Thor & Elvis: Moderne Götter im FM4 Film Podcast

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Euphorische wie kritische Gedanken zum neuen Film des Kino-Bombastikers Baz Luhrmann hat bereits FM4 Kollege Christian Lehner detailreich formuliert. Nur soviel an dieser Stelle zu „Elvis“: In den besten Momenten liegt in dem zweieinhalbstündigen Rock’n’Roll-Epos eine knisternde Elektrizität in der Luft. Es britzelt und funkt. Sicherungen schmoren.
Kostüme, Gürtelschnallen und Ringe funkeln. Hüften schwingen, Beine zittern. Und aus dem Mund des großartigen Elvis-Darstellers Austin Butler bleibt einer der wichtigsten Sätze der Popgeschichte bleibt zurück: „If I can‘t move I can‘t sing.“ Sowohl Natalie Brunner als auch mich hat diese Energie im Kinosaal erfasst. In der neuen Ausgabe des FM4 Film Podcast widmen wir uns ausführlichen dem Phänomen Elvis und der beachtlichen überlebensgroßen Annäherung Baz Luhrmanns aus dem Geiste des Musikvideos.

Warner Bros. Ent.
Eighties-Hardrock in Airbrush-Verpackung
Und dann dreht sich die Folge noch um einen anderen Popkultur-Gott, der eigentlich der alten nordischen Sagenwelt entstiegen ist. Aber während man etwa bei der grimmigen Wikinger-Schlachtplatte „The Northman“ brutalen Blackmetal assoziert, steht Marvels Space-Viking für Eighties-Hardrock in Airbrush-Verpackung. Untermalt von Guns’N’Roses-Hits drückt Thors Rückkehr ins erfolgreichste Kino-Universum der Gegenwart alle retrofuturistischen Knöpfe.
Am Anfang von „Thor: Love & Thunder“ fehlt zunächst das übliche Marvel-Logo. Wir steigen direkt in die Geschichte ein, mit einem gruseligen Prolog. Christian Bale spielt einen außerirdischen Mann, der in einer fernen Wüste zu verdursten droht. Am Ende der Szene überlebt er, muss aber seine kleine Tochter begraben. Aus dem fiebernden Alien ist Gorr the God Butcher geworden, der direkt einem alten Video von Marilyn Manson entstiegen scheint. Götter, die den Tod eines Mädchens zulassen, müssen sterben, lautet sein Schwur.

Marvel
Die Götter müssen verrückt sein
Und wir begegnen vielen Göttern und Göttinnen in diesem Film, ganz ohne nerviges Multiversum. „Thor: Love & Thunder“ spielt im MCU - und darin coexistieren bekanntlich sämtliche klassischen Mythenwelten. Das nordische Götterreich Asgard haben wir bereits ausführlich in den „Thor“-Filmen kennengelernt, bis zu seiner Zerstörung zuletzt. The New Asgard präsentiert sich nun als irdisches Disneyland für Superhelden-Fans. Multikulturell und superwoke, aber auch ganz auf Tourismusgelder abzielend.
Der ehemalige blonde Herrscher hat sich zurückgezogen. Thor saust mit den Guardians of the Galaxy durch den Kosmos, um schnell ein paar Planeten zu retten, daneben trainiert er seinen übergewichtig gewordenden Körper. Und ein bisschen kalifornisches New-Age-Denken predigt er auch, der eitle Wikinger-Gockel im All. Ein harter und zarter Mega-Mann, wie aus den Kolumnen kitschiger Frauenmagazine entsprungen.
Der fabulöse neuseeländische Regisseur Taika Waititi („Jojo Rabbitt“, „What We Do In The Shadows“) drückt alle komödiantischen Knöpfe im ersten Drittel seines Films. Und ausgerechnet mit Actionstar Chris Hemsworth hat er mittlerweile einen begnadeten Clown in der Hauptrolle. Die Comedy-Goldmedaille holt sich aber Russell Crowe mit einem sarkastischen Gastauftritt.

Marvel
RomCom im Superhelden-Kostüm
Dass die Stimmung danach ins Dramatische und Romantische kippt, verdankt sich Natalie Portman. Genau, Dr. Jane Foster ist wieder da. Wie die Ex-Geliebte des Donnergotts zur Superheldin wird, soll hier nicht verraten werden. Wir wissen aber schon aus dem Trailer, dass sich die zierliche Jane in The Mighty Thor verwandelt, inklusive Hammer.
Spätestens wenn die beiden Thors auf den Godbutcher treffen, sind wir im üblichen Marvel-Territorium angekommen. Die digitalen Effekte strahlen dieselbe künstliche Lächerlichkeit aus, wie unlängst bei „Dr. Strange: In The Multiverse of Madness“ oder den „Eternals“. Abseits des missglückten Showdowns bereitet diese RomCom im Superhelden-Kostüm aber ziemlich Spaß.
Publiziert am 11.07.2022