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Superorganism neues Album World Wide Pop

Jack Bridgland

„World Wide Pop“, das neue Album von Superorganism

Superorganism klingen, wie man sich das digitale Chaos vorstellt. Vor vier Jahren war die Band aus London superhip. Nun liegt das zweite Album mit dem Titel „World Wide Pop“ vor.

Von Christian Lehner

Da sitzen sie vor mir. In gewöhnlichen Jeans und T-Shirts. So hatte ich mir die Maximal-Popper von Superorganism nicht vorgestellt. Es musste mindestens ein knallbunter Raumanzug mit Superhelden-Cape sein. Aber gut. Bleibt noch die Musik und sie sind ja auch wirklich nett die zwei.

Sie ist Orono. Er ist Harry. Sie stammt aus Japan und hat in den USA studiert. Als Superorganism 2018 aus dem Nichts auftauchten, war sie gerade 17. Orono schreibt die Texte und singt. Sie kann nicht singen, sagt sie. Sie singt trotzdem. Orono schleppt so eine Teenage-Angefressenheitswolke mit sich rum. Das ergibt dunkelhumorige Texte über das Aufwachsen. Es ist nicht immer leicht und man fühlt sich in Gesellschaft etwas einsam. Orono sagt, sie verlasse nur ungern ihre Wohnung. Aber manchmal lächelt Orono und dann ist alles gut.

Proto-Hyperpop

Harry lächelt das ganze Interview durch. Er ist der Nice Guy. Und er ist der musikalische Direktor bei Superorganism. Harry liebt Fußball. Seine Lieblingsmannschaft aber „suckt“. Harry heißt gar nicht Harry (sondern Christopher Young). Harry nennen ihn wohl alle, weil er einem englischen Prinzen ähnlich sieht.

Superorganism neues Album World Wide Pop

Jack Bridgland

Superorganism 2022

Gott Sei Dank kann man hier auf dieser Website Videos posten und ich muss Euch die Musik von Superorganism nicht beschreiben. Das ist nämlich nicht so einfach. Da ist irgendwie alles drin: Alltagsgeräusche, Gitarren, Gesang, Glitches, Videospielmusik, Tonbandansagen, Handy-Fiepen, Samples und Flohmarkt-Keyboards.

My whole life is a montage
Leave some tips in my crib, feels so good to be this big
But oh no here’s the gravy
The dark horizon huge in size
And everything is changing, my spaceship’s started crying - Song „Black Hole Baby“

Manchmal klingt das wie ein Verkehrsunfall auf der Datenautobahn. Das ist jetzt nicht böse gemeint. Man kann dazu in der Regel kräftig mitsingen und manchmal auch tanzen. So technoaffin sich die Band gibt, Orono kümmert sich in ihren Texten auch um die Schattenseiten der Digitalisierung, um nervige Influencer oder den Lockruf des eigenen Smartphones. „Put Down Your Phone“ heißt ein Song auf dem neuen Album. In „Teenager“ geht es nicht um den ewigen Fetisch der Popkultur, sondern um YouTuber wie Jake Paul, die für immer infantil bleiben möchten.

Orono sagt, dass sie beim ersten Album gesagt habe, dass ihre größten Pop-Helden Kanye West, Katy Perry und Weezer sind und dass Superorganism deren Schnittmenge darstellen. Sie sagt weiter, dass sie sich lange überlegt habe, was sie beim zweiten Album sagen soll, aber dass ihr keine neuen Namen eingefallen wären. „Der einzige Unterschied ist, dass wir mehr Budget zur Verfügung hatten“.

Der Server als Proberaum

Ach ja, das erste Album. Wusstet ihr, dass Superorganism 2018 den Pandemie-Modus vorwegnahmen? Das Album entstand, ohne dass die Beteiligten je zusammen in einem Studio abgehangen sind. Das lose, damals acht Köpfe zählende Kollektiv, hatte sich in Chatforen kennengelernt. Kommuniziert wurde via Video-Conferencing zwischen Japan, Australien und England. Dort residierte die Rumpfband. Deshalb auch der Name Superorganism - frei nach Marshall McLuhan.

Superorganism brachten mit ihrem namenlosen Debüt die Datenleitungen zum Glühen und wurden von der Fachpresse als ein Musik-gewordenes Meme verehrt. Wer mit Oronos Pop-Triptychon nichts anfangen kann: die Gorillas und die australischen Sample-Wahnsinnigen von The Avalanches sind auch brauchbare Referenzen. „Something For Your M.I.N.D.“ und „Everyone Wants To Be Famous” wurden zu Hits für niederschwellig Feierwütige, die bei Partys lieber in der Ecke stehen, weil sie Bescheid wissen.

Nerdige Hippies

„World Wide Pop“ ist nun ein würdiger Nachfolger. Das Wort Ressourcenknappheit existiert nicht. Es gibt von allem mehr. Fruchtfliegen und Früchte, das Solarsystem, die Sonne, der Regen (feat. ein Scott Walker Sample), traurige Emojis, das digitale Chaos, die bedrohte Erde. All das macht Angst, aber auch Riesenspaß.

Im Herzen sind Superorganism nerdige Hippies, die sich nichts sehnlicher wünschen als eine friedliche bunte Welt. „World Wide Pop“ feiert das Miteinander. Das Musikmachen an den verschiedensten Orten mit den verschiedensten Menschen. Der Indie-Rock Veteran Stephen Malkmus von Pavement ist ebenso mit dabei, wie zahlreiche Gastmusiker: innen aus Japan, Paris und den USA. Und ihr und wir und alle.

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