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Aktueller Musiktitel:

Casper

Nikolaus Ostermann

Casper spielt im Rahmen seiner Club-Tour in Wien

Der Albumtitel ist hier Programm: Alles war (SOO!) schön und nichts tat weh

Von Susi Ondrušová

Der erfolgreiche deutsche Emo-Rapper Casper ist mit seiner 6-köpfigen Band auf kleiner Warmup-Tour durch eigentlich viel zu kleine Locations. Ein großes Geschenk für die Fans und eine gute Aufwärmübung für alles was 2022 noch kommen wird. Nämlich die große Hallen-Tour im Winter und der Festivalsommer!

Die Simm City gehört zu den unterschätztesten Venues Wiens. Der „Festsaal Zentrum Simmering“ wie die Simm City heißt, liegt im ersten Stock von einem in den 80ern errichteten Einkaufszentrum. Ja, Shopping Mall. Für manche ein Triggerwort, ähnlich wie Mehrzweckhalle.

Ist es eine durch die 2-jährige Corona-Konzertpause bedingte Genügsamkeit, die das Herz für diesen Ort höherschlagen lässt? Es gibt nichts zu meckern. Was braucht man, was will man? Eine Bühne, eine Anlage. Im Idealfal eine weite Bühne mit einem quadratischen Bühnenraum, wo sich Menschen zwischen erster Reihe, Barnähe-Mitte oder letzter Reihe beim Fluchtweg platzieren können.

Mit einer Kapazität von 800 Personen ist die Simm City eigentlich viel zu klein für den Chartstürmer Casper, der im Februar sein lang erwartetes fünftes Album veröffentlicht hat und heuer im Festivalsommer zum Beispiel auf dem Szene Open Air und am 6. Dezember im Gasometer in Wien auftreten wird.

„Alles war schön und nichts tat weh“ ist das erwachsene Album von Casper. Während man bei der Anfahrt zum Konzert Shuffle-Sei-Dank daran erinnert wird, dass eine Band wie die Antilopen Gang schon Anfang 30 davon gerappt hat, schwuppdiwupp „wie ein ganz verwirrter Mann Anfang 40“ im Club zu stehen und „zur größten Blamage der Tanzfläche“ zu werden, ist es bei Casper schon immer ein bisschen ernster, nachdenklicher, reflektierter gewesen. Seine „eigene Verletzlichkeit“ nach Außen tragen und eben keinen Gag hintennach zu schmeißen, sondern ein lautstarkes „DAS BIN ICH“, das ist die Erfolgsformel mit der Casper 2011 schon auf seinem Debüt-Album XOXO überzeugt hat und noch immer überzeugt. Das könnte man an den Chartsplatzierungen seiner Alben ablesen.

Die eigentliche Erfolgs-Währung ist allerdings das „Ausverkauft! Keine Abendkassa!“ Schild und die Dichte an Fan-Uniformen. Das Konzert-Publikum trägt Casper-Shirts aus allen Album-Epochen. Von den Anfangstagen, die verwaschenen FM4 Frequency Shirts, wo Casper immer wieder zu Gast war, bis zur Shirt-Kollektion zum aktuellen Album. Über sein aktuelles Album meinte Casper im FM4 Interview: „Das ist die erste Platte, wo ich mich und meine Arbeit mit allem Unperfekten, allen Fehlern und Eigenarten akzeptieren kann und ich mich nicht mehr drauf konzentriere, meine Schwächen zu verstecken, sondern auf meine Stärken vertraue.“

Casper Live

  • Am 5.August spielt Casper auf dem Szene Openair Lustenau.
  • Am 6.Dezember spielt Casper im Gasometer Wien

Es ist wie Weihnachten und Geburtstag in einem, ein besonderer Feiertag eben an einem Dienstag ein Konzert zu besuchen, dass nicht nur lange vorher angekündigt, sondern auch sehr schnell ausverkauft war. Wer hier ist, ist nicht zufällig hier, weil man „das eine Lied“ aus dem Radio kennt. Wer eine Club-Tour in eigentlich viel zu kleinen Locations spielt, macht das für die Fans und für die Band. Nach zwei Jahren Live-Konzert-Pause ein verständlicher Move, sich sanft wieder in die Nähe der Fan-Armee zu bewegen. Casper hat vielleicht weniger Platz für Tanzbewegungen, aber ein eben überschaubareres Publikum vor sich, das ihm viel näher ist als es auf den großen Konzerten sein wird.

Die Enge auf der Bühne rückt dann auch unweigerlich die Live-Band mehr ins Zentrum: mit sechs Musiker*innen teilt sich der Rapper seinen Arbeitsplatz („IST DAS EIN CELLO??!!“) und spielt sich an diesem Abend durch sein Best-Of-Programm. Ein ansteckendes Euphorie-Feuerwerk das die Band hier mühelos entfacht. Casper braucht nur einmal den Arm in die Höhe heben und die Menge singt die Songzeilen weiter und zwar durchgehend. Einzige Ausnahme vielleicht die ruhigeren Lieder wie „Fabian“. Hier gibt es als Mitsing-Ersatz die klassische Balladen-Übung des Hände von rechts nach links Schwenkens.

Ein Konzert-Klassiker sind auch die kollektiven „ooohheeehhoooh“ Rufe (hier aus dem Hinterland) mit dem die Besucher*innen die Band für die Zugaben wieder auf die Bühne zurücklocken. Mit „Jambalaya“ ist das letzte Wort gesprochen nämlich „Prost, es wird nie mehr so wie früher“ (dicht gefolgt von den „ooohheeehhoooh“ Rufen) aber über allem steht dieser prophetische simple Albumtitel und der Titelsong mit dem Casper und seine Fans das Jahr 2022 verbringen dürfen: Alles war schön! Und nichts tat weh!

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