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Lorenz Huter

Von Waldschamanen und Geburten auf Festivals

Das Stoabeatz-Festival ist eine Perle in der österreichischen Festivallandschaft. Umgeben von malerischen Bergen, am Ufer des Walchsees bot auch die siebte Ausgabe feine Acts mitten im Tiroler Natur-Idyll - ein Waldschamane und ein Festival-Baby inklusive.

von Xaver Stockinger

Man könnte meinen, die Gründer*innen des Stoabeatz berufen sich mit ihrem Festival-Namen auf jene antike Denkströmung, für die pure Gelassenheit oberste Maxime war – die Stoa. Nicht nur der Name, auch der Vibe am Gelände des Stoabeatz legt eine Verbindung zu den Hardcore-Chillern der griechischen Philosophie nahe: Hier ist nix mit Hudeln - am Ufer des kleinen Walchsees nahe Kufstein findet man ein idyllisches Festival-Paradies, das bei jedem*jeder schon ab der Ankunft Tiefenentspannung weckt. Tatsächlich stammt der Name Stoabeatz aber von der ehemaligen Festival-Location, einem nahegelegenen Steinbruch, von dem man aber wegen der wachsenden Besucher*innenzahl einst ans Walchseeufer gewechselt ist. Rund 4.000 Gäste waren bei der heurigen, siebten Ausgabe mit dabei.

Großes Thema beim Stoabeatz ist seit jeher Regionalität, was sich auch im Line-Up widerspiegelt. Zahlreiche Acts aus Tirol sowie dem benachbarten Bayern haben untertags die zwei Stoabeatz-Bühnen bespielt, bevor abends die Headliner Mavi Phoenix, Leoniden, FIVA und My Ugly Clementine dran waren. Lange in Erinnerung wird der Leoniden-Auftritt vom Donnerstag, dem ersten Festival-Tag bleiben. Die Band aus Kiel feuerte eine starkstromartige, nicht enden wollende Show hin. Sänger Jakob Amr, die personifizierte Koffeintablette tanzte auf der Bühne auf und ab, kletterte auf einen Balkon, um von dort herunter zu singen und hüpfte anschließend ins Publikum, wo er sich unter Hackschnitzeln und tobendem Applaus begraben ließ. Bei FIVA setzte der Regen ein, doch dem Publikum war das egal - es wollte dableiben und der wohl sympathischsten Rapperin auf Erden bei ihrem wortgewaltigen Spektakel beiwohnen. FIVA dankte es den Menschen mit einer Umkehr der Verhältnisse: „Ich bin euer Fan!“.

Eine Waldschamanen-Wanderung als Side-Evet

Neben den Konzerten hatte das Stoabeatz 2022 auch Side-Events im Programm. Grill-Workshops, Yoga am Seeufer, Silent Disco oder aber eine Waldschamanen-Wanderung durch die Tiefen der Tiroler Wälder. Vierzig mehr oder weniger ausgeschlafene, mehr oder weniger verkaterte Festivalbesucher*innen wurden für jene Schamanen-Tour per Boot auf die andere Seite des Walchsees gebracht, wo sie von einem rüstigen, älteren Tiroler mit Filzhut und Druidenstab empfangen wurden: „Hallo, ich bin der Sebastian, der Waldschamane“. Sebastian, der vor seiner Schamanen-Tätigkeit Waldaufseher in der benachbarten Gemeinde war, führte die Teilnehmenden in den folgenden drei Stunden zu mystisch-energetischen Orten im Wald. Er zeigte ihnen, wie die Kraft eines Baumes sein Pendel beeinflusste, erklärte das Baumhoroskop und gab einen Überblick über die unterschiedlichen Energien von Bäumen (die Tanne wirkt beruhigend, depressive Menschen sollten nicht zu lange an ihr lehnen; neben einer Birke zu stehen macht hingegen happy).

Das Stoabeatz hat ein Festival-Baby

Doch die Wanderung mit dem Waldschamanen war am Stoabeatz-Festival nicht die einzige Begegnung mit den Wundern der Natur. Wenige Stunden vor der Wanderung kam es am Festival-Gelände zu einer Frühgeburt. Wochen vor dem geplanten Geburtstermin haben bei einer Festivalbesucherin am Campingplatz spontan die Wehen eingesetzt. Noch bevor der Notarzt am abgelegenen Walchsee eintreffen konnte, war der Spross schon auf der Welt. Festivalleiter Berni Geisler stand die Aufregung und auch die Freude ins Gesicht geschrieben, als er davon erzählte: „Wir freuen uns wahnsinnig, das Stoabeatz-Baby und seine Mama sind wohlauf!“. Was das Baby so plötzlich hinaus in die Welt getrieben hat, kann man nur vermuten. Waren es die elektrisierenden Sounds der Leoniden? Waren es die duftenden Tiroler Kasnockn vom Essens-Stand? Oder hat vielleicht doch Waldschamane Sebastian etwas damit zu tun?

Man mag es kaum glauben, doch es war nicht die erste Geburt auf dem Stoabeatz-Campingplatz. Bereits 2019 wurde dort nämlich – genauso unvorhergesehen – die Band stoaschlag geboren, vier Tiroler, die seither miteinander Musik machen. Ihr Konzert war es auch, das am dritten, letzten Tag nach den fantastischen My Ugly Clementine das Stoabeatz-Festival 2022 abschloss. Spätestens nun, nach drei Tagen auf dem wohl idyllischsten Festival in Österreich dürfte sich bei den Stoabeatz-Besucher*innen eine tiefe Gelassenheit, eine Art Seelenruhe eingestellt haben – womit wir wieder zurück wären bei den alten Denkern der Stoa, war doch jene Seelenruhe für sie die höchste Form des Glücks. Danke Stoabeatz, auf ganz bald!

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