RIP Willi Resetarits
Von Boris Jordan
Mit Willi Resetarits verliert nicht nur die österreichische Musikszene einen vielseitigen und innovativen Musiker, sondern die gesamte Republik eine ebenso laute, integrative politische Stimme, die international in ihrer Schlagkraft und Autorität vielleicht nur mit Harry Belafonte oder Adriano Celentano zu vergleichen ist.

Chris Stipkovits/FM4
In Gedenken an den großen Musiker und witzigen „G`schichtldrucker“ Willi Resetarits wiederholt FM4 am 24.4. ab 19:20 im „Zimmerservice“ das „FM4 Gipfeltreffen“ mit Willi Resetarits und Voodoo Jürgens. Moderiert wurde das Gipfeltreffen im Oktober 2016 von Alex Augustin. Von ihr stammt auch das Porträt aus 2017, als Willi Resetarits den Amadeus Award für sein Lebenswerk bekommen hat.
Vom Schmetterling...
In den siebziger Jahren hatte der gelernte Schlagzeuger Resetarits zusammen mit seinen Freund*innen Pippa Armstrong und Georg Herrnstadt die „Schmetterlinge“ gegründet. Musikalisch in der Greenwich Village Folk Szene geerdet, wurden die Schmetterlinge rasch zu einer hochpolitischen Band, die sich in dem Epos „Proletenpassion“ mit der Geschichte der Kämpfe der Arbeiter*innenbewegung auseinandergesetzt hatte und die Gedichte des von den Nazis ermordeten linken Dichters Jura Soyfer in einer Vertonung dem Vergessen entriss.
...zum Ostbahn Kurti
Seit den Achtziger Jahren verkörperte Resetarits, an Leadgesang und Mundharmonika gewechselt, die Rock’n’Roll-Kunstfigur Ostbahn Kurti. Gemeinsam mit dem früh verstorbenen Musicbox-Moderator Günter Brödl erfand er die fiktive Biographie des vergessenen Wiener Vorstadt-Rock’n’Rollers mit proletarischem Stolz, schlüpfrig-strassenschlauem Wiener Schmäh und erdigen Interpretationen großer post-Sixties Blues- und Rock-Klassiker im Wiener Dialekt, darunter seine Versionen von mehreren Songs von Bruce Springsteen, darunter Fire („Feia“) und „Factory“ („Arbeit“) sowie Townes Van Zandts „At my Window“ (Liagn und lochn) und Songs von ZZ Top, Steve Miller oder Frank Zappa. Nach den Aktivitäten als Kurt Ostbahn – als Resetarits diesen „in Pension geschickt“ hatte - war er unter anderem als Mitmusiker von Ernst Molden und Walther Soyka maßgeblich an der Entstehung des modernen Wienerlieds beteiligt.

APA/Herbert Pfarrhofer
Als Kurt Ostbahn zu einem der populärsten Musiker des Landes aufgestiegen, nutzte Willi Resetarits seine Glaubwürdigkeit auch in vermehrter Weise für seine gesellschaftspolitischen Interventionen und seinen Aktivismus für Menschenrechte und Integration. Als Gründungsmitglied von „Asyl in Not“, „SOS Mitmensch“ sowie als Gründer und Ehrenvorsitzender des Integrationshauses Wien war Resetarits einer der humorvollsten und gerade auch deshalb glaubwürdigsten und wortgewaltigsten Sprecher für Integration und würdevollen Umgang mit Flüchtlingen und Minderheiten der zweiten Republik.
Publiziert am 24.04.2022