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„Maksym“ von Dirk Stermann: Der Babysitter, der alles macht

Väter, Söhne, Babysitter, Helden und Wien. Ein Gespräch mit Dirk Stermann über seinen autofiktionalen Roman „Maksym“. Plus: Gewinn Karten für die erste Lesung!

Von Zita Bereuter

Vor wenigen Jahren suchte Dirk Stermann mit seiner Partnerin nach einem Babysitter für deren Sohn. „Wir hatten 45 Bewerbungen und zwischen diesen Bewerberinnen gab es einen einzigen Mann. Und das war tatsächlich so ein verschwitzter Typ, sah aus wie vom Arbeitsstrich. Alle anderen haben angegeben, was sie alles für Vorbildungen haben und was sie alles können mit Kindern. Und der hat geschrieben ‚Mache alles‘."

Also hat sich Dirk Stermann die Zukunft mit einem derartigen Babysitter ausgedacht. „Warum nicht einen, der nicht so der klassische Babysitter ist? Die Geschichte zu überlegen hat mir Spaß gemacht.“ Entstanden ist daraus der autofiktionale Roman „Maksym“.

Bevor man auf diesen Helden trifft, begleitet man den Erzähler Dirk Stermann, den man bereits aus „Sechs Österreicher unter den ersten fünf“ kennt, erst mal durch dessen Alltag und Erinnerungen. Die Bandbreite ist groß: von seiner Arbeit in einer Radio-Phone-in-Sendung oder als Fernsehmoderator zu Auftritten auf kleinen und großen Bühnen bis zu alltäglichen Begebenheiten. Da sind großartige Schnurren und Anekdoten, fantastische Übertreibungen und hemmungslose Absurditäten (mitunter erinnert das an Salon Helga oder Kolumnen von Dirk Stermann). Aber Unterhaltung hat ihren Preis. Denn, so liest man mehrfach:

Unterhaltung ist kein Honiglecken.

Der Grat zwischen Humor und Ernsthaftigkeit ist schmal, Dirk Stermann trittsicher. „Im Idealfall ist etwas Trauriges auch lustig und etwas Lustiges auch traurig." Einen rein literarischen und sprachlich ernsthaften Text zu schreiben liegt ihm nicht. „Das würde ich nicht machen können und machen wollen. Das heißt, ich muss mich während des Schreibens, auch wenn etwas traurig ist, manchmal auch ein bisschen befreien - und für mich selber beim Schreiben auch so eine Art von Hoffnung haben. Die Hoffnung sind dann entweder sehr nette Menschen, die ich erfinde - die es in echt gar nicht gibt. Leider. Oder, dass ich versuche, das Humoristische in der Tragik für mich selbst beim Schreiben zu finden.“

„Noch heute mache ich Witze gegen Geld, aber die Wertschätzung eines Publikums ist weniger wert als die des Vaters. Das ewige Dilemma des Sohnes.
Als ich schon lange in Wien lebte, lud ich einmal meine Eltern ins Burgtheater ein, weil ich dort auftrat. Ich hatte geglaubt, meinem Vater damit imponieren zu können. Burgtheater, immerhin. Mehr Bühne geht nicht. (…) Auf einer riesigen Plakatwand am Ring stand groß mein Name. „Heute: Stermann.“ Das musste meinem Vater doch gefallen. (…) Ich hatte meinen Eltern sogar eine Loge reserviert. Da saßen die beiden Duisburger wie das Kaiserpaar und schauten auf die große Bühne herunter, auf der ihr Sohn stand, der es in der Fremde in den Olymp geschafft hatte.
Nach dem Tod meines Vaters blätterte ich in seinem Tagebuch und las über diesen Abend nur eine Zeile: ‚Burgtheater ausverkauft, aber Studentenpreise. Keine Standing Ovations.’
Ich blätterte weiter. Ein paar Monate später fand ich diese Bemerkung. ’Sendung von Dirk auf 3sat gesehen. Rausgeworfenes Geld.’
Ich beschloss, die Lektüre seines Tagebuchs zu beenden.“

Das zufällige Vater-Thema

Fast beiläufig beobachtet Dirk Stermann immer wieder Vater-Sohn-Beziehungen. Der Erzählton kann da ganz ruhig und zart werden. „Diese kleine Hand in meiner Hand. Wenn wir nebeneinandergingen, musste ich meine Hand nur leicht in seine Richtung hängen, schon ergriff er sie. Ich mochte dieses Gefühl. Vater und Kind.“

Das Vater-Thema sei mehr zufällig passiert, erzählt Dirk Stermann im Interview. „Am Anfang wusste ich gar nicht, dass mir das wichtig werden wird. Aber da ich ja über mich als Vater geschrieben habe, war das anders. Ich habe beim Schreiben ständig an meinen Vater gedacht. Und an Dinge, die ich mit ihm beredet habe." Im Roman fasst er zusammen:

So sind Väter oft bis über den Tod hinaus Wesen, von denen wir wenig wissen.

Von Vätern ist es mitunter nur ein kleiner Schritt zu Helden und das ist der Babysitter Maksym für den Sohn Hermann Stermann. Der aus der Ukraine stammende Babysitter war Türsteher, ist trainiert und belesen, kocht gut und kann sich Dinge unglaublich leicht merken „Weißt du, Papa, Maksym ist der Beste von der Welt in Memory.“ Es dauert, bis die Figur Stermann dem ukrainischen Babysitter vertraut. Geschrieben wurde der Roman übrigens lange bevor der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist.

Du bist nicht Knausgård (...) Du hast nur einen von Motten zerfressenen Norwegerpulli und kein Recht, über uns zu schreiben!

Wien als zentraler Ort für Stermanns Schreiben

Das meiste in den fünf Kapiteln ist frei erfunden. Ehrlich ist seine aufrichtige Liebe zur Stadt Wien. Ehrlich sind die Beschreibungen in der Stadt. Und ehrlich ist Dirk Stermann, wenn er erklärt: „Wien passiert nie einfach so. Wien ist tatsächlich für mich ein Herzensort, der für mich wirklich voller Geschichten ist und voller merkwürdiger Menschen und Begegnungen. Und Wien ist für mich halt ein zentraler Ort beim Schreiben. Immer schon.“

„Mein gelobtes Land war auch Wien, für diese Erkenntnis musste ich die Stadt gar nicht mehr verlassen. In all seiner Trägheit und negativen Energie war Wien mir ein wirkliches Zuhause geworden. Ich vermisste den Rhein meiner Jugend, aber vor allem meine Jugend, die Donau hatte den Rhein ganz gut ersetzt.“

So lässt er einem Stadtforscher gleich Wiener Plätze, Eigenheiten und Originale vorkommen. Rüdigerhof, Anzengruber, Beograd. Die üblichen Verdächtigen. Diese Wiener Melange aus Fiktion und Realität, mit reichlich Satire und absurdem Humor sowie fein abgemischten Emotionen, machen „Maksym“ vielleicht zu Dirk Stermanns bestem Roman.

Nur eine Person hat er in dem Roman um Erlaubnis gebeten – die Psychoanalytikerin Erika Freeman. „Ich erzählte ihr, dass ich eine Szene erfunden hätte, in der wir uns vor ihrer Praxis am Central Park treffen.
„Weißt du“, sagte Erika. „Manchmal schreibt man über Dinge, die man erlebt hat, manchmal über Dinge, die man noch erleben wird.“

Jemand, der auf seiner Seite steht

Maksym ist die Person, die Dirk Stermann gern im echten Leben zur Seite hätte. „Solche Figuren brauche ich immer im Schreiben. Und ich glaube, das tue ich deshalb, weil ich wahrscheinlich im Leben das Gefühl habe, dass ich so jemanden auch gerne hätte. Jemand, der, warum auch immer, auf meiner Seite steht.“

Bücherkiste voll mit Ausgaben von "Maksym"

Zita Bereuter/FM4

„Maksym“ von Dirk Stermann ist bei Rowohlt Hundert Augen erschienen. Ab 19. Juli ist es im Handel erhältlich.

Zufällig wird das Paket mit den Exemplaren für ihn während des Interviews geliefert. „Hübsch,“ meint er und streicht über den Einband. „Rutschig“ und „bunt“ kommentiert er, freut sich über das Lesebändchen und erklärt schließlich das Foto auf dem Cover. „Sehr bobohaft. Der Würstelstand ist im achten Bezirk. Und der Mann im Bärenkostüm ist der Würstelverkäufer. Weil ich hatte keinen mit, der in das Kostüm rein konnte und dann hat er gesagt: Okay, macht er das.“

Gewinn Karten zur ersten Lesung

Weitere Termine für Lesungen:

Berlin: Parkfest radioeins
Samstag, 3. September 2022

Wien: Buchhandlung Seeseiten
Freitag, 23. September 2022

Stuttgart: Literaturhaus
Mittwoch, 28. September 2022

Graz: Literaturhaus
Mittwoch, 5. Oktober 2022

Am Sonntag, 17. Juli um 11:00 liest Dirk Stermann erstmals aus „Maksym“ im Theater im Park am Belvedere in Wien.

Wir verlosen 5x2 Karten für diese Premiere - unter allen Einsendungen, die das richtig schätzen können. Also nicht nur die Karten, sondern vielmehr die Anzahl der Bücher, die Dirk Stermann in dem Paket (siehe Foto oben) erhalten hat.

Update: Die Verlosung ist bereits vorbei, die Gewinner*innen wurden per Mail benachrichtigt.

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