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070 Shake

Eddie Mandell

Der Song zum Sonntag: 070 Shake - „Web“

Was ist deine Lieblingsblume? 070 Shake kündigt ihr neues Album an und veröffentlicht „Web“, ihre Dopamin-Serenade.

Von Christoph Sepin

Manchmal sind sich Menschen physisch ganz nah, aber im Kopf ganz weit voneinander entfernt. Dann wieder in anderen Ländern, aber trotzdem eng miteinander verbunden. Closeness ist eins unserer großen Themen im Jahr 2022, nicht zuletzt aufgrund der unausprechlichen letzten Jahre des Distanzhaltens. Wir reden viel darüber, was das jetzt ist, Nähe, Intimität, Solidarität, Verbundenheit. Wir reden wohl so viel darüber, weil wir keine zufriedenstellende Antwort finden.

Ein paar Sachen kann man aber zumindest fix sagen: „One thing’s for certain“, eins ist klar, so Danielle Balbuena alias 070 Shake zu Beginn ihres neuen Songs „Web“: „This thing isn’t working.“ So funktioniert das nicht. Da müssen wir schon da sein, anwesend, verbunden, wie man das auch immer genau nennen soll, in einer Zeit, in der wir alle zwar permanent miteinander connected, aber trotzdem oft sehr allein sind. „Let’s be here in person“, fordert 070 Shake.

Wer den Output der Rapperin bis jetzt verpasst hat, hier eine kleine Zusammenfassung: 070 Shake kommt aus New Jersey, daher auch der Name 070, das ist nämlich die Postleitzahl. Größere Aufmerksamkeit erlangte die Musikerin wohl mit ihrem sehr schönen, sehr basslastigen Kopfhörersong „Morrow“, dann gibt’s da noch so wunderbar-melancholische Skizzen wie „Guilty Conscience“ oder die Nirvana-Hommage „The Pines“. Zu finden gab es das alles auf dem hervorragenden Album „Modus Vivendi“ aus dem Jahr 2020.

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  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Und jetzt ein neues Album: „You Can’t Kill Me“ wird Platte Nummer 2 von 070 Shake heißen und in knapp einem Monat, am 3. Juni, auf Kanyes GOOD Music und Def Jam erscheinen. Musik, die man manchmal Emo-Rap nennen will, manchmal Downbeat-Pop oder einfach als Soundtrack schlafloser, nachdenklicher Nächte beschreiben möchte, wird es auch auf dem neuen Album von Danielle Balbuena zu finden geben. Hier zum Beispiel schon einmal „Web“.

Zwei Minuten dauert der Track, der sich wie Ideenfragmente präsentiert. Gedanken aufs Papier oder in die Notizbuch-App hineingefetzt, mit dem Handybildschirm als Nachtlicht, die man dann am nächsten Tag anschaut und gar nicht mehr weiß, was das alles bedeuten soll. Zeiten, die sich anfühlen wie Aneinanderreihungen unzusammenhängender Momente, sind gutes Zuhause für Songs, die zwischen den Gedanken hin- und herzischen.

Da gibt’s die Überlegungen über Intimität, wenn 070 Shake über zwischenmenschliche Beziehungen singt: „I’m not getting through to you“ und „I wanna get through to you“. Wieso ist das so schwer, sich aufeinander einzulassen? „Games that we play, don’t correlate with the things that we say“, ist eine Zeile, die sollten wir alle verstehen können, weil wir das alle schon irgendwie erfahren haben. Alles verwirrend in dieser Welt der Emotionen, alles vollgepumpt mit Hormonen: „Dopamine, serenade“, singt 070 Shake und beschreibt damit ihren Song schon perfekt in zwei simplen Worten. Das ist „Web“.

Damit das alles nicht zu arg wird, hüllt sich das Lied in wärmste Echos und Nebelfelder. Und lässt Platz für simple Fragen: „What is your favorite flower?“, fragt 070 Shake im Hintergrund im Loop, „I wanna know“. Weil wenn wir in unseren komplexen Überlegungen keine Antworten finden, dann sollten wir sie vielleicht in den simplen suchen. „I think we should start here“, wiederholt 070 Shake zum Finale ihres Songs. Und hat recht.

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