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Obongjayar - Some nights I dream of doors

Obongjayar

Tür auf für Obongjayar

Eine der besten Nummer des letzten Jahres ist „Point and Kill“ von Little Simz und Obongjayar. Jetzt ist sein Debüt „Some Nights I Dream of Doors“ erschienen. Es war ein langer Weg zu diesem Meisterwerk.

Von Natalie Brunner

Der britisch-nigerianische Rapper und Sänger Steven Umoh hat seit 2016 drei EPs und einige Kollaborationen mit Künstler*innen wie Little Simz, Pa Salieu und Danny Brown veröffentlicht. Auf „Some Nights I Dream of Doors“ widmet er sich der Selbsterforschung und Verarbeitung. Er lotet Traumata, Machismen und Wünsche aus. Obongjayar switch genauso mühelos vom Privaten zum Politischen wie von filigranem Pop in der Tradition von James Blake zu Afrobeat, Hip Hop und Soul.

Obongjayars Album „Some nights I dream of Doors“ ist so dicht und emotional intensiv, dass man beim Hören das Gefühl hat, es werden Erlebnis und Emotionen aus mehr als nur einem Leben verarbeitet. „Ich habe ein heftiges Leben gelebt. Das Album ist fast so etwas wie eine Therapiesitzung mit mir selbst. Musik ist der Raum, in dem ich ehrlich zu mir selbst sein kann“, lacht Obongjayar, wenn man ihm diese Mischung aus Kompliment und Behauptung mitteilt.

Obongjayars unverwechselbare Stimme, die von gutturalen Tiefen bis zu einem glitzernden Falsett reicht, ist das Werkzeug, mit dem er seine weitreichende Klangvision formt und die verschiedenen Versionen seines Ichs miteinander Kommunizieren lässt.

Obongjayar ist in Nigeria geboren und ist mit seinen Geschwistern bei seiner Oma aufgewachsen, weil seine Mutter vor gewalttätigen Auswüchsen des Patriachats flüchten musste.

Mit 17 wurde er dann wieder mit ihr in London vereint. Wer Obongjayars Familie kennenlernen will, kann sich das Video zu der Nummer „I wish ist was me“ ansehen. Er singt sie seiner Mama und seinen Geschwistern zuhause im Wohnzimmer vor. Es passiert sonst gar nichts: Obongjayar sitzt auf dem Teppichboden, die Familie auf der Couch. Am Ende der Nummer sind alle - inklusive mir vor dem Bildschirm - den Tränen nahe. So aufrichtig, echt, tief und nachvollziehbar sind die Emotionen die transportiert werden. Obongjayar ist ein Jahrhunderttalent schwärmt die britische Musikpresse und ich stimme trotz meiner Abneigung gegen Superlative zu.

Obongjayar hat lange gebraucht, um sein Debütalbum zu veröffentlichen. Die Idee, die sich durch „„Some nights I dream of Doors“ zieht lautet, dass jeder Moment unserer Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart miteinander verknüpft ist und die verschiedenen Versionen unseres Selbst in permanenten Austausch miteinander stehen.

Im Song „Try“ adressieren sich Obongjayrs Ichs aus verschiedenen Phasen seines Lebens direkt, und sie wenden sich auch uns: Ermutigen uns, nicht stehen zu bleiben und den Beton, der uns ins Gesicht geworfen wird, trocknen zu lassen, sodass wir nicht mehr lächeln können.

Wer das ist, der Menschen Beton ins Gesicht schleudert, sodass sie nicht mehr lächeln können, das formuliert Obongjayar in der Nummer „Parasite“ deutlich:

This real thing
We’re going through it everyday
The pain you don’t see
It don’t mean it don’t exist

Obongjayar - Some nights I dream of doors

Obongjayar

„Some nights I dream of doors“ von Obongjayar ist am 13.5.2022 bei September Recordings erschienen.

„Parasite“ handelt davon, was Politik und Bürokratie in UK den Menschen, die hier ankommen, antut, erklärt Obongjayar „’Parasite’ ist ein Song, der sich spezifisch um die Zustände in Europa und UK dreht und darum, wie entrechtete Menschen von den Regierungen, die aus meist sehr privilegierten Menschen zusammengesetzt sind, behandelt werden. Diese Menschen haben keine Vorstellung davon, durch was ich und viele andere jeden Tag gehen. Sie haben nicht die geringste Idee was das bedeutet, wie sich das anfühlt, aber sie haben all diese Bullshit Ratschläge für mich, wie ich leben so und wie ich meine Situation verbessern kann.“

Das Ich auf „Some Nights I Dream of Doors“ hat viele musikalische Facetten und Stimmen. Es betrachtet Situationen aus unterschiedlichen Blickwinkeln, um ein wenig besser zu verstehen, was hinter den die Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart verbindenden Türen liegt.

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