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Lily Konigsberg/My Idea: DIY-Pop aus New York

OK Mc Causland

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Lily Konigsberg und Nate Amos sind My Idea

Die New Yorkerin Lily Konigsberg macht mit diversen musikalischen Projekten cleveren, bittersüßen, ohrwurmigen DIY-Pop - beinflusst von Indie-Folk, Riot-Grrl-Punk, Avantgarde, Elliott Smith, Drake oder Ariana Grande. Zusammen mit dem Musiker Nate Amos bildet sie das Duo My Idea, das einen Plattenvertrag beim Sub-Pop-Label in Seattle gelandet hat.

von Eva Umbauer

Lily Konigsberg ist früh aufgestanden, es ist Vormittag an einem späten Apriltag in New York. Es hat gerade etwas geschneit, erzählt sie, das war hübsch anzusehen, aber insgesamt wollte Lily den Winter nun wirklich fortjagen aus New York, denn er war schon ziemlich lang, und sie sehnt den Frühling herbei. Klar, sinniert sie, in Kalifornien wäre das mit dem Wetter besser, aber letztlich auch wieder nicht, denn Lily mag die Jahreszeiten, und in Kalifornien wären ihr diese zu wenig stark ausgeprägt, und außerdem meint sie, hat sie an der Westküste keine Kontakte, während sie in New York recht gut vernetzt ist.

In Kalifornien hat Lily Konigsberg keine Verbindungen, weiter oben an der US-Westküste, in Seattle, Washington, aber schon. Das legendäre Plattenlabel Sub Pop - Grunge und Nirvana wurden dort entdeckt - hat Lily Konigsberg mit ihrem Bandprojekt My Idea unter Vertrag genommen - für das Tochter-Label Hardly Art, das vor allem Newcomer*innen präsentiert. Ihr cleverer, frecher, aber auch deeper und melancholischer Art-Pop hat es den Sub-Pop-Menschen angetan. Vielleicht hat ja auch geholfen, dass Lily alle Songs des US-Musikers Elliott Smith in- und auswendig kennt und deshalb sein Geist immer irgendwo in ihren Songs steckt.

Lily Konigsberg erzählt im FM4-Interview, dass sie elf Jahre alt war, als ihr Vater im Auto wirklich oft die Musik von Elliott Smith gehört hat, jenem tragischen US-Songwriter, der 2003 durch ungeklärte Umstände ums Leben gekommen ist. Elliott Smiths drittes Album, das 1997 erschienene „Either/Or“, hatte den US-Filmregisseur Gus Van Sant auf ihn aufmerksam gemacht. Der Musiker steuerte dann einige Songs zum Film „Good Will Hunting“ bei und mit „Miss Misery“ wurde Elliott Smith schließlich für einen Oscar nominiert. Der Vater von Lily Konigsberg liebt die Songs von Elliott Smith und hat diese Liebe an seine Tochter weitergegeben. Es war schon recht heftig, als Kind diese Musik kennenzulernen, erinnert sich Lily - diese Songs über Drogen und Suizid.

Heute hört Lily Konigsberg meist etwas Anderes: „Fun music“, sagt sie, mit tollen Beats - Pop von Ariana Grande über Drake bis zu Kanye West, auch wenn ihr Letzterer gar nicht so viel Spaß macht, weil er einfach „komplett verrückt“ sei. Manchmal läuft via Radio auch klassische Musik. Aber so viel hört sie insgesamt gar nicht, sondern ist selbst ständig dabei, Musik zu erschaffen. Obwohl, jetzt hat sie schon zwei Monate lang keinen Song mehr geschrieben, wie Lily Konigsberg im FM4-Interview beklagt. Für gewöhnlich schüttelt sie die Songs ja aus dem Ärmel - für Palberta, ihre avantgardistische Riot-Grrl-Band, oder für Lily And Horn Horse, für Solo-Platten oder zuletzt für ihr Duo My Idea, das soeben - nach einem Minialbum letztes Jahr - sein Debütalbum veröffentlicht hat.

Lily Konigsberg/My Idea: DIY-Pop aus New York

OK Mc Causland

„Cry Mfer“ von My Idea ist bei Hardly Art/Sub Pop erschienen.

My Idea nennen ihr Album „Cry Mfer“. Diese vier Buchstaben stehen für „motherfucker“. Humor, Humor, meint Lily, denn ohne Humor könnte sie nicht durch das Leben kommen; vor allem die Zeit während der Corona-Lockdowns hat sie schwierig gefunden. Als „Cry Mfer“ entstanden ist, war auch recht viel Alkohol im Spiel - zuviel, sagt Lily Konigsberg. Sie und ihr lieber Freund und My-Idea-Partner Nate Amos gerieten einander sogar manchmal fast an die Gurgel. Genug war genug, beide hörten mit dem Alkoholkonsum auf.

Wenn man das alles nicht weiß, man hört es nicht wirklich auf „Cry Mfer“, oder doch? Man „riecht“ das Chaos hin und wieder ein wenig. Insgesamt ist „Cry Mfer“ eine faszinierende kleine große DIY-Pop-Platte geworden, mit vielen Spielereien und ohne Genregrenzen. Ein Track auf „Cry Mfer“ heißt „Popstar“. Ein großer Traum von Lily Konigsberg ist es, einmal vielleicht Songschreiberin für Popstars zu sein. Das Talent dazu hätte sie auf jeden Fall, aber die Connections, die man dazu braucht, (noch) nicht, lacht sie, die einen Uni-Abschluss in Electronic Music hat.

„I´m sorry about this stuff, but it doesn´t really matter that much"
("Crutch“, My Idea)

Lily Konigsberg ist eigentlich immer in Brooklyn zuhause gewesen, in der Park Slope Gegend, wo die für New York typischen Brownstone-Häuser besonders schön sind, aber jetzt verbringt sie viel Zeit außerhalb von New York, im ebenso schönen Hudson Valley, wo sie seit der Pandemie zum Teil auch wieder mit ihren Eltern lebt. Ihre Mutter ist Grafikerin und betreibt ein Geschäft, ihr Vater ist Maler. Die Eltern unterstützten Lilys Musikbegeisterung stets, auch dass sie - im Gegensatz zu ihnen selbst - schon als Kind Musik machen wollte.

Lily Konigsberg/My Idea: DIY-Pop aus New York

OK Mc Causland

Lilys My-Idea-Partner Nate Amos stammt aus dem beschaulichen Neuenglandstaat Vermont, spielte mit seiner Familie traditionelle Bluegrass-Country-Music, studierte in Chicago und betreibt das Electronic-Music-Duo Water From Your Eyes. Lily und Amos ergänzen einander perfekt, sagen oft sogar einen Satz zu Ende, den der oder die jeweils andere anfing. Eigentlich hätte Nate ein Lily-Album produzieren sollen, aber dann gründeten die beiden My Idea, wollten, wie Nate Amos sagt, ein Songwriting-Duo sein „who seem to have their own language that other people don’t quite understand“. Aber es ging raus aus dem Schneckenhaus für die beiden, denn diese Songs sollten auch auf andere überspringen - da kommt wieder Lilys Faszination für Pop-Appeal ins Spiel. Ein Manager war gefunden, und der trug „Cry Mfer“ direkt zu Sub Pop.

Im Song „Lily´s Phone“ geht es um, ah, Lilys Telefon. Lily Konigsberg mag das Telefon. Manchmal telefoniert sie mit vier Leuten pro Tag. Schreibend kommunizieren mag Lily nicht so gerne, denn da kann es zu Missverständnissen kommen, man interpretiert oft Dinge hinein in geschriebene Worte, die gar nicht da sind. Außerdem liebt Lily Konigsberg am Telefonieren, dass man die Stimme des anderen Menschen hört:

„‚Lily’s Phone‘ was created in layers. I had made a voicemail with my friends announcing that this was, in fact, my phone, and that you should call me back. Nate heard this and made a track loosely based on the melody of the voicemail, except now the phone belonged to our friend’s dog who was trying to sell Nate drugs. I believe this is an actual dream Nate had. The final version of the song is literally about how I enjoy talking on the phone, which most people my age would not agree with. The rest of the song is made up of abstract facts about me and things going on around me, which is how I was writing at that time. It’s made up of catchy phrasing, swirls of words, and quickly changing topics because that’s where my brain was at at that time.“

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