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Drei Aktivistinnen

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kinodoku

Für Freiheit, Gleichheit, Klimaschutz

Drei junge Aktivistinnen auf drei Kontinenten erzählen in der ausgezeichneten Kinodoku „Dear Future Children“ von ihrem Leben und von ihrem Einsatz für Freiheit, soziale Gerechtigkeit und gegen Umweltzerstörung – in Hongkong, Santiago de Chile und Kampala. Der Filmemacher Franz Böhm ist wie die Protagonistinnen Anfang 20.

Von Maria Motter

„From now on, Hongkong’s people are to run Hongkong. That is the promise and that is the unshakeable destiny”, verkündet Chris Patten, der letzte britische Gouverneur Hongkongs am 1. Juli 1997. Damals gab Großbritannien die Kronkolonie an China zurück. Der Hongkonger Bevölkerung wurden Freiheit und Autonomie garantiert. In der Kinodoku „Dear Future Children“ fasst eine junge Frau die Geschichte ihres Landes kurz zusammen, 1997 ist für sie „vor langer Zeit“. Man sieht die Fernsehbilder der Übergabe. Archivbilder der riesigen Demonstrationen in den letzten Jahren sind immer wieder mit dem eigens für „Dear Future Children“ gedrehten Material verwoben. Das trägt zur mitreißenden Dynamik des Films bei.

„Ich bin aus Hongkong, nicht aus China“, erklärt die Anfang 20-Jährige in der Doku. Sie kann sich nur unter einem Pseudonym äußern und berichtet von ihrem Einsatz für die Demokratiebewegung.

Regenschirme in Hongkong bei Demonstrationen. Szene aus der Doku "Dear Future Children".

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Wie eine Demokratiebewegung erstickt wird

Denn Hongkong ist nach der Doktrin „Ein Land, zwei Systeme“ eine Sonderverwaltungszone. Aber schon ein Jahrzehnt nach der Übergabe hielt Patten fest, dass Hongkong nicht die Demokratie habe, die es verdiene. Es werde keine demokratische Entwicklung in einem stabilen Umfeld geben, wenn Peking nicht zurückstehe, warnte Patten 2007.

Auch viele junge Menschen drängen seit den sogenannten Regenschirm-Protesten 2014 auf mehr Selbstbestimmung für Hongkong und damit für sich. 2019 gewinnen die Demonstrationen erneut großen Zuspruch. Die Doku „Dear Future Children“ zeigt auch Polizeigewalt und das Ersticken einer Bewegung für Freiheit und Demokratie.

In den letzten Jahren hat Peking die Redefreiheit in Hongkong massiv eingeschränkt und im Juni 2020 ein drakonisches „Sicherheitsgesetz“ verhängt, dass die Verfolgung aller sich in Hongkong aufhaltenden Menschen legitimiert, die als Gefährdung der Sicherheit eingestuft werden. Die Schilderungen der jungen Frauen sind alarmierend. Der direkte Zugang zeichnet „Dear Future Children“ aus. „Ich denke, Angst ist die größte Waffe, die sie gegen uns haben“, sagt Pepper, die ihren Einsatz für die Demokratiebewegung lang vor ihrer Familie geheim gehalten hat und heute andernorts leben muss.

Zwei junge Hongkonger vor Laptops. Szene aus "Dear Future Children".

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Erschütternd direkt

„Dear Future Children” arbeitet geschickt mit Cliffhangern und wechselt alle paar Minuten den Schauplatz, es geht auch nach Santiago de Chile und nach Kampala, Uganda. Regisseur Franz Böhm führt in seiner Kinodoku vor Augen, welche Rollen Aktivist*innen meistern müssen und was für sie auf dem Spiel steht.

Vor allem aber lässt Böhm drei junge Frauen auf drei Kontinenten selbst berichten. Es geht um Freiheit, Gleichheit und Klimaschutz. Es geht den Aktivistinnen um ein besseres Leben, aber der Filmtitel „Dear Future Children“ ist mehr eine Zusammenfassung der gemeinsamen Anliegen, denn die meiste Zeit hindurch geht es um das Hier und Jetzt, um gegenwärtige, gesellschaftspolitische Zustände und auch um die Bedrohungen, die Aktivist*innen treffen können.

In Santiago de Chile trifft eine junge Aktivistin für soziale Gerechtigkeit die Angehörigen eines jungen Mannes, der bei Protesten ums Leben kam, und eine Frau, die durch die Gummigeschosse der Polizei erblindet ist. Das sind jene Passagen im Film, die ein Grenzgang zwischen Aufklärung und Voyeurismus sind, weil auch die Hinterbliebenen ihre Herzen und die Türe Fremden öffnen.

Chile ist das einzige Land der Welt, in dem Wasser nahezu vollständig privatisiert wurde. „Bildung ist privatisiert, das Gesundheitssystem ist privatisiert und das Pensionssystem kommt den Reichen zugute“, erklärt die Protagonistin in Santiago. Das Filmteam wird auch sie zu Demonstrationen begleiten.

Hilde Flavia Nakabuye eine der Protagonistinnen

Ihr mögt euch jetzt noch bequem betten, aber bald werdet ihr dieselbe Hitze fühlen, die wir schon täglich erleben, warnt Hilda Flavia Nakabuye uns Menschen im Globalen Norden auf der Klimaschutzkonferenz C40 World Mayors Summit in Kopenhagen. Und fügt sofort hinzu: Wir sollen versichert sein, dass sie und viele andere im Globalen Süden mit uns gegen die Erderhitzung arbeiten. Sie stellt das Gemeinsame über das Trennende.

Junge Klima- und Umweltschutzaktivistinnen demonstrieren. Szene aus "Dear Future Children".

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Kurz zuvor hat sie Tränen zurückgehalten, vor den Kameras der internationalen Presse. Hilde Flavia Nakabuye ist bekannt: Sie hat Fridays for Future Uganda mitbegründet. In ihrer Heimat vernichtet die menschengemachte Erderhitzung bereits Existenzen. Nakabuyes Familie musste ihre Farm im Süden Ugandas verkaufen, Dürren und schwere Unwetter plagten sie. Sie studiert in Kampala, organisiert Aufklärung und sammelt weggeworfenen Plastikmüll auf. Als sie an der Uni einen Professor auf Klimaschutz und Erderwärmung ansprach, brach dieser eine mögliche Auseinandersetzung mit dem Thema sofort ab: Der Klimawandel sei gottgewollt.

„Dear Future Children“ gewann beim Max Ophüls Filmfestival und bei Hot Docs jeweils den Publikumspreis. Am 3. Juni läuft die sehenswerte Doku in österreichischen Kinos an. Er ist ein direktes Dokument in Zeiten multipler Krisen - wie der Zustand unserer Welt jetzt oft beschrieben wird -, das durch die Unmittelbarkeit auch erschüttert.

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