Sandkastenspiele

Es steht gerade nicht so gut um die Beziehungen zwischen Bulgarien und Nordmazedonien.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Ich treffe Jani bei einer Sandkiste in Wien. Er ist mit seinem Kind unterwegs, ich mit meinem. Die zwei spielen miteinander und ab und zu weint eines, weil sein Sandturm zusammengefallen ist. Jani meint philosophisch: „Bei Erwachsenen ist es auch so.“ Jani ist Mazedonier. Ohne es zu wollen, sprechen wir auf einmal über Politik und vor allem über die Beziehungen zwischen Bulgarien und Nordmazedonien. Und diese Beziehungen haben momentan ihren tiefsten Punkt erreicht. Grund dafür ist das Veto Bulgariens zum EU-Beitritt von Nordmazedonien.

In Bulgarien meint man, dass in Nordmazedonien eine Hasskampagne gegen Bulgarien laufe. Und das ist nicht komplett grundlos – vor zwei Wochen wurde ein bulgarisches Kulturzentrum in Nordmazedonien angezündet. Der Brandstifter ist kein ausgewiesener Krimineller, sondern ein unbescholtener junger Mensch, der außerdem ein bekannter mazedonischer Popsänger sein soll. Keine Ahnung, ob er dadurch populärer werden wollte. Der bloße Fakt, dass man durch Brandstiftung an Bekanntheit zunehmen kann, anstatt verurteilt zu werden, zeigt, wo sich die Beziehungen zwischen beide Ländern gerade befinden.

Ich frage Jani, ob er seine Lieder kennt. Er kennt keine, Jani lebt seit vielen Jahren im Ausland. Eins kennen wir aber beide – ein Volkslied, das sowohl in Bulgarien als auch in Nordmazedonien gesungen wird. Eine Strophe sagt, dass die mazedonischen jungen Frauen die schönsten auf der Welt sind. Lieder sollten Menschen vereinen und nicht teilen. Politiker teilen die Menschen, meint Jani, nicht Lieder. Für die russischen Interessen am Balkan ist es super, wenn die zwei Länder über ihre Geschichte streiten, anstatt gemeinsam in die Zukunft zu blicken. Er hat Recht. Die instabile Koalition, die gerade in Bulgarien regiert, wackelt wegen Nordmazedonien - worüber Putin sich freut.

Wir putzen den Sand von den Kleidern unserer Kinder und jeder geht nach Hause. Einig über die internationalen Beziehungen zwischen Bulgarien und Mazedonien.