Das Free Tree Open Air: Feiern, aber nachhaltig

Das Free Tree Open Air in Oberösterreich zeigt, dass Festivals und Nachhaltigkeit keinen Widerspruch bilden.

Von Xaver Stockinger

Die Vorstellung, ein Festival sei ein Ort der Nachhaltigkeit, ein Ort, an dem Umwelt und Natur sanft atmen könnten, wirkt wie ein warmer Eislutscher. Zu stark sind die Bilder von Müllbergen, von toten Äckern und verwüsteten Wiesen, die man in der Regel mit dem Festivalbegriff assoziiert. Dass es jedoch auch möglich ist, während drei Tagen Eskapismus nicht gänzlich auf die Umwelt zu vergessen, wird dieser Tage beim Free Tree Open Air in Taiskirchen im Innkreis bewiesen.

Schon bei der Anreise zeigt sich, dass Nachhaltigkeit hier großgeschrieben wird. Wer auf das Auto verzichtet und stattdessen mit dem Fahrrad oder den Öffis zum Gelände kommt, der kann sich auf einen gratis Drink freuen. Auch hat das Festival via Social Media dafür geworben, Mitfahrgemeinschaften zu bilden. Jene, die sich ein Auto teilen, würden nicht nur etwas Gutes für die Umwelt tun, man könne so bei der Anreise auch gleich die ersten Festivalbekanntschaften schließen.

Entsorg’s mir, Baby!

Wer am Free Tree erstmal angekommen ist, dem begegnet beim Eingang das dortige Mülltrennungssystem. Hier erhalten Camper*innen fünf farblich unterschiedliche Müllbeutel. Damit das System ernst genommen wird, werden 10€ Müllpfand einbehoben. Wer den Müll sauber nach Beutelfarbe trennt, der kriegt sein Müllpfand wieder. Am Gelände findet man außerdem mehrere Müllinseln. Selbstgebastelte Schilder mit catchy Sprüchen vermitteln Mülltrennung auf lustige Art: „Mülle Grazie“, „Das Beste für die Reste“ oder „Entsorg’s mir, Baby!“.

Da das Gelände vor und nach dem Festival als Weidewiese für Kühe genutzt wird, gilt am gesamten Free Tree-Areal ein strenges Glasverbot. Taschen-Aschenbecher werden am Eingang verteilt, damit keine Zigarettenstummel auf der Wiese landen. Für zusätzlichen Anreiz zur Nachhaltigkeit unter den Besucher*innen sorgt die „Green Team Camping Challenge“. Wer am kreativsten und nachhaltigsten campt, der gewinnt am Free Tree Freigetränke und Merch-Artikel.

„Uns war von Anfang an klar, dass wir das sauber machen wollen. Wir wollten ein Green Event machen und Qualität liefern. Jedes Jahr sind dann neue Ideen dazugekommen und wir haben uns jährlich immer mehr reingehängt“, erklärt Johann Gattermaier, Obmann des Kulturvereins „Kraut und Ruam“, welcher das Festival heuer schon zum neunten Mal veranstaltet.

Auch kulinarisch steht beim Free Tree Open Air alles im Zeichen der Nachhaltigkeit. Alle angebotenen Speisen sind bio-zertifiziert. Es gibt viel Vegetarisches, Veganes sowie einen Food Sharing-Stand, bei dem übrig gebliebene Lebensmittel mit anderen Besucher*innen geteilt werden können.

„Ich bin nicht nur wegen den Bands hier, sondern auch wegen diesen geilen Klos!“

Ja sogar die Festival-Klos leisten einen Beitrag. Bei Komposttoiletten eines österreichischen Herstellers werden die Fäkalien direkt in einen Behälter geleitet, der mit Rindenmulch oder Stroh gefüllt ist und dort kompostiert. Statt der chemischen Spülung herkömmlicher Festival-Toiletten wird hier Sägespäne auf die Exkremente gestreut, was große Wassermengen spart und noch dazu unangenehme Gerüche mindert. „Ich bin nicht nur wegen den Bands hier, sondern auch wegen diesen geilen Klos. Sie riechen nach Holz und sind auch viel sauberer!“, erklärt mir eine vom Free Tree-Toilettengang begeisterte Besucherin.

Diese und weitere Maßnahmen machen das Free Tree Open Air offiziell zu einem „Green Event“. Der Titel wird bei Erfüllung gewisser ökologischer Standards von Bund und Ländern verliehen. Auch hat das Free Tree schon Preise für seine umweltfreundliche Ausrichtung erhalten. Neben dem Green Event Austria Award, den das Festival schon drei Mal gewonnen hat, wurde man im Jahr 2019 auch mit dem oberösterreichischen Landespreis für Umwelt und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Das Free Tree Open Air beweist damit, dass die Themen Festival und Nachhaltigkeit in keinem unauflösbaren Interessenskonflikt stehen. Eine Erkenntnis, die bei so manch anderem Großveranstaltungen erst einsickern muss.