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Belgrade Pride march, September 18, 2021

Photo by Andrej ISAKOVIC / AFP

Priester, Rechtsextreme und Hooligans gegen die EuroPride 2022 in Serbien

Die EuroPride sollte diese Woche zum ersten Mal in Belgrad, Serbien stattfinden mit einer großen Parade am Samstag 17. September, bei der LGBTQI+ Aktivist*innen aus ganz Europa erwartet werden. Aber es gibt gleich mehrere Gruppen und politische Parteien, die jetzt alles tun, um diese Parade zu verhindern, darunter die Kirche, der Präsident und Rechtsextreme.

Von David Riegler

Die EuroPride zieht seit 1992 jedes Jahr in eine andere Stadt Europas, um dort Aktivist*innen aus verschiedenen Ländern zusammenzubringen und ein Zeichen für länderübergreifende Solidarität und gegen Diskriminierung der LGBTQI+ Community zu setzen. Die ganze Woche von 12. bis 18. September steht im Zeichen der Pride mit einem großen Umzug durch Belgrad am Samstag, doch genau diese Parade hat in Serbien massive Gegenwehr erhalten, von Kirche, Politik und Teilen der Zivilbevölkerung.

Ende August hat der serbische Präsident Aleksandar Vučić die Parade im Einvernehmen mit der Regierung von Ministerpräsidentin Ana Brnabić, die selbst mit einer Frau zusammenlebt, abgesagt. Begründet wurde das unter anderem mit Sicherheitsbedenken und der angespannten Lage mit dem Kosovo. Das Organisationsteam hat diese Absage allerdings nicht akzeptiert. Im FM4 Interview sagt Goran Miletic aus dem EuroPride-Team, dass eine Absage durch den Präsidenten verfassungsrechtlich nicht möglich sei.

Belgrade Pride march, September 18, 2021

Photo by Andrej ISAKOVIC / AFP

Bilder von vergangenen Pride Paraden in Belgrad.

Doch unabhängig von der verfassungsrechtlichen Frage hat der Präsident eine Welle an Demonstrationen losgetreten. Direkt am Tag nach seiner Absage sind Tausende Menschen in Serbien gegen die EuroPride auf die Straße gegangen. Die serbisch-orthodoxe Kirche nennt die EuroPride eine „Schande“ und ist maßgeblich bei den Gegendemos beteiligt. Viele Priester sind mit großen Kreuzen und Heiligenbildern aufgetreten und ein Priester hat sogar Schlagzeilen damit gemacht, dass er die EuroPride verfluchen wollte.

Aber auch aus anderen Richtungen weht der Gegenwind. Rechtsextreme Gruppen organisieren sich und brüllen antiwestliche Parolen und auch Hooligans und Motorradgangs finden sich auf den Gegendemos. Dass es sich aber nicht nur um einen innenpolitischen Konflikt handelt, sieht man an den vielen Russland-Fahnen und Putin-Bildern, die bei den Protesten zu sehen sind.

Man ist Einiges gewohnt in Serbien, denn auch 2001 und 2010 waren lokale Pride Paraden von Gewalt überschattet. Seit 2014 finden sie regelmäßig in Belgrad statt, doch die EuroPride bringt nicht nur eine andere, eine „europäische“ Symbolik mit sich, es wären auch 15.000 Besucher*innen aus ganz Europa erwartet worden. Am Dienstag 13. September ist dann der offizielle Bescheid an die EuroPride Organisator*innen ausgestellt worden mit der Begründung, es würde Gefahr von „Gewalt, Zerstörung von Eigentum und sonstigen Formen der Störung von öffentlicher Ordnung im größeren Ausmaß“ bestehen.

Belgrade Pride march, September 18, 2021 und 2017

Photo by Andrej ISAKOVIC / AFP

Das EuroPride Team will mit jedem möglichen Mittel gegen diesen Bescheid vorgehen und am Samstag auf jeden Fall auf die Straße gehen. Sie versuchen jetzt über verschiedene Wege, Druck auf die serbische Regierung auszuüben und rufen zu europaweiten Protesten vor den Botschaften Serbiens auf. Auch in Wien ist schon eine Kundgebung geplant.

Doch auch wenn es eine Parade - vielleicht auf einer alternativen Route - geben würde, ist die serbische Polizei und das Innenministerium gefordert, für die Sicherheit der Teilnehmenden zu sorgen. Schon in den vergangenen Jahren haben Hooligans und andere gewaltbereite Gruppe gedroht gegen die Aktivist*innen vorzugehen. Immer mehr europäische Länder schalten sich jetzt ein und appellieren an Serbien, genau das zu verhindern. Der Queer-Beauftragte der deutschen Regierung und Grünen-Politiker Sven Lehmann schreibt in einem Brief an die Regierung: „„Ganz Europa schaut gerade auf Serbien.“

Auch aus der sogenannten „LGBTI Intergroup“ des EU-Parlaments gibt es eine klare Aufforderung an Serbien, die Parade zu erlauben. Dass diese Aufforderung aus der EU kommt, ist für Serbien politisch relevant, weil das Land immer noch EU-Beitrittskandidat ist. Sollte Serbien die Parade nicht durchführen oder die Menschen nicht ausreichend vor den gewaltbereiten Gruppen schützen, könnte das auch auf EU-politischer Ebene Konsequenzen für Serbien haben.

Ob es eine Parade geben wird und wie diese aussehen könnte, ist unklar und wird voraussichtlich auch noch bis zum Tag der Parade nicht geklärt sein. Die Organisator*innen der EuroPride machen in einer Aussendung deutlich, dass sie am Samstag Aktivist*innen aus ganz Europa in Belgrad versammeln werden und fordern die Behörden auf, das zu ermöglichen: „Thousands of LGBTI+ people and their allies are already in Belgrade to take part in EuroPride. We will gather on Saturday, even if we cannot march. We urge everyone who supports LGBTI+ equality and human rights to take a stand, and join us on Saturday. It’s time for change and it is time for Belgrade. We are here and we will gather.”

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