FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Die Wilde Liga

Die Wilde Liga / FM4

5 Jahre wilder Fußball

Die Wilde Liga Wien feiert Geburtstag. Seit fünf Jahren schon wird in der Hauptstadt ohne Leistungsdruck und strenge Regeln, dafür mit inklusivem Ansatz gekickt. Jede*r ist hier willkommen. Ein Besuch am vergangenen Spieltag.

von Xaver Stockinger

Es ist ein buntes, heiteres Stimmengewimmel - tiefe, helle, junge, ältere Stimmen -, denen ich hinter den dichten Hecken des Wiener Augartens nachspüre. Schließlich finde ich jene Wiese, auf der sich auch an diesem Samstag die Kicker*innen der Wilden Liga getroffen haben. Seit Mittag wird hier schon gespielt. Die Spielfelder sind mit Hütchen markiert, die Tore teilweise mit Plastikstangen improvisiert und die Teams, die sind bunt gemixt.

Die Wilde Liga

Die Wilde Liga / FM4

Die Wilde Liga Wien feiert ihren 5. Geburtstag. Am Freitag, 6.Mai 2022 im SchloR, 1110 Wien. Am Programm stehen Diskussionen, Konzerte und Auflegereien.

Am Spielfeldrand treffe ich Daniel Harrasser. Der AHS-Lehrer und leidenschaftliche Hobbykicker hat 2017 das basisdemokratische Kollektiv der Wilden Liga Wien ins Leben gerufen. Ausgangspunkt war die eigene Unzufriedenheit über die Amateurliga-Landschaft: Leistungsdruck, Männerdominanz samt Macho-Gehabe und die oft hohen Mitgliedsbeiträge haben den gebürtigen Südtiroler dazu bewogen, die alternative Liga zu starten. „Man braucht zum Kicken nicht viel. Man braucht Leute, einen Ort, an dem man spielt und einen Ball. Wieso sollen sich also nicht Menschen zusammenschließen und eine Fußballliga gründen, so wie sie sie gerne hätten? Ein Fußballprojekt, bei dem es möglichst keine finanziellen und sozialen Hürden gibt“, so Daniel Harrasser über den Grundgedanken.

Vorbilder für das Projekt fanden sich in Italien und Deutschland, wo bereits seit längerer Zeit in alternativen Fußballligen gekickt wird. „Il vero calcio lo giochiamo noi“ – „Den wahren Fußball spielen wir“, steht etwa auf einem Transparent der Wilden Liga Wien, in Anlehnung auf die autonome und selbstorganisierte Fußballbewegung des „Calcio popolare“ in Italien.

Die Wilde Liga

Die Wilde Liga / FM4

Die Wilde Liga

Die Wilde Liga / FM4

Wilde-Liga-Initiator Daniel Harrasser

Die Idee zur Wilden Liga Wien fand rasch Anklang. Mehrere Wiener Fußball-Teams bekundeten ihr Interesse, darunter feministische Fußballvereine, Wohnungslosenfußballvereine oder Fußball-interessierte Initiativen für Geflüchtete. In einem Manifest hielt man wichtige Eckpunkte der Liga fest. Strenge Verbandsreglements, wie die offiziellen Regeln des ÖFB wollte man nicht übernehmen, die Spielregeln in der wilden Liga sollen von den Teams und Spieler*innen selbst gestaltet werden.

Ein Kicker im Augarten erklärt mir, wie das geht: „Wir machen uns vor dem Spiel aus, wie lange wir spielen, ob wir mit oder ohne Grätschen spielen, etc. Sollten wir etwas vergessen haben, dann entscheiden wir das während des Spiels.“ Auch auf Schiris wird in der Wilden Liga verzichtet. Während dem Spiel auftauchende Konflikte werden von den Teams gemeinsam gelöst. „Man spielt eben nicht gegeneinander, sondern miteinander in der Wilden Liga“, erklärt Initiator Daniel Harrasser.

Die Wilde Liga

Die Wilde Liga / FM4

Equality & Diversity auf dem Fußballplatz

Weiteres Hauptanliegen der Wilden Liga seit ihrer Gründung sind die Themen Gleichberechtigung und Diversität. Jede Person, ungeachtet von Gender, sexueller Orientierung, Religion oder Herkunft soll in der Wilden Liga die Möglichkeit haben, Fußball zu spielen, ohne sich fehl am Platz zu fühlen. Entschlossen hat man sich 2017 auf die Fahnen geschrieben, mit der traditionellen Männerdominanz im Fußball brechen zu wollen.

„In dieser Hinsicht kann sich die Wilde Liga schon sehen lassen, allerdings ist es ein Prozess, der auf jeden Fall noch weitergehen muss“, meint Daniel Harrasser selbstkritisch. Zwar seien in den letzten fünf Jahren vermehrt FLINTA*-Personen (FLINTA* steht für Frauen, Lesben, Inter, Non-Binary, Trans und agender* und bezeichnet jene Personengruppe, die nicht cis männlich ist) zur Wilden Liga dazugekommen, jedoch gebe es in den aktuell 13 teilnehmenden Teams noch immer einen starken Überhang an cis-Männern, wodurch eine gewisse Hemmschwelle für FLINTA*-Personen, bei der Wilden Liga mitzukicken, bestehen bleibt.

Die Wilde Liga

Die Wilde Liga / FM4

Pläne, die Wilde Liga Wien auf ganz Österreich auszudehnen, gebe es aktuell zwar nicht, sollten sich jedoch Initiativen bilden, die ähnliche Ligen in anderen Teilen des Landes etablieren wollen, dann würde die Wilde Liga Wien mit Tipps und Erfahrungswerten zur Seite stehen. „Es wäre sehr schön, wenn das Projekt Schule macht und in anderen Bundesländern die Initiative ergriffen wird. Ich bin mir sicher, dass sich viele Leute sehr darüber freuen würden“, so Daniel Harrasser.

Wer bei der Wilden Liga Wien mitkicken möchte, kommt am besten einfach an einem Spieltag im Augarten vorbei. Mehr Infos zum Spielbetrieb und zur Wilden Liga gibt`s auf der Wilden Liga Website.

Ich frage den Gründer der Wilden Liga Wien zum Abschluss, nach einem Geburtstagswunsch zum 5-jährigen Jubiläum. „Dass das Projekt nicht stirbt“, antwortet er ohne zu zögern. Die Sorge, die Wilde Liga könnte ein jähes Ende finden, hatte man speziell während der letzten beiden Corona-Jahre des Öfteren. Umso schöner sei es nun zu sehen, mit welcher Motivation und Euphorie seit den letzten paar Spieltagen wieder im Augarten bunt und wild gekickt wird.

Die Wilde Liga

Die Wilde Liga / FM4

mehr Sport:

Aktuell: