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Deichkind/Youtube

Jodeln im Pop

Megan Thee Stallion hat es getan, Deichkind haben es auch getan. In ihren aktuellen Tracks wird gejodelt. Anlass für ein paar Jodelbeispiele im Pop.

Von Christian Lehner

Als Voralpenländer war ich zeitlebens auf der Flucht vor dem Landler. Ich hasste Volksmusik und Volksmusik hasste mich (und meine Musik). Aber so wie der Hall am Berg stieß ich bei meinen Erkundungen im Pop immer wieder auf das Echo der Hoamat. Sakra, am Ende ist das Jodeln noch Teil der Rock’n‘ Roll-DNA? Hier ein paar Fallbeispiele.

Jimmie Rodgers - T for Texas (Blue Yodel) (1928)

Lederhosen goes USA – Es waren u.a. Einwandernde aus dem alpinen Raum, die das Jodeln nach Amerika brachten. Dort vermischte es sich im Laufe des 19. Jahrhunderts mit anderen europäischen Volksmusiken und fand in den Appalachen, dem Refugium der „Hillbillys“, eine neue Heimat. Über Vaudeville und Minstrel-Shows kam das Jodeln auch mit den Schwarzen Communities in Berührung und wurde dort mit Ragtime, Blues, alten Gesangstechniken wie den Field Hollers und afrikanischen Stilen kombiniert, woraus sich später u.a. der Scat-Gesang formte. Man sieht, das mit der viel diskutierten Cultural Appropriation ist oft komplizierter, als es auf den ersten Shitstorm hin erscheint.

Dem Country-Pionier Jimmie Rodgers wird 1928 die Entwicklung des „Blue Yodeling“, also des traurigen Jodelns, zugeschrieben - übrigens auch eine wirksame Waffe gegen böse Marsmännchen, wie Regisseur Tim Burton 1995 in seiner Sci-Fi-Komödie „Mars Attacks!“ eindrucksvoll demonstrierte. Obwohl das Jodeln nach einer Hochphase in den 1930er-Jahren nach und nach aus der Country-Musik verschwand, probieren sich noch heute Genre-Stars wie Kacey Musgraves an den vokalen Rollen Vorwärts.

Gwen Stefani – Wind It Up (2012)

Das „Singen ohne Text auf Lautsilben mit dem häufigen Umschlagen zwischen Brust- und Falsettstimme“, wie Wikipedia das Jodeln definiert, begleitet die Popmusik also bereits seit ihren Anfängen. Aktuellere Beispiele sind Gwen Stefani mit „Wind it Up“ aus 2012. Wir staunen noch immer.

Gorillaz – Seattle Yodel (2011)

Demon Albarns britische Cartoon-Band Gorillaz ließ 2011 mit dem „Seattle Yodel“ aufhorchen. Oder auch nicht. Kann sich noch jemand erinnern? Erschienen auf dem Album „The Fall“.

Edelweiss – Bring Me Edelweiss (1988)

Jenseits der tiefen Täler und hohen Berge der dafür vorgesehenen Genres findet das Jodeln meist als Gimmick oder Persiflage den Weg in heimische Pop-Produktionen. 1988 landetet das Dancefloor-Projekt Edelweiss mit „Bring Me Edelweiss“ einen internationalen Hit. Angeblich orientieren sich die beiden Produzenten Martin Gletschermeyer und Walter Werzowa am berüchtigten Ratgeber „The Manual (How to Have a Number One the Easy Way)“ des anarchischen Elektronik- und Künstler-Duos The KLF. Über viele Jauchzer durfte sich 1983 die EAV für ihren Crossover-Hit Alpen-Rap freuen.

Deichkind – In Der Natur (2022)

Die frischesten Jodler im Pop ertönen bei Deichkind im Song „In Der Natur“. Das Sample stammt von der Schweizer Formation Stimmhorn. MC Porky beim FM4-Interview: „Zuerst war der Song da und dann haben wir dieses Sample im Netz gefunden. Das hat das nochmal so richtig abgerundet, weil es auch so ein Melancholie in den Song getragen hat.“ Danach hat MC Porky noch den berühmten OTTO-Jodler angestimmt und für uns den Scatman gegeben.

Megan The Stallion – Anxiety (2022)

Rap und Jodeln funktioniert auch aus der Perspektive des Geburtslandes von Hip-Hop. In Megan The Stallions Track “Anxiety“ aus dem neuen Album „Traumazine“ ertönt am Anfang eine bekannte Jodelmelodie. Die konträren Stimmungen passen gut zu Titel und Inhalt des Songs.

Holladaro! Wer jetzt besorgt ist wegen der zunehmenden Jodelei im Pop: von einem Trend wollen wir dennoch nicht sprechen. Es dürfte sich eher um einen Zufall handeln, dass jetzt gleich zwei prominente Rap-Stücke mit leicht alpinem Flair auf den Markt gekommen sind.

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