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Sunflower Bean

Driely S

Sunflower Bean werden musikalisch noch vielfältiger!

Die New Yorker Band Sunflower Bean veröffentlichte das bereits dritte Album: „Headful Of Sugar“. Julia Cumming, Nick Kivlen und Olive Faber erzählen nun eine noch tiefere, reichhaltigere und musikalisch vielfältigere Story.

von Eva Umbauer

Die neuen Songs von Sunflower Bean hatten viel Zeit, sich zu entwickeln, jedenfalls mehr als die der ersten beiden Platten. Die Pandemie wütete gerade in New York, der Heimatstadt von Sunflower Bean, und Julia, Nick und Olive tüftelten an neuen Songs, allein schon, um nicht verrückt zu werden. Zuerst jede und jeder für sich alleine, dann endlich miteinander, im bandeigenen Studio auf Long Island, der ausgedehnten und dichtbesiedelten Insel, die sich von New York City aus Richtung Osten erstreckt. Von dort, Long Island, kommen Nick Kevlen und Olive Faber ursprünglich, während Julia Cumming in New York geboren wurde und dort auch aufgewachsen ist.

Sunflower Bean

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„Headful Of Sugar“ von Sunflower Bean ist bei Mom + Pop/Lucky Number erschienen.

Gitarrist Nick Kevlen und Drummerin Olive Faber sind seit ihrer Kindheit befreundet. Zusammen mit der charismatischen Julia Cumming begannen die beiden dann Sunflower Bean zu sein. Nick liebte Sonnenblumenkerne und Olive Kaffeebohnen, so entstand der Bandname Sunflower Bean. Wenn du mit jemandem eine Band gründest, kann das nur jemand sein, der oder die das genauso leidenschaftlich angeht wie du, sagt Julia Cumming im FM4-Interview.

Man muss Opfer bringen, wenn es finanziell hart wird, oder stark sein, wenn das Touren auf Körper und Geist geht. Diese drei Menschen wussten, es würde passen und man würde immer zusammenstehen. Und das taten Sunflower Bean auch als Drummerin Olive während der Zeit der Corona-Pandemie erkannte, dass sie transsexuell ist.

Olive ist auch eine talentierte Tontechnikerin und trug viel zur Produktion des neuen Albums von Sunflower Bean bei. Den Rest erledigte der US-Musiker und Producer Jacob Portrait, der etwa auch bei der neuseeländischen Band Unknown Mortal Orchestra spielt.

„Headful Of Sugar“ ist vielfältiger und experimenteller als der bisherige Sound von Sunflower Bean. Es gibt percussive Loops, eine kristallklare Gitarre, einen tollkühnen Bass und vielschichtige Keyboards und Synths. „Post Love“ ist Disco-Pop, der Albumtitelsong „Headful Of Sugar“ ein polternder R&B-Track mit heulenden Gitarren oder „I Don´t Have Control Sometimes“ ist Powerpop voller Energie.

Auf letzterem Track schwelgt Julia Cumming in einer Phase der Rücksichtslosigkeit und Instabilität, die sie an die Bruchstelle brachte, die dieses neue Album so stark macht. „I Don’t Have Control Sometimes“ ist ein schriller, heller Popsong, der fast ein wenig an The Cure erinnert, selbstbewusst in seiner Weigerung, sich zu entschuldigen. „I don’t care what tomorrow thinks, today I’m totally mine,“ singt Julia Cumming, und ihre schillernde Stimme vermittelt einen Witz und ein Selbstbewusstsein, das jegliches Leiden verschluckt.

„I’ve always thought that my reckless side was both a gift and a curse, leading me to my best choices on stage but my worst choices in life. I don’t have control sometimes is admission, acceptance, and almost celebration of the parts of yourself that are impulsive or maybe even insane.“ - Julia Cumming, Sunflower Bean

Das melodische „In Flight“ wird von Nick Kivlen gesungen: „Nothing ever changes in this town“, singt er über seinen Long-Island-Heimtort Glen Head. „Life is short and the cliffs are high“ heißt es weiter im Text von diesem Song. Die Klippen sind letztlich die Klippen des Lebens, Hindernisse, die es zu umschiffen gilt. Außerdem ist „In Flight“, wie Sunflower Bean sagen, „a romantic vision of meeting a lover, running away together, and entering a dangerous new world. It’s less safe but also less suffocating.“

Im Song „Otherside“ singt Julia Cumming „my daydreams crumble into dust“ und in „Baby Don´t Cry“ singt sie „the radio in the back it´s playing sad sad songs now, just like when we were kids“. Die neuen Sunflower-Bean-Songs ziehen aber nicht runter sondern spenden Trost. Manchmal sagen sie „Let´s dance! Let´s scream!“ Da zerrinnt dann der Zuckerguss, mit dem Sunflower Bean manche ihrer neuen Songs verziert haben.

„Tomorrow is not promised, no tour is promised, no popularity is promised, no health or money is promised. Why not make what you want to make on your own terms? Why not make a record that makes you want to dance? Why not make a record that makes you want to scream?“ - Julia Cumming, Sunflower Bean

Dass sich etwas auflöst ist ein großes Thema auf „Headful of Sugar“ - eine Beziehung, die alte Identität, Dinge, die nicht mehr zu einem oder für einen passen. Es geht um das Loslassen, was immer es genau ist, das verabschiedet werden soll. „Who Put You Up To This?“ etwa handelt von einer ungesunden, weil toxischen Beziehung. Es gibt aber auch Sozialkommentare, wie etwa „Roll The Dice“, wo es um Geld und Gier geht.

„We wanted to write about the lived experience of late capitalism, how it feels every day, the mundanity of not knowing where every construct is supposed to ultimately lead you. The message is in the title: this is about fast pleasures, the sugar of life, the joy that comes with letting go of everything you thought mattered.“

Sunflower Bean

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Als die Pandemie kam und die Auftritte wegbrachen, dachten Sunflower Bean, die Band würde keine Zukunft mehr haben. Aber dann begannen Julia Cumming, Olive Faber und Nick Kivlen eine tiefere und reichhaltigere Story als bisher zu erzählen. Sie schöpfen dabei ein großes Rock/Pop-Spektrum aus - von noisigen Psychedelic-Klängen über die totale Punk-Energie bis zu melodischer Pop-Sensibilität. Es ist alles da, was Sunflower Bean gut steht. „Headful Of Sugar“ ist insgesamt komplexer als die ersten beiden Alben der Band, und es braucht vielleicht ein klein wenig mehr „Aufwand“ diese Platte zu hören, aber das ist es wert.

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