder Mumble Rap geht, sondern um die Aufarbeitung persönlicher und kollektiver Traumata, je nachdem.

Dementsprechend beziehen sich die Referenzen in der heute vom FM4 HipHop Lesekreis besprochenen Nummer „Mental“ an Bepop und Scattin offensichtlich auf diese gemeinsame Geschichte. Und niemand kann die Essenz dieser Geschichte besser beschreiben als Saul Williams am Ende des Songs:

Born of the resistance that birthed me
Made music of everything
Is somebody recording these cries?

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