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Szenenfoto aus "Cop Secret"

Polyfilm

„Cop Secret“ ist eine isländische Actionkomödie mit schwulen Helden

Verfolgungsjagden, Explosionen, ein durchgeknallter Bösewicht und zwei harte Cops, die ihre eigenen Regeln aufstellen: Was nach einem 08/15-Hollywood-Actionthriller klingt, ist eine sehr lustige Actionparodie aus Island.

Von Jenny Blochberger

Ein Flugzeug fliegt über die riesigen Buchstaben, die den Namen der Stadt Reykjavik bilden. Die Kamera gleitet übers Meer auf die Skyline zu. Ein grünlichblauer Filter lässt alles kühl und irgendwie staubig aussehen. Bald beschleicht einen aber ein Verdacht: Kann es sein, dass es immer dasselbe glasverkleidete Hochhaus ist, das prominent ins Bild gerückt wird?

Der Trailer ist tatsächlich ziemlich irreführend: Er sieht aus, als wäre „Cop Secret“ ein ernstgemeinter Actionfilm mit einem isländischen Bruce Willis/Jason Statham-Verschnitt in der Hauptrolle. Wer sich davon ins Kino locken lässt, wird enttäuscht werden - oder aber freudig überrascht, je nachdem wie ernstgemeint man seine Actionthriller gerne hat.

Ganz am Anfang steht eine Verfolgungsjagd, wie ich sie mir immer gewünscht habe. Ein abgebrühter Polizist verfolgt aggressiv ein Motorrad durch die Stadt, während sein Beifahrer alles sagt, was ich in so einer Situation sagen würde: „Fahr langsamer! Du kannst hier nicht abbiegen! Es ist rot, Herrgottnochmal! PASS AUF DAS AUTO VOR DIR AUF!“ In einer späteren Szene wird der Präsident höchstpersönlich (Jón Gnarr, Ex-Bürgermeister von Reykjavik) dem Polizisten Bússi die Leviten lesen. Ständig entstehen nämlich riesige Schäden bei dessen aggressiven Verfolgungsjagden, ein Vergnügungspark wurde demoliert, unschuldige Passant*innen werden dauernd in Angst und Schrecken versetzt.

Szenenfoto aus "Cop Secret"

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All das kümmert Bússi wenig. Er ist ein einsamer Wolf im abgenudelten Trägerleiberl, für den Regeln nur da sind, um gebrochen zu werden; und da er eine ungeschlagene Erfolgsquote bei Verhaftungen hat, lässt ihm seine Vorgesetzte auch alles durchgehen. Auch in den Medien wird er als Held verehrt - bis ein neuer Supercop auftaucht, der ähnlich operiert wie Bússi, sich aber wesentlich besser auf Zeitschriftencovers macht. Ex-Model Hörður (Egill Einarsson) verhaftet Kriminelle mit lockeren Sprüchen in 15 Fremdsprachen und lässt nur Designeranzüge an seinen durchtrainierten Körper. Außerdem ist er pansexuell und macht kein Geheimnis daraus.

Szenenfoto aus "Cop Secret"

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„Cop Secret“ (Regie: Hannes Þór Halldórsson) läuft ab 24.06. in österreichischen Kinos.

Enter Rikki Ferrari (Björn Hlynur Haraldsson): früher ebenfalls Model, wurde er durch einen Unfall schrecklich entstellt und somit war sein Weg zum Erzbösewicht vorgezeichnet. Mit flackerndem Blick und manischem Lachen terrorisiert er seine Untergebenen, mit denen er nur Englisch spricht. Wer ob der Unklarheit des Plans nachfragt, kriegt eine Knarre an die Stirn. Rikkis Bande ist dafür bekannt, Banken zu überfallen, aber dort nichts zu klauen. Die Polizei ist völlig überfordert. Deswegen beschließt die Polizeichefin, die beiden Supercops zu einem Team zusammenzuspannen, um die Verbrechergang zu fangen.

Bússi ist davon alles andere als begeistert; vor allem, als ihm nach und nach klar wird, dass „pretty boy“ Hörður ganz neue Gefühle in ihm weckt. Weil er aber seine gesamte Persönlichkeit auf einem rigiden Männlichkeitsbild aufgebaut hat, kann er sich seine Verliebtheit in einen Mann lange nicht eingestehen. Hörður sieht das alles viel lockerer. Mit einer gewissen lässigen Arroganz geht er davon aus, dass ohnehin keiner seinem Charme widerstehen kann - auch Bússi nicht.

Szenenfoto aus "Cop Secret"

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„Cop Secret“ macht sehr viel Spaß, weil wirklich alle Action-Klischees köstlich durch die Mangel gedreht werden. Gleichzeitig wird auch sehr klar gemacht, dass eigentlich keiner wirklich ein Problem mit Bússis Homosexualität hat – außer er selbst. Denn, wie Hörður einmal anmerkt, „Es ist 2021, niemand schert sich darum.“

Wir wissen natürlich, dass das in der echten Welt noch nicht so ganz stimmt: soweit ist es erst dann, wenn es einmal einen Mainstream-Actionthriller mit einem harten Kerl gibt, der nicht hetero ist – und kein Mensch darüber ein Wort verliert.

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