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Schild: "Serbia, we want Pride"

David Riegler

Die EuroPride 2022 findet statt

Nach einer offiziellen Absage und Protesten gegen die EuroPride, gibt es jetzt doch noch eine Einigung. Der Umzug durch Belgrad findet am Samstag 17.9. in deutlich kleinerer Ausführung statt.

Von David Riegler

Der Kampf um die EuroPride scheint nun doch ein Ende zu haben und die Aktivist*innen können aufatmen: Nachdem die Behörden die Parade durch die Belgrader Innenstadt offiziell verboten hatten, gibt es jetzt doch noch eine Einigung. Die Parade wird am Samstagnachmittag stattfinden, allerdings mit deutlich kleinerer Route.

Solidarität aus Europa

Der Druck aus ganz Europa auf die serbische Regierung hat sich in den letzten Tagen massiv erhöht, was zu dieser Entscheidung maßgeblich beigetragen hat.

Vor mehreren Botschaften gab es Demonstrationen und Kundgebungen, auch in Österreich. Einige Botschafter*innen hier in Serbien haben angekündigt, am Samstag bei dem Umzug mitzugehen, unabhängig davon ob die EuroPride verboten wird. Und auch einige EU-Abgeordnete sind extra für die Parade nach Belgrad gereist. Für den EU-Beitrittskandidaten Serbien hätte es politische Konsequenzen geben können, wäre die Parade ersatzlos abgesagt worden.

Solidarität kommt aber auch aus der Zivilbevölkerung, immerhin haben 27.000 Menschen eine Online-Petition unterschrieben, in der Ministerpräsidentin Ana Brnabić, die selbst Teil der LGBTQI+ Community ist, und Präsident Aleksandar Vučić aufgefordert wurden, die Parade abhalten zu lassen. Diese Petition wurde am Freitagvormittag der Regierung überreicht um zu zeigen, dass es nicht nur eine starke rechte und konservative Bewegung gibt, sondern auch viele Befürworter*innen, die hinter der Parade stehen. Das EuroPride-Team hat in Belgrad Schilder aufgestellt mit den Worten: „Over 27.000 say: Serbia, we want Pride!“

Gegenwind weht aus vielen Richtungen

Filip Lukic vom EuroPride-Team vermutet, dass es auch eine politische Strategie war mehrere Zu- und Absagen auszusprechen: „It was definitely a political play for the extremists and the right-wing voters, because they didn’t want it to seem that EuroPride is happening easily.“ Im Vorfeld haben Tausende Menschen gegen die EuroPride protestiert, darunter viele Anhänger*innen der serbisch-orthodoxen Kirche, rechtsextreme Gruppen, aber auch Hooligans und Motorradgangs.

Für all diese Gruppen waren die Proteste gegen die EuroPride eine Möglichkeit, ihre Botschaften in die Welt zu tragen. Neben unzähligen Kreuzen und Heiligenbildern, waren auch Russland-Fahnen und Putin-Bilder auf den Demos zu sehen. Die Sprechchöre haben immer wieder Themen vermischt, von antiwestlichen Parolen, Statements, die sich auf den Kosovo-Konflikt beziehen bis zu religiösen Gesängen und Beschimpfungen queerer Menschen, war alles dabei.

Eigentlich hätte man zur EuroPride 15.000 Menschen aus ganz Europa in Belgrad erwartet und wollte damit ein starkes Zeichen für länderübergreifende Solidarität der LGBTQI+ Community setzen. Durch das Hin und Her befürchten die Organisator*innen jetzt aber, dass deutlich weniger Menschen kommen, vor allem aus dem Ausland: „We received a lot of messages from people saying: I wanted to come, but due to the circumstances we have to cancel. But I think and I hope that more people from Serbia will come, because people are angry.“, sagt Filip Lukic.

Eine EuroPride für die Geschichtsbücher

Im Vorfeld wurde viel über Sicherheitsbedenken gesprochen, da gewaltbereite Gruppen, zum Beispiel Extremisten und Fußballhooligans, immer wieder gegen Pride Paraden in Belgrad auftreten. Die Organisator*innen vertrauen dabei voll auf die serbische Polizei, denn auch in den letzten Jahren habe die Polizei es immer geschafft, ein Sicherheitskonzept zu erstellen. Auch heuer sei man in engem Austausch um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen, sagt Filip Lukic.

Der Umzug durch die Stadt beginnt am Samstag gegen 17 Uhr vor dem Verfassungsgerichtshof, der ein symbolischer Ort für die queere Community ist. Es gab in der Vergangenheit immer wieder Versuche der Politik, Pride-Paraden durch Belgrad zu verhindern. Der Verfassungsgerichtshof hat in mehreren Urteilen festgestellt, dass ein Verbot einer Pride-Parade verfassungswidrig sei.

Dass es nun einen Umzug der EuroPride geben wird, ist ein historischer Sieg für die queere Community und ein Meilenstein für die Aktivist*innen in der Region. Immerhin ist es die erste EuroPride in Südosteuropa und damit ein wichtiges Symbol für queere Menschen am Westbalkan. Aber der Konflikt um die Parade hat auch gezeigt, dass es in Europa auch im Jahr 2022 immer noch nicht selbstverständlich ist, als queere Person auf die Straße zu gehen zu können und für die Rechte der LGBTQI+ Community zu demonstrieren. Noch immer ist jede Pride ein neuer Kampf.

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