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„Severance“: Die Horrorvision einer normierten Arbeitswelt

Die sehenswerte Serie „Severance“ auf Apple TV+ lässt Kapitalismuskritik, Mysteryspannung und sarkastischen Humor kollidieren.

Von Christian Fuchs

Wie schafft man es, den Stress aus dem Beruf nicht in den privaten Alltag mitzunehmen? Was können Büroangestellte tun, um nach Dienstschluss ultimativ abzuschalten? Die sehr gute Serie „Severance“ hat eine radikale Antwort auf diese Schlüsselfragen des modernen Arbeitsalltags.

Wer sich darin von dem mysteriösen Konzern Lumon Industries anstellen lässt, muss eine klinische Prozedur über sich ergehen lassen. Ein chirurgischer Eingriff, bei dem eine Minisonde ins Hirn eingesetzt wird, sorgt für die perfekte Work-Life-Balance.

Severance nennt sich das kontroverse Verfahren: Alle die im Hauptquartier der Firma Lumon den Lift betreten, durchlaufen eine Verwandlung. Nach dem Verlassen des Fahrstuhls in einem bestimmen Stockwerk bleibt nur mehr das Arbeits-Ich übrig, ohne Erinnerung an die Welt außerhalb des Büros. Umgekehrt kommt man als braver Workaholic dann irgendwann Zuhause an und hat keinerlei Firmenprobleme im Kopf. Für den Abteilungsleiter Mark eine ideale Lösung.

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Orwell und Kafka lassen grüssen

Mark, tragikomisch vom unterschätzten Adam Scott gespielt, gibt im Büro den bemühten Boss mit eingefrorenem Lächeln, in seinen eigenen vier Wänden plagt ihn eine schwere Depression. Er kann einfach nicht den Verlust seiner Frau überwinden, die zwei Jahre zuvor ums Leben gekommen ist, wenigstens vergisst er durch den Severance-Eingriff zeitweilig die Trauer.

Was sich wie ein Fiebertraum aus dem Silicon Valley anhört, verwandelt sich rasch in eine düstere Dystopie. Die Propheten George Orwell und Franz Kafka lassen naheliegend grüßen, aber auch Assoziationen zu mahnenden Filmklassikern wie „Brazil“ flackern auf.

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Bedrückende Trillerkomödie

In minutiös designten Bildern und zu den Klängen eines einlullenden Soundtracks entfaltet sich eine kapitalistische Horrorvision. Marks junge Kollegin Helly versucht, der durchnormierten Arbeitswelt zu entfliehen, riskiert sogar den Selbstmord, um den Severance-Schrecken hinter sich zu lassen. Ihrem Vorgänger Petey ist die Flucht gelungen, allerdings von Halluzinationen malträtiert. „It’s like having two different lives suddenly stitched together, but the relativity’s fucked.“

Inszeniert ist das alles ziemlich spitzenmäßig, irgendwo zwischen dem Surrealismus eines David Lynch, dunklen Paranoiathrillern und beklemmenden Werbespots der Scientology-Sekte. Zwischendurch verpuffen sarkastische Pointen in den sterilen Räumen des Lumon-Headquarters, die einen erinnern, dass auch Ben Stiller hinter „Severance“ steckt.

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Als Coproduzent und Regisseur der meisten Folgen hat er sich für die bedrückende Mysterykomödie tolle Darsteller geholt: John Torturro, Christopher Walken, Patricia Arquette und vor allem Britt Lower als Helly brillieren allesamt. Ein ziemliches Highlight gerade auf dem überfüllten Seriensektor.

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