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Greenpeace Aktion in Fertörakos

APA/GREENPEACE/MITJA KOBAL

Aus für Fertöràkos!

Aufatmen auf beiden Seiten des Neusiedler Sees: Das Prestige- Betonierprojekt von Viktor Orban kommt nun doch nicht zustande.

Von Boris Jordan

Zuerst hat es niemand glauben können: Am Samstag hat die österreichische Tageszeitung der Standard - unter Berufung auf die Burgenländische Volkszeitung - berichtet, dass das Ungarische Großprojekt in Fertöràkos am Südufer des Neusiedler Sees nun doch nicht zustande kommen soll. Andere österreichische Medien hatten sich in Zurückhaltung geübt, war doch von offizieller Ungarischer Seite nichts davon verlautbart worden.

Das umstrittene Projekt

Mit dem 100-Betten-Hotel samt Yachthafen für 850 Bootsliegeplätze und 800 Parkplätzen wäre eine Naturfläche von 60 Hektar (das entspricht 80 Fußballfeldern) direkt am Seeufer verbaut worden. Die Orban-Regierung wollte das Projekt unbedingt durchziehen, obwohl es gegen einige Naturschutzbestimmungen verstößt, darunter die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sowie die Vogelschutzrichtlinie der EU. Außerdem wäre der Status der Region als UNESCO Weltnaturerbe gefährdet worden.
Für weitere schiefe Optik beim Projekt Fertörakos hat die mögliche Nähe der Familie Orban gesorgt, in Person seiner Tochter Rahel samt Investor-Ehemanns und eines Oligarchen aus dem Heimatdorf von Viktor Orban.

Zuletzt war bekannt geworden, dass die Kosten den Rahmen des kalkulierten Investitionsbudgets schmerzhaft überschritten hätten - der Widerstand von Umweltorganistationen und Anrainerinnen auf beiden Seiten der Grenze dürften das Ihre zum vorläufigen Baustopp beigetragen haben.

Gründe für das Aus

FM4 hat den Umwelthistoriker und Experten für die Region Neusiedlersee, Stefan Stadler von Greenpeace Österreich zu den Gründen für das Ende des Fertörakos Projekts befragt:

Stefan Stadler/Greenpeace: Wir haben beobachtet, dass seit Dezember versucht worden ist, eine Ausschreibung für die Betonierungsarbeiten zu machen, die haben wir erfolgreich bekämpft und hinausgezögert. Das heißt, man hat noch mal ausschreiben müssen. Gleichzeitig haben wir die österreichischen Bauunternehmen aufgefordert, an diese Ausschreibung nicht teilzunehmen- da haben uns die meistens geantwortet, dass sie ohnehin kein Interesse daran haben. Und wir haben dann beobachtet, dass die Baustelle seit April wirklich stillsteht, also sozusagen die Erdarbeiten abgeschlossen. Aber es ist nie zu diesen gefährlichen Betonierungsarbeiten gekommen, weil die sind irreversibel. Und es kommt dazu, dass zwei Klagen bei der EU eingereicht worden sind , einmal von unserem ungarischen Büro und einmal vom Wiener Büro von Greenpeace. Und da stehen jetzt Strafzahlungen in Raum, und das dürfte auch Ausschlag gegeben haben, dieses Projekt abzusagen.

Fm4: Sind wir das Projekt jetzt sicher los oder fängt alles von vorne an, wenn irgendwer zu investieren bereit ist? Oder ist die internationale Stimmung gegen das Projekt doch mit ausschlaggebend?

Stefan Stadler: Die UNESCO hat vor, die Region wegen dem Projekt auf die Rote Liste zu setzen, die EU Strafzahlungen stehen im Raum, das Projekt verstößt gegen sehr viel EU Recht und es ist der lokale Widerstand sehr groß. Der Großteil der Österreicherinnen sind dagegen, über 91 %. Und dasselbe sieht man auch in Umfragen auf der ungarischen Seite. Da haben sich ja auch 91 % der Ungarinnen dagegen ausgesprochen.

FM4: Entwarnung geben kann man für den Seewinkel aber nicht. Das wichtigste österreichische UNESCO Naturerbe ist auch ohne Verbauung vom Klimawandel bedroht. Die lange Lacke und der Neusiedlersee sind von der Austrocknung bedroht. Was müsste man tun, um diese Naturlandschaft zu retten und zu schützen- kurzfristig und auch längerfristig?

Stefan Stadler: Der Neusiedlersee ist von Niederschlägen abhängig. Die kommen im Jahr zwei bis dreimal intensiv. Wichtig wäre sozusagen, das Wasser, das reinkommt, besser zu sichern und ein besseres Wassermanagement zu machen. Das betrifft vor allem die Landwirtschaft. Das Gebiet ist seit über 100 Jahren sehr stark genutzt, wir haben sehr viele Drainagen angelegt und die Landwirtschaft entzieht dort sehr viel Wasser. Man muss das jetzt neu aufstellen. Jeder Eingriff, den wir machen, hat schwerwiegende Folgen für das Ökosystem. man muss da abwägen, ob man jetzt nur den menschlichen Interessen in Tourismus, dass man Bootfahren kann, stattgibt, oder ob man berücksichtigt, dass zum Beispiel, wenn man Wasser einleitet, dass das Ökosystem kippen kann. Der See ist ein sehr wichtiger Biodiversitäts- Hotspot von Vögeln, Amphibien, Reptilien – da muss man sehr gut überlegen, welche Eingriffe man setzt.

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