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Nova Rock 2022: „You’ve got to be submissive to the mud!“

Nach einem holprigen Start entlud sich das Nova Rock 2022 in einem Feuerwerk aus purer Konzerteuphorie. Die Highlights vom ersten Festivaltag.

Von Alica Ouschan

Stundelange Wartezeiten auf einen Parkplatz, Absage der Lieblingsband, Regen und Matsch - der Start ins diesjährige Nova Rock Festival war definitiv kein leichter und hat die Geduld der Besucher*innen einmal mehr herausgefordert.

Natürlich scheint es nach zwei Jahren kompletter Festivaldurststrecke unfassbar unfair, wenn Mutter Natur einem noch einmal einen fetten Strich durch die Rechnung macht und den Festivalbeginn um Stunden nach hintern verschiebt. Gleichzeitig könnte man sich auch einfach denken: Auf die paar Stunden mehr oder weniger kommt es eigentlich auch nicht mehr an!

Genau das haben sie Besucher*innen des Nova Rock gemacht und sind umso euphorischer ins Festivalwochenende gestartet. Vermutlich gab es beispielsweise in keinem Jahr zuvor ein derart beeindruckender Turnout bei den ersten Bands. Eine tobende Menge, bereit alles zu geben begrüßte Kenny Hoopla aus Cleveland. Der belohnte seine Fans wiederum mit einer mitreißenden Performance, inklusive Rückwertssalto aus dem Stand. „I’m just trying to keep my head down and stay greatful“, sagt KennyHoopla im FM4 Interview.

Der Umstand dass die Red Stage aufgrund der schlammigen Folgen des Regens erst später öffnen konnte als die übrigen Bühnen, hat sich auch als glücklicher Zufall für die Bands auf der RedBull Stage erwiesen. Die Pop-Punk-Kids Hot Milk aus UK klingen so wie Avril Lavigne klingen würde, wenn sie heute 16 und ein bisserl mehr Emo wäre. Die Band feierte den Beginn ihrer Europa Tour am Nova Rock vor einem begeisterten und vor allem sehr jungen Publikum. Ihre Songs über Selbstzweifel, Akzeptanz, Heartbreak und Struggle schossen einem von der Bühne direkt ins Herz.

Alte Bekannte und spitzenmäßige Neuentdeckungen

Außerdem sind Hot Milk eine von wenigen Bands am Nova Rock, bei denen nicht ausschließlich Männer auf der Bühne stehen „When I was growing up there weren’t many people that took my heart as an inspiration. Joan Jett, The Runaways, Bikini Kill - they’re the ones that made me go: ‚Hang on, I can pick up a guitar and do that!‘“, sagt Han von Hot Milk im FM4 Interview. „And honestly, I don’t label myself as a woman, but if I can inspire some young girls to do the same, then fuck it, that’s great!“

Han und Jim von Hot Milk, die ihren ersten Festivalerfahrungen mit 16 Jahren am Leeds Festival unter ebenso regnerisch-gatschigen Bedingungen gesammelt haben, bringen den ultimativen Survival-Tipp für die Nova-Camper*innen mit: „You gotta be submissive to the mud! If you reject the mud, then you’re not going to have a good time. You’ve got to accept the mud, let it get everywhere and just go: Fuck it!“

Auch wenn sich die Sonne nur kurz blicken lässt und sofort wieder von dunklen Regenwolken verdeckt wird und der starke Wind dem Plektrum schmeißenden Gitarristen einen Strich durch die Rechnung macht und dieses einfach wieder zurück auf die Bühne weht, ist die Stimmung genau so ausgelassen wie erwartet.

Wie jeder Jahr sind neben diesen spitzenmäßigen Neuentdeckungen, die sicherlich mit mehr als nur einer Hand voll Fans mehr nach Hause fahren werden, auch heuer alte Nova Rock-Bekannte mit dabei. Die obligatorische Messe wird beim Turbobier Konzert abgehalten, drei Polizeibeamte beobachten verschmitzt und ein bisschen peinlich berührt Marco Pogos selbsternanntes polizeifeindliches Liebeslied „Verliebt in einen Kiwara.“

Die Performance vom mittlerweile 56 Jahre alten Gavin Rossdale und seiner Band Bush kann sich ebenfalls noch gut sehen lassen - auch wenn ich persönlich musikalisch gesehen nach wie vor 100% Team Gwen Stefani bin, no Doubt!

Endlich wieder klassische Nova Rock-Momente

Auf der Blue Stage fügt sich das mittelalterlich-alternative Dress der Sängerin von Evenessence perfekt in das diesjährige Bühnenbild ein. Game Of Thrones Ästhetik auf Wish bestellt.

Auch wenn die Aufmachung vielleicht etwas enttäuschend ist auch der Umstand, dass wir trotz zwei fetten Kisten Evanessence-Garderobe, die Backstage in den Artist Bereich gekarrt wurden, statt dem langen Gothic Kleid eine etwas abgespeckte Version davon gesehen haben, tut der Begeisterung des Publikums keinen Abbruch.

„We’ve got one more song“, kündigt Amy Lee den größten Hit der Band zum Schluss des Sets an. „It’s exactely what you think it is“. Aus voller Kehle brüllende Millenials, die für drei Minuten wieder dreizehn sind, genau für diese classic Moments lohnt es sich immer wieder am Nova dabei zu sein: „Wake me up inside!“

Macht der krönende Abschluss alles wett(er)?

Die Wetterbedingungen sorgen für ausgefallene, regenfeste Outfits: „Meine Inspiration ist, so deppert wie möglich auszusehen“, erzählt ein Besucher. „Ich hab richtig Bock hier die Zeit meines Lebens zu haben!“

Für den Rest des Tages bleibt es trocken und spätestens als der Headliner Muse inklusive brennendem Anarchy-Zeichen auf die Bühne kommt, wird allen schön warm. Obwohl die Band zugegebenermaßen durch ihre schwarzen Umhänge und silbernen Masken irgendwie komische Squid Game-Vibes ausstrahlen und unnahbar wirken.

Und wenn wir uns ganz ehrlich sind: Wenn am Nova keiner mehr Maske trägt, dann brauchen wir sie auf der Bühne auch nicht unbedingt. Als die Masken nach dem Opener des Sets fallen, spätestens aber als mit „Time Is Running Out“ der erste richtig großen Hit die Menge zum ausrasten bringt, ist der holprige Ankommensprozess abgeschlossen.

Wir sind zurück am Nova Rock, wir sind wieder zuhause im Wasteland, wir haben uns an die klimatischen Bedingungen gewöhnt und können den ganzen Schmutz und die laute Musik zelebrieren. Das Muse Sänger Matthew Bellamy seinen Geburtstag am Nova Rock feiert, soll aber nicht das letzte Highlight des Abends werden.

Denn der am Nova häufig unterschätze Late Night Headliner hat die ultimative Party im Gepäck. Bei den Granddad-Joke-MCs Haddaway und Dr. Alban wird das große Finale des ersten Tages begangen und betanzt - inklusive 3x „What Is Love“. Ein mehr als würdiger Start in die Festivalsaison.

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