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Der Song zum Sonntag

Der Song zum Sonntag: Phoebe Bridgers - „Sidelines“

Im Jahr 2020 hat Phoebe Bridgers ihr letztes, großes Album „Punisher“ veröffentlicht. Nach Zusammenarbeiten mit Taylor Swift und Bright Eyes und anderen ist sie jetzt mit dem furchtlosen Lied „Sidelines“ zurück.

Von Christoph Sepin

Es ist jedes Mal schön und wird immer schöner, wenn Phoebe Bridgers ein neues Lied veröffentlicht. 2020 veröffentlichte die Musikerin aus Los Angeles mit „Punisher“ das vielleicht beste Album des Jahres, danach gab es musikalische Kollaborationen mit zum Beispiel Conor Oberst (zuletzt in einer Neuauflage seines Songs „Haligh, Haligh, A Lie, Haligh“), mit dem schwedischen Musiker Luminous Kid und mit Taylor Swift. Metallica hat sie kürzlich auch gecovert, by the way.

Jetzt also ein neues Lied, ein neuer Ausflug zur Introspektion: Phoebe Bridgers freut sich darüber, dass ihre Musik Menschen solidarisch zusammenbringt und vereint. Wie alle sehr guten Songwriter*innen schreibt sie zwar aus ihrer eigenen Perspektive, spricht aber über Themen, die so allgemeingültig sind, dass sich damit viele identifizieren können. Dann entsteht dieses schöne Gefühl von Community, denn vielen von uns fehlen die Worte, das zu artikulieren, was Phoebe Bridgers in ihren Songs bespricht. Also eigentlich ein Sprachrohr einer Generation.

Auch im neuen Song „Sidelines“: Rausgekommen ist das Lied als Soundtrack zur Show „Conversations With Friends“, einer Verfilmung des Buchs von Sally Rooney. Eine Empfehlung, muss man aber nicht gesehen oder gelesen haben, um das Lied zu verstehen, das Phoebe Bridgers verfasst hat. Sidelines, das ist der (gesellschaftliche) Außenrand, das ist daneben stehen und reinblicken auf die Mehrheitswelt und ihre Regeln und Rituale. Das ist, um superamerikanisch zu bleiben, der äußere Bereich vom Footballfeld, über das Cheerleader und Quarterbacks laufen. Und wir Weirdos, wir schauen uns das Spektakel von außen an. Das kann was Schönes haben. Oder zumindest etwas Befreiendes.

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Denn ist man nicht mittendrin, dann kann man auch furchtloser sein: „I’m not afraid of anything at all“, singt Phoebe Bridgers. „Not dying in a fire, not being broke again“. Sie hat keine Angst vor Flugzeugabstürzen, so erzählt sie weiter, nicht vor dem tiefen Ozean, nicht davor, zur Schule zurück zu müssen, nicht davor, älter zu werden, keine Angst davor, sich alleine zu fühlen, in einem Raum voller Menschen. „Not of being alone, in a room full of people.“

Steht man in den Sidelines und schaut nur rein, dann ist man von allem distanziert: „Nothing ever shakes me, nothing makes me cry.“ Und dann wird alles plötzlich ganz anders, denn dann lässt man jemanden ins Leben am Rand hinein und wird zu einer neuen Mitte gezogen: „Watching the world from the sidelines“, so der Refrain, „had nothing to prove, until you came into my life, gave me something to lose“. Akkorde und Melodien sind so schön, dass man weinen will, bei dieser Beschreibung, wie sich das anfühlt, das Verliebtsein.

Das soll jetzt natürlich nicht bedeuten, dass man unbedingt eine Beziehung braucht, um glücklich zu werden oder das volle Potential zu entfalten. Aber es ist doch ein Zeichen dafür, wie wichtig es ist, gemeinsam mit anderen zu sein, zu kommunizieren und Menschen zuzuhören. Vielleicht gibt es hinter neuen Perspektiven neue Erfahrungen und neue Erkenntnis über sich selbst. „Now I know what it feels like to wanna go outside“, singt Phoebe Bridgers. Vorher auf den Sidelines, jetzt ist man der Main Character des eigenen Lebens. Nahezu perfekter Song, wie immer von der Musikerin aus Kalifornien.

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