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Pillow Queens

Pillow Queens - Leave The Light On

Das Dubliner Gitarrenpop-Quartett Pillow Queens begeistert über Irland hinaus. Die vier Musikerinnen veröffentlichten zuletzt ihr zweites Album, „Leave The Light On“. Dream Blues mit schreddernden Gitarren und manchmal ein wenig Synthesizer. Es geht um Häuser, die ins Meer hinaussegeln, die Frage, wer die Zimmerpflanzen gießt, oder um Flashbacks in die Teenagerzeit.

von Eva Umbauer

Die Musikerinnen der irischen Band Pillow Queens sind gerade auf US-Tour, haben zwischen zwei Auftritten einen day off. Sarah Corcoran und Rachel Lyons, eine Hälfte der Band, sitzen im Foyer eines Hotels in Philadelphia und zoomen mit FM4. Am Bildschirm im Hotel laufen Nachrichten - die furchtbaren Bilder aus dem Krieg in der Ukraine. Die Band versucht, nicht so zu viel davon zu sehen, es würde sie allzu traurig machen und ihre Auftritte zu sehr beeinflussen. Derjenige, der die Pillow Queens überhaupt erst in den USA vorgestellt hat, via seine Late Night Show, heißt James Corden. Der gebürtige Brite ist ein großer Fan von diesem Quartett aus Dublin.

Album Cover

Nicole Rifkin

Leave The Light On von den Pillow Queens ist bei Royal Mountain Records erschienen.

Eigentlich wollte Pamela Connolly keinen Gitarrenpop mehr machen, sich stattdessen der elektronischen Musik zuwenden. Aber Sarah Corcoran hat Pamela überredet, es noch einmal zu versuchen. Sarah liebte die Musik, die Pamela machte und wollte gerne mit ihr in einer Band sein. Die beiden Frauen kannten sich aus der Musikszene von Dublin. Auch Cathy McGuinness und Rachel Lyons waren befreundete Musikerinnen. Warum also nicht miteinander eine Band gründen?

Die Pillow Queens haben sich letztlich einfach ergeben. Vor fast sechs Jahren war die Bandgründung, und dass die vier Musikerinnen queer sind, macht alles vielleicht noch entspannter, meint Sarah Corcoran im FM4-Interview. Wenn man auf Tour ist, in einem engen Bus, kann es schwierig werden, wenn man einander nicht so gut kennt, das kann emotionalen Stress bedeuten. Bei Pamela, Sarah, Rachel und Cathy ist das weggefallen, eine gute Voraussetzung für die Band, die es liebt, unterwegs zu sein und Konzerte zu spielen.

Als die Pillow Queens im Herbst 2020 endlich ihr erstes Album veröffentlichten, war die Welt gerade mitten in der Pandemie. Ein Debütalbum einer Band, die live liebt, das dann aber nicht auf die Bühne gebracht werden kann, macht nicht so viel Sinn - die Pillow Queens taten es trotzdem und wurden mit Songs wie „Liffey“ oder „Gay Girls“ gleich über Irland hinaus mit Fan- und Kritiker*innen-Lob überschüttet. Mit ihrem neuen Album, „Leave The Light On“, setzen die vier Musikerinnen noch eines drauf.

Die muskulöse Stimme von Hauptsängerin Pamela Connolly findet in der sensiblen Stimme von Sarah Corcoran ihren Counterpart. Aber auch Schlagzeugerin Rachel und Leadgitarristin Cathy singen. Erstere tut das etwa beim Song „Historian“. Es geht um eine Freundin, die Kaffee liebt, ihn ständig trinkt und in Geschichtsbüchern liest. „She makes the coffee and she´s a historian“ heißt es in diesem Song mit den komplexen Arrangements und dem melancholischen Oldschool-Feeling.

Die vier Musikerinnen der Pillow Queens wechseln einander immer wieder an den Instrumenten ab. Sie lieben Musikinstrumente, wie Sarah Corcoran im Fm4-Interview erzählt: Gitarren, den Bass, das Schlagzeug. Manchmal findet sich ein wenig Synthesizer bei den Pillow Queens, etwa im Song „Delivered“, einem intensiven, hypnotischen Track mit den Lead-Vocals von Pamela Connolly. Aber insgesamt bleiben die Pillow Queens beim Gitarrenpop. „Backing Tracks oder sowas?“, meint Sarah Corcoran, und wimmelt gleich ab: „Nein, nein, nicht bei uns.“

„Hearts And Minds“ ist die neue Single aus dem Album „Leave The Light On“ - ein Powerpop-Song, der Pamela Connolly auf spezielle Weise wieder in ihre Teenagerzeit mit all ihren Problemen zurückversetzt.

„It´s about experiencing the feeling of being a teenager again. The insecurities about body image and ability when it comes to being a musician that’s seeing themselves recorded and pictured, as well as commented on. It deals with the idea of imposter syndrome when it comes to an industry that favours the male form and the insecurity of not being able to be effortless with your movements.“

Jede der vier Musikerinnen bei den Pillow Queens bringt ihre musikalischen Vorlieben ein - ist inspiriert von irischen Stars wie Sinead O´Connor oder Dolores O´Riordan von den Cranberries, von Post-Punk, von US-Bands wie Modest Mouse - die Gitarre in „Well Kept Wife“ - oder auch The Killers. Wir lieben neben vielen Musiker*innen auch „sad indie boy music“, lacht Sarah Corcoran im FM4-Interview. Sie selbst hat aber etwa auch den Soundtrack zur Spät-90er/Anfang 00er-Jahre US-Fernsehserie Dawson´s Creek unzählige Male gehört, worauf sich etwa auch die irische Girlgroup B*witched mit ihrem Hit „Blame It On The Weatherman“ findet.

Der Song „House That Sailed Away“ ist inspiriert von einem Buch: „The House That Sailed Away“ von der englischen Kinderbuchautorin Pat Hutchins. Das Buch, in dem das Haus einer Familie plötzlich in das Meer hinauswandert und dabei zu allerlei Abenteuern aufbricht, erschien Mitte der 1970er Jahre. Sarah Corcoran hat es so oft gelesen, dass es schließlich auseinanderfiel.

Im Song „Well Kept Wife“ fragen sich die Pillow Queens, wer denn nun die Zimmerpflanzen gießt, und im verspielten „My Body Moves“ geht es um das Älterwerden, ja, gar um das Altwerden: „Cool kids never grow old“, singen die Pillow Queens. Schließlich gibt es noch einen Song mit dem Titel „No Good Woman“. Das englische Indie-Folk-Trio The Staves - die Schwestern Staveley-Taylor - hat einen, der „Good Woman“ heißt. Was macht eine „gute Frau“ aus, fragen beide Songs. Pillow-Queens-Drummer Rachel Lyons ist übrigens ein großer Staves-Fan, liebt den Harmoniegesang dieser Band.

„Leave The Light On“ ist, so die Pillow Queens, gewissermaßen eine einsame Platte - „a lonely record“, und in der Tat hat sie etwas wie eine einsame Autofahrt, spätabends auf leeren Landstraßen gleich draußen vor der Stadt, wo man den Tag noch einmal durchlebt. „Loneliness is a warm space to reflect, to meditate“, sagen die Pillow Queens in ihrem Dream Blues, der als Outsider*innen-Projekt begann und nun immer mehr Menschen anzieht, queere wie nicht-queere gleichermaßen.

Aber warum sollen wir jetzt das Licht eingeschaltet lassen? Na ja, etwa wenn noch jemand nachhause kommt, obwohl man selbst schon im Bett ist, „to welcome them into a nice warm home“, sagt Sarah von den Pillow Queens. Obwohl, auf die Stromrechnung schauen sollte man auch, trotzdem: Leave the light on!

P.S.: Das Slang-Wort Pillow Queen steht für jemanden, die oder der sexuell mehr nimmt als sie/er geben möchte. Aber, so die Pillow Queens, es klingt einfach als Bandname gut.

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