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Dua Lipa in der Wiener Stadthalle

APA/GEORG HOCHMUTH

Dua Lipa: Die Pop-Party des Jahres

Popstar Dua Lipa gastierte im Rahmen ihrer „Future Nostalgia Tour“ am Montagabend in der restlos ausverkauften Wiener Stadthalle. Warum ihre Musik Generationen verbindet und es im Jahr 2022 in der Popkultur kaum qualitativ hochwertiges Entertainment gibt.

Von Alica Ouschan

Was sich an diesem Montagabend vor der Wiener Stadthalle abspielt, ist bereits zwei Stunden vor Beginn der eigentlichen Show ein wahres Spektakel. Menschenmassen pilgern von allen Seiten auf die Eingänge zu. Ein extravagantes Y2K Outfit jagt das Nächste, Sandalen mit Keilabsatz stehen neben bauchfreien Mesh Tops vor der Konzerthalle, die heute Abend Location einer unfreiwilligen Fashion Show der GenZ zu werden scheint.

„Verkaufen Sie vielleicht Ihr Ticket?“, fragt mich ein Paar im mittleren Alter, das auf mein Kopfschütteln hin enttäuscht weiterfragt. Das Konzert ist bereits seit zwei Jahren restlos ausverkauft. Junge Frauen, die Ticketscammern zum Opfer gefallen sind, brechen in Tränen aus, als der Ticketscanner ein rotes X anzeigt. Keine Chance, die Stadthalle ist schon jetzt zum Bersten voll.

Die 80s Vibes sind real

Drinnen entlädt sich die freudige Anspannung bereits in ausgelassenem Tanzen und fleißigem Anfeuern des Support Acts. Griff - „I’ve been told that means doorhandle in German, so remember my name!“ - kommt musikalisch direkt aus der „Könnte auch Fans von Dua Lipa gefallen“-Ecke und gibt eigene Songs und zum Schluss noch ein Cover von Whitneys „I Wanna Dance With Somebody“ zum Besten. Die 80s Vibes sind real, die Tour heißt ja nicht umsonst „Future Nostalgia Tour“, benannt nach Dua Lipas letztem Album, das sich zwar anhört, als könnte es aus dieser Zeit stammen, aber eben gleichzeitig so futuristisch und modern ist, dass es trotzdem nicht aus der Zeit gefallen scheint.

“Dua is in her dressingroom right now, singing to herself and I just want to make sure she can hear that you’re here”, sagt Griff, die wie Dua Lipa in der Nähe von London aufgewachsen ist, ebenso als Kind migrantischer Eltern. Ihre Aufforderung wird mit lautem Gekreische quittiert - in einer komplett bis ins letzte Eck ausverkauften Stadthalle nach monatelanger Konzertdurststecke zu stehen, ist schon allein ein Erlebnis. Dabei hat die Show noch nicht einmal begonnen.

Körperliche Höchstleistungen auf und vor der Bühne

Als sie endlich losgeht, knallt sie einem mit voller Wucht entgegen. Ein aufwändig produzierter Vorspann wird auf einer riesigen Videowall abgespielt. Dua Lipas Tänzer*innen, ihre Band und Backgroundsänger*innen werden darin vorgestellt - sehr sympathisch, da weiß man gleich, mit wem man es zu tun hat, und sieht die vielen Personen auf der Bühne tatsächlich als solche und nicht bloß als hübsche Requisiten an. Von denen gibt es nämlich auch so schon genug.

Als nach minutenlangem Musikmix endlich der Star des Abends unter tosendem Applaus die Bühne betritt, gekleidet in einen pinkfarbenen Catsuit, geht es erst mal ans Aufwärmen. Wortwörtlich, denn am hinteren Bühnenrand reiht sich Dua Lipa zwischen ihren Tänzer*innen ein und performt eine perfekt synchrone Choreografie an einer Ballettstange. „Let’s get physical!“, lautet das Motto dieser ersten Aerobic-Einlage, dem die begeisterte Menge nur zu gerne nachkommt.

Verschnaufpause gibt es nach diesem ersten Wumms natürlich keine - wie auch, bei einer Musikerin, die ausschließlich große Hits hat? Weiter geht’s mit „New Rules“ und einer eindrucksvollen Regenschirmperformance, die an Rihannas „Umbrella“-Musikvideo aus 2007 erinnert. Eigentlich fühlt sich jeder Song wie ein Musikvideo an oder hätte genauso gut die aufwändige Showeinlage der MTV Music Awards sein können.

A little confetti never killed nobody!

Eine Show von Dua Lipa ist die Crème de la Crème des zeitgenössischen Entertainments und wirft die Frage auf, wann und warum wir beispielsweise in österreichischen Castingshows (Auge in Richtung Starmania) aufgehört haben, die Performances mit Tänzer*innen, Requisiten und Showeffekten aufzupeppen? A little confetti und Luftballons durch den Raum schießen killed nobody! Oder auch: Tänzer in Rollschuhen, die mit Tabletts voller Cocktails mühelos Saltos machen, ist das Unterhaltsamste, was ich seit Langem gesehen habe.

“I’ve been waiting two years to come here and I just wanna say thank you for this energy and for being here”, sagt Dua Lipa. Das letzte Mal war sie 2016 in Wien und zwar nachmittags am Donauinselfest. Nie habe sie gedacht, dass sie nur wenige Jahre später vor so vielen Menschen performen werde. Ihre Bescheidenheit ist beneidenswert, denn das Power House Dua Lipa hat nicht nur eine fantastische Stimme, sondern auch nie enden wollende Ausdauer und ein unglaubliches Tanztalent, das dem ihrer professionellen Tänzer*innen um nichts nachsteht.

Dua Lipa in der Wiener Stadthalle

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Die neue Queen of Pop?

Vielleicht ist es noch ein paar Jährchen zu früh, um sich derart weit aus dem Fenster zu lehnen, trotzdem scheint Dua Lipa mittlerweile locker auf einem Level mit dem zu sein, was Madonna für die Boomer Generation und Britney Spears für die Millennials war. Die GenZ hat eine neue Pop-Ikone und der Abend gebührt nur ihnen - und weil manche von ihnen beim Ticketkauf vor zwei Jahren noch zu jung waren, um alleine auf Konzerte zu gehen, auch ihren Eltern.

Die generationale Durchmischung tut der Stimmung keinen Abbruch, im Gegenteil. Auf dem Screen werden immer wieder die begeistert mitsingenden Fans gezeigt, zu keinem Zeitpunkt ist das Energielevel niedriger als 110%. Herzförmige Discokugeln und glitzernde Stühle sorgen für abwechslungsreiche Choreografien. Natürlich bleibt es außerdem nicht bei einem tollen Outfit, denn während das Publikum heavy Tanzeinlagen zu Mashups aus „Hollaback Girl“ und anderen 2000er Hits abfeiert, hat Dua Lipa Zeit, um sich umzuziehen.

1001 Outfits

Und das macht sie nicht nur einmal. Ihre Outfits (und die Outfits der Tänzer*innen) wechseln von colorblockendem Pink und Rot zum weißen Glitzerbody und casual Cheerleader Outfit und ganz zum Schluss schlüpft sie in einen schwarz-glitzernden Catsuit mit Cut-outs. Jeder Look ist natürlich absolut atemberaubend, unterstreicht den Vibe der Songs und ihre Dancemoves.

Es gibt aber auch einige weirde Momente, die das ein oder andere Fragezeichen hinterlassen. Ein comicartiges Video wird eingeblendet, darin wird Dua Lipa von einem riesigen Hummer entführt, kann ihm aber gerade noch entwischen. Dieser riesige Hummer erscheint kurz darauf hinter ihr auf der Bühne und wippt im Takt der Musik mit. Danach werden die clubbigen Features, die Dua Lipa mit EDM-Größen wie Calvin Harris oder Silk City veröffentlicht hat, ausgepackt. Luftballons werden durch die Halle geschossen, der Beat droppt, komplette Partyeskalation und das an einem Montag.

Dua Lipa in der Wiener Stadthalle

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Wir sollten alle mehr Dua Lipa hören

Ruhige und herzerwärmende Momente gibt es trotzdem, zum Beispiel, als beim Cover von Elton Johns „Cold Heart“ die Regenbogenflagge ausgepackt wird, oder als Dua Lipa alleine im Scheinwerferlicht mit ihrem feministischen Song „Boys will be Boys“ daran erinnert, dass es im Sinne der Bekämpfung einer misogynen Gesellschaft noch einiges zu tun gibt.

Apropos - weil natürlich jedes Mal, wenn sich, egal ob in den 80ern oder heute, eine wahnsinnig talentierte junge Frau auf eine Bühne stellt, mit ihrer eigenen Sexualität und Sexyness spielt, junge Frauen begeistert und auch noch Geld damit verdient, (meist männliche) Stimmen des Widerspruchs laut werden, die ihr Talent leugnen -, irgendwo habe ich mal gelesen: „At this point not being a Dua Lipa fan is just pure misogyny.“ Nach dieser unfassbaren Show, die in bester Erinnerung bleiben und von deren Energie ihr Publikum noch lange zehren wird, kann ich dieses Statement nur unterschreiben. Und allen Menschen, die (noch) keine Fans sind, ans Herz legen, einfach mal mehr Dua Lipa zu hören.

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