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Sophie Marceau in "Alles ist gutgegangen" in einem Lokal.

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Viele Küsschen auf die Wange

Demenz und der Wunsch nach Sterbehilfe sind im Kino keine Tabuthemen mehr. Jetzt kommt der unterhaltsamste Film zu dieser Thematik in unsere Kinos: „Alles ist gutgegangen“ von Regisseur François Ozon mit Sophie Marceau.

Von Maria Motter

Sie schaut Splatter-Filme zur Entspannung, hat einen geduldigen Ehemann und einen dickköpfigen Vater: Sophie Marceau spielt in „Alles ist gutgegangen“ eine Tochter, die dem letzten Wunsch ihres Vaters nicht nachkommen will.

Der alte Mann (André Dussolier) hat genug. Nach einem Schlaganfall ist er halbseitig gelähmt, er ringt um Wörter und bevor er nicht mehr weiß, wer er ist, will er nach eigenen Vorstellungen sterben. Die Lieblingstochter soll das für ihn arrangieren, so wie sie ihm, dem erfolgreichen Pariser Galeristen, schon Ausstellungen organisiert hat. Das Lachssandwich, das sie ihm ins Spital mitgebracht hat und von dem er nur einen Bissen gegessen hat, friert sie zuhause ein. Gefühle werden hier über Details vermittelt. Géraldine Pailhas ist als zweite Tochter außen vor. Und Charlotte Rampling will in ihrer Rolle als Ehefrau mit all dem gar nicht erst belästigt werden.

„Alles ist gutgegangen“ läuft diese Woche in unseren Kinos an.

Regisseur François Ozon kümmert sich in diesem Film nicht um Sentimentalitäten. Im Kino sind Demenz und Sterbehilfe keine Tabuthemen mehr. Gaspar Noes neuer Film „Vortex“ etwa, der auf der Viennale schon zu sehen war, folgt einem sehr realistischen Zugang und zeigt, wie ein altes Ehepaar über der Erkrankung verzweifelt. Der britische Theater- und Filmregisseur Harry Mcqueen inszenierte das Drama „Supernova“ und nur die Schauspieler Stanley Tucci und Colin Firth konnten mit ihrem so zugewandten Spiel kitschige Anflüge der Geschichte verhindern.

„Alles ist gutgegangen“ von Regisseur François Ozon überrascht. Dem Franzosen ist auch ein beachtenswerter Vater-Tochter-Beziehungsfilm geglückt.

Das Drehbuch basiert auf einem Roman: Emmanuèle Bernheim, eine Freundin Ozons, hat das Buch nach eigenen Erfahrungen verfasst. Die Tochter des Kunstsammlers André Bernheim und der Bildhauerin Claude de Soria wollte immer, dass Ozon es verfilmt, aber lange hat sich der Regisseur nicht daran gewagt. Inzwischen ist Bernheim verstorben, die Verfilmung hat sie nicht mehr erlebt.

Sophie Marceau küsst André Dussolier auf die Stirn, der in einem Krankenhausbett liegt - Szene aus "Alles ist gutgegangen" von Ozon.

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Hoch das Glas, auf das Leben und auf die Sterbehilfe

Die Gegenwart des jüngeren Lovers des Familienvaters mit Todessehnsucht ist allen unangenehm. „Alles ist gutgegangen“ ist spannend, weil hier eine innige, aber nicht konfliktfreie Vater-Tochter-Beziehung erzählt wird. Gut eine Stunde widmet sich der Film der Familienaufstellung, um dann eine überraschende, ja großartige Kehrtwende hin zur Leichtigkeit des Seins und auch des Abschiednehmens zu machen. Gut möglich, dass man plötzlich regelrecht mitfiebert, ob dieser Mann es in die Schweiz schafft, zur Sterbehilfe.

Sterbehilfe ist in Frankreich verboten. François Ozon hat sich für eine Neuregelung ausgesprochen. In Österreich ist aktive Sterbehilfe seit Beginn dieses Jahres unter Einhaltung genau geregelter Auflagen legal möglich für volljährige, schwer oder todkranke Menschen, die entscheidungsfähig sind: Sie können Hilfe beim Suizid bekommen, ohne dass der Unterstützung leistenden Person eine strafrechtliche Verfolgung droht. Parallel zur Neuregelung soll die Palliativ- und Hospizversorgung in Österreich ausgebaut werden, war der Plan Ende 2021.

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