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Bilderbuch on stage

Lucas Christiansen

Review

Bilderbuch-Festspiele in Salzburg

Gestern Abend gastierten Bilderbuch im Rahmen ihrer Tournee zum neuen Album „Gelb ist das Feld“ im Großen Festspielhaus Salzburg. Nach fast drei Jahren ohne Konzert in Österreich veranstalteten Maurice Ernst & Co in den Salzburger Hallen der Hochkultur ein Pop-Spektakel.

von Xaver Stockinger

Viel zu lange ist es her, das letzte Bilderbuch-Konzert auf einer österreichischen Bühne. Eine Pandemie hat sich dazwischengedrängt, und so kommt`s, dass am gestrigen Abend nicht nur das neue, siebte Album, sondern auch ein lang ersehntes Wiedersehen gefeiert wurde. The beloved boys are back.

Die Venue: Das Große Festspielhaus in Salzburg. Ein in den Mönchsberg hineingeschlagener Prunksaal, der nicht unbedingt dafür bekannt ist, ein Ort der Popkultur zu sein. Dieser fügt sich jedoch nahtlos in eine Liste von Spielstätten der sogenannten Hochkultur, in denen Bilderbuch ihre „Gelb ist das Feld“-Tour vor Kurzem begonnen haben (Elbphilharmonie Hamburg, Isar Philharmonie München, Philharmonie Berlin,...).

Am Anfang des schillernden Konzertabends stand für manche Bilderbuch-Fans jedoch ein Tinnitus, ausgelöst durch den Theaterglöckner, der die Leute vor dem Salzburger Festspielhaus mit aller Kraft und wenig Rücksicht auf die Trommelfelle der nahe um ihn Stehenden ins Festspielhaus hineinbimmelte. Doch war dem Glöckner schnell verziehen, saß man dank ihm doch rechtzeitig auf dem Platz und verpasste so nicht das erste Highlight des Abends, den wirklich verdammt guten Support-Act Uche Yara. Ein Mensch, eine washed-out Gitarre und eine Stimme voll Wärme und Virtuosität - zum Niederknien. Die gut 2.000 Leute in ihren samtenen Stühlen wurden von der Linzer Musikerin bestens aufgewärmt für das, was danach kam.

Um kurz nach 9 betraten Bilderbuch in identen, längsgestreiften Tuniken samt weißen Schlaghosen die Bühne. Ein Versuch, den Look zu beschreiben, endet irgendwo zwischen Wüstenprediger und fancy 70ies. Verstärkt wurde die Band im Hintergrund durch Lukas König an einem zweiten Drumset und Katrin Paucz (Sharktank) an der Backing-Gitarre.

Bilderbuch on stage

Lucas Christiansen

Kaum hatten die Musiker*innen die Instrumente umgeschnallt, war klar, dass dieser Abend im Festspielhaus kein Sitzkonzert bleiben wird. Die ersten Takte der neuen Nummer „Golden Retriever“ reichten aus, um den ganzen Saal von den Stühlen zu reißen. Dass die Opener-Nummer nicht zu den Bekanntesten zählt, viele im Saal sie wahrscheinlich zum ersten Mal überhaupt gehört haben (das neue Album „Gelb Ist Das Feld“ ist erst seit 2 Wochen released und „Golden Retriever“ nur auf den physischen Album-Versionen enthalten), schien gestern niemanden zu interessieren. Es war Bilderbuch, die da vorne standen und nach fast 3 Jahren (!) wieder ein Konzert in Österreich spielten – die ganze aufgestaute Vorfreude entlud sich sofort, völlig powidl, ob man das erste Lied nun kannte oder nicht.

Band On Stage

Lucas Christiansen

Die Bühnenshow war für Bilderbuch-Verhältnisse recht reduziert. Der opulente goldene Bühnenvorhang des Festspielhauses strahlte warm im Hintergrund. Einige Lichteffekte sorgten je nach Song für das Stimmungs-Feintuning: Vom digital lodernden Lagerfeuerlicht beim Heartbreak-Song bis zum zuckenden Stroboskop beim wilden Exzess.

"Gelb ist das Feld" -  Album Cover von Bilderbuch. Darauf zu sehen ist eine rosa Rose

Bilderbuch

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Musikalisch geprägt war der Abend eindeutig vom neuen Album und dessen Hang zur Romantik. Die für Bilderbuch gewöhnliche Hyperkünstlichkeit, die quietschbunten Arrangements sucht man in den Songs der jüngsten Platte vergeblich. Stattdessen dominiert ein organischer, warmer, gitarrenschwangerer Sound. Thematisches Schwergewicht bilden bei Bilderbuch anno 2022 ganz klar Romance & Love, so auch am gestrigen Abend: „Zwischen deiner und meiner Welt“, das titelgebende „Gelb ist das Feld“ oder etwa die BreakUp-Songs „La Pampa“ und „Schwarzes Karma“ - sie alle schwelgen in den ganz großen Gefühlen. „Liеbe ist ein Tunnel, Wir geh’n durch, Und du gibst mir alles, was du kannst, Und ich geb’ dir alles, was ich kann“, hauchte Maurice Ernst ins Mikrofon. Die eine oder andere Hand hat in diesen neuen, so zärtlichen Bilderbuch-Momenten mit Sicherheit nach einer anderen gegriffen am gestrigen Abend.

In der Setlist geschickt platziert tauchten aber auch die alten Banger auf. „Spliff“, „Willkommen im Dschungel“ oder etwa „Bungalow“ brachten in bewährter Manier den Saal zum Kochen. Maurice hatte im Laufe des Abends immer weniger an und Gitarrist Mizzy Krammer spielte sich immer mehr in einen absoluten Rausch. Logischer Schlusspunkt war nach über zwei Stunden und vier Zugaben natürlich „Maschin“. Standing Ovations bei ohnehin stehendem Publikum sind schwierig auszumachen, auf jeden Fall hat sich der nicht enden wollende Schlussapplaus nach den Bilderbuch-Festspielen eindeutig danach angefühlt.

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