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Flirtmachine

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fm4 soundpark act des monats

Flirtmachine Forever

Wenn der Albumtitel gleich als Storytitel herhalten kann, läuft schon sehr vieles richtig: Flirtmachine veröffentlichen ihr zweites Album und sind mit ihrem hervorragenden LoFi-Pop unser FM4 Soundpark Act im September.

Von Lisa Schneider

Robert Gerstendorfer spaziert ins FM4-Studio und schaut ein bisschen verzwickt. Mit Handgeste zum linken Ohr erklärt er, er habe da wohl leider einen Gehörsturz erlitten, bei einem vergangenen Gig, der jetzt, nach einer Probe, wieder aufgewacht ist. Reicht das vielleicht schon mal als Richtung, sich die Musik von Flirtmachine vorzustellen? Wenn Robert „hardcore“ sagt, meint er die „hardcore“ Gitarrenausrichtung seiner neuen Lieder. Und er sagt zum Sound seiner Band - da wären wir schon wieder beim beleidigten Trommelfell - „laut, cool, sehr cool“.

Flirtmachine

FM4 / Simon Welebil

Kein Gehörsturz hält ihn auf: Robert Gerstendorfer zu Gast in den FM4-Studios.

Die Mitglieder der Band Flirtmachine haben sich in Salzburg gefunden, eins davon ist etwa Roberts Bruder Arthur Gerstendorfer. Den Rest erledigt der Schreiber, Sänger, Gitarrist und Produzent selbst. „Really honest laptop rock music“ liest man auf Social Media über Flirtmachine. Gute Beschreibung und gute Intention: In den letzten Jahren hat der Zusatz „DIY“ eine neue Dimension erreicht. Alle, die mögen, bauen sich ein Homestudio auf und brauchen nicht mal das. Programme wie Ableton & Co am Rechner und ein relativ ruhiges (Kinder-)Zimmer reichen völlig, und das ist nicht abwertend gemeint. „Do it yourself“ bedeutet im besten Fall hand- und im allerbesten Fall mit Herz gemacht.

Vor gut zweieinhalb Jahren sind Flirtmachine zum ersten Mal auf FM4 gelaufen, damals mit dem kleinen, lazy-hazy Sommerhit „Cats In The Park“. Sympathisch gemütlich und selbstverständlich lebensbejahend, ein Lied für Menschen, die nicht gut im Gewinnen sind, sich aber auch nicht allzu viel daraus machen. Slackerpop lebt nicht vom Inhalt, sondern vom Gefühl, wie wir allerspätestens seit Mac DeMarco wissen.

Zum Zeitpunkt der (FM4-seitigen) Flirtmachine-Entdeckung gibt’s schon ein erstes Album namens „Prime Time“ (VÖ 2019), das sich noch kunterbunt durch musikalische Spielereien und gute Unsinnigkeiten gewühlt und deutsche wie englische Texte vertont hat. Die Songtitel lauten etwa „Ich verkaufe Style“, „Tap Water“ oder „Mexalen“. Jetzt ist das zweite Album „Flirtmachine Forever“ da, Robert Gerstendorfer mittlerweile 22 Jahre alt. Er ist gerade nach Wien gezogen, wird hier nach abgeschlossenem Zivildienst „ein bissi Musikwirtschaft“ studieren. Salzburg ist nach wie vor die Musik-Homebase mit Proberaum/Studio, von dem aus man auf die Salzburger Festung schauen kann.

Was ist also so gut an dieser Band?

Da wäre der Album-Opener von „Flirtmachine Forever“, er heißt „Lovers“ und war eines der besten homegrown Lieder 2020. So klingt Jungsein. So klangen mal die jungen The Cure. Schrammelpop, Geschrei und dabei beeindruckend räumlich: Wer genau hinhört, wird in den ersten Sekunden des Songs die vier Wände wahrnehmen, in denen der Song aufgenommen worden ist. Auch das ist nämlich sehr gut an der Band Flirtmachine: Sie arbeitet am ständigen Eindruck des Hier und Jetzt. Als wäre jeder Take just in der Sekunde für den Menschen live eingespielt worden, der ihn gerade hören will.

Da wäre die Single „Whisper“. Das ist psychedelic music für den Moment, in dem der Zug aus dem Tunnel fährt, fünfnotenbasiert, weil mehr muss auch nicht sein. Flirtmachine betreiben schönstes musikalisches Understatement, schreiben aber das Overstatement groß vorne drauf: „Flirtmachine Forever“ ist großkotzig und ganz genau richtig als Albumtitel gewählt.

Da wäre die Unmittelbarkeit und mit ihr der Coming Of Age-Spirit. Ein oft durchgekautes Thema in der Popwelt, man darf aber immer noch davon ausgehen, dass wir alle Individuen sind und deshalb jede Geschichte vom Erwachsenwerden eine andere Farbe trägt. „Ja“, nickt Robert im FM4-Interview, "ich sing’ glaub ich ungefähr zehn Mal das Wort „love" am Album, da kann man sich schon ausrechnen, in welche inhaltliche Richtung das geht.“

Album Cover "Flirtmachine Forever"

Flirtmachine / Robert Gerstendorfer

„Flirtmachine Forever“ heißt das neue Album von - ja - Flirtmachine.

Er singt es - mit Abwandlungen wie „Lovers“ - sogar 17 Mal auf diesen gesamt neun Songs. Was wir wirklich sind, ist, vielleicht, verliebt.

Da wäre die Tatsache, dass „Flirtmachine Forever“ ein hervorragendes LoFi-Indierock-Album geworden ist. Um Genres kümmert sich Robert genauso wenig wie alle anderen guten Musiker*innen, und trotzdem ist es bemerkenswert. Was ist dieser Art von Musik, wenn nicht das Vorbeispazieren am Mainstream, das ultimative Statement, dass da was anders gefühlt, aufgenommen und verarbeitet wird, der Unterschlupf für die Außenseiter*innen bzw. die, die sich so fühlen. Man muss es aber gar nicht so romantisch andenken: „Auf der Gitarre Songs schreiben ist halt am Allereinfachsten“, so Robert Gerstendorfer.

Da wäre der schöne Referenzenpool, den genüsslich aufzuzählen man sonst in der aktuellen österreichischen Musikwelt nicht so oft die Gelegenheit bekommt. Wenn ihr etwa die Musik von Alex G oder Current Joys mögt, dann mögt ihr auch die von Flirtmachine. Und auch, wenn sich des weiteren die Donna Summers und „Lou Weeds“ am Album tummeln, passieren die musikalischen Zitate eher auf Gefühlsbasis. Hineintreiben ins Erwachsenenleben, ohne großen Plan, leidiges Herzweh und sich ganz sicher sein, dass man sich nicht sicher ist.

Da wäre noch die Tatsache, dass Flirtmachine eine gute Liveband ist, bestehend aus Robert Gerstendorfer als Sänger und Gitarrist, Arthur Gerstendorfer als ebenfalls Gitarrist und Backing Vocalist (der mit seinem Soloprojekt Alexander Massiv auch gleich den Support spielt), Camillo Mainque Jenny am Schlagzeug und Simon Ploier am Bass.

Schaut euch das an: am 2. September im Wiener Kramladen, am 3. September beim Vielklang in Salzburg oder am 8. Oktober am 10-VOLT-Festival in Hallein.

Flirtmachine live @B72 Wien

Sophia Oberrauch

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