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Aisha Franz Work-Life-Balance

Aisha Franz/Reprodukt

Aisha Franz’ Comic „Work-Life-Balance“

Anita, Rex und Sandra suchen in der modernen Arbeitswelt ihre Selbstverwirklichung und landen bei einer schrägen Therapeutin. In „Work-Life-Balance“ schaut die Comiczeichnerin Aisha Franz auch in die dunklen Ecken der Großraumbüros.

von Zita Bereuter

Work-Life-Balance - das Arbeits- und Privatleben miteinander in Einklang bringen. Für manche das Ziel für ein ausgeglichenes Leben, das es anzustreben gilt. Für andere ein Schlagwort, das Brechreiz auslöst, weil die Arbeit inzwischen immer mehr ins Private eindringt. „Es wird ja von dir erwartet, dass du dich bitte mit deiner Arbeit identifizierst und für die Arbeit lebst und andersherum. Und diese Grenze wird eigentlich ausradiert und gleichzeitig soll man aber die Balance finden zwischen Leben und Arbeit. Das fand ich irgendwie sehr interessant“, erklärt Aisha Franz ihren Zugang.

Aisha Franz Work-Life-Balance

Aisha Franz/Reprodukt

Die Protagonist*innen in ihrem neuen Comic sind von einer ausgeglichenen Work-Life-Balance jedenfalls weit entfernt. Anita, Sandra und Rex heißen die drei Unglücklichen. Anita ist eigentlich Bildhauerin, fertigt aber Gebrauchskeramik, die sie auf Etsy verkauft.

Sandra arbeitet in einem Start-Up als „Graduate Database Strategist“, weiß selbst nicht genau, was sie dort tut oder tun soll und versucht sich als Influencerin.

Rex ist Programmierer, wird aber von dem Start-Up betrogen und muss weiterhin ohne Geld prekär als Fahrradbote Essen austragen. Alle drei könnte man von irgendwoher kennen. Die Figuren bestehen aus persönlichen Ängsten und vielen Fragen, die sich auch Aisha Franz stellt. Gleichzeitig verbindet sie das mit Geschichten und Anekdoten, die sie aus ihrem Umfeld oder den Medien erfährt.

Aisha Franz Work-Life-Balance

Aisha Franz/Reprodukt

Was alle drei gemein haben: Sie sind unzufrieden, sie wollen sich selbst verwirklichen und sie enden bei derselben Therapeutin - Dr. Sharifi. Die wiederum interessiert sich gar nicht für ihre Klient*innen, stellt so gut wie keine Fragen, verteilt großzügig Pillen und sitzt einfach ihre Zeit ab. Mit dieser klaren Distanzierung von Arbeit und Leben wollte Aisha Franz einen extremen Gegenpol aufstellen.

Sympathisch muss das nicht sein. Sympathisch ist keine der Figuren. Auch das ist Aisha Franz wichtig. „Ich suche bei der Entwicklung von einer Geschichte oder einer Figur immer nach so einem Abgrund oder irgendwas, was nicht so ganz stimmig ist. Und daran hantle ich mich dann so entlang.“ Um dieses Abgründige erträglicher zu machen, zeichnet Aisha Franz cartoonartige Figuren mit großen Augen und Pausbacken. Diese Gegensätze in der Form machen ihr Spaß. „Ich habe das schon von Anfang an in meiner Arbeit sehr, sehr niedlich, kindlich gezeichnet und dann vielleicht auch teilweise sehr abtrünnige Themen verwendet. Und ich mag diesen Kontrast total.“

Aisha Franz Work-Life-Balance

Reprodukt

„Work-Life-Balance“ von Aisha Franz ist bei Reprodukt erschienen. Leseprobe

Aisha Franz liest am 10. Mai im Rahmen der Vienna Comix Week in der Hauptbücherei am Gürtel in Wien.

Und die Work-Life-Balance von Aisha Franz? Lange hat sie sich in dem Zitat einer Zeichnerin wieder gefunden, die meinte: Ich fange an zu arbeiten, wenn ich morgens meine Augen öffne. „Ich fand das früher toll, weil da habe ich mich total drin gesehen. Genau das bin ich. Ich identifiziere mich mit allem. Alles ist bei mir irgendwie Teil meiner Arbeit. Und heutzutage denke ich mir so: Oh Gott, um Himmels willen, auf keinen Fall. Ich will nicht anfangen zu arbeiten, wenn ich meine Augen öffne. Also heute brauche ich auf jeden Fall diese Grenze und diese Abgrenzung von Arbeit und Freizeit.“

Gerade, wenn man das Hobby zum Beruf gemacht hat, seien diese Grenzen oft viel zu schwammig. „Also das ist auch vielen nicht bewusst, dass es auch in kreativen Berufen oder bei Künstlerinnen und Künstlern, sehr viel Burnout gibt.“ Man assoziiere das meist mit stressigen Managerjobs. „Aber tatsächlich ist immer kreativ sein auch sehr anstrengend.“

Umso wichtiger also die gute Work-Live-Balance. Wie auch immer man die definiert.

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