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Kiepenheuer&Witsch

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Orgien in der Schwerpunktschule

Der Autor Thomas Melle wurde 2016 mit seinem autobiografischen Roman „Die Welt im Rücken“ schlagartig bekannt. Darin schildert Melle sein eigenes Leben mit einer bipolaren Störung. Melles neuer Roman heißt „Das leichte Leben“ und der Titel lässt schon erahnen, dass er absichtlich nicht hält, was er verspricht ….

Von Boris Jordan

Es sieht leicht aus, das „leichte Leben“ von Kathrin und Jan. Haus, Riesen „Chrompanzer“ von Auto, Karrierejob, reichhaltiges Kulturleben, zwei prächtige Kinder. Aber wir ahnen schon: Die Fassade hält nicht, am goldenen Käfig wird gerüttelt .

Kathrin, einst gefeierte Starautorin und Skandalpromi, wild, promiskuitiv, drogenverliebt, hat die wilden Zeiten hinter sich gelassen und arbeitet als Lehrerin in einer Schule, wo wohlsituierte „Helikopter-Kinder“ mit so genannten „schwierigen“ Jugendlichen in der Klasse sitzen. Sie kann nicht mehr schreiben, sie mag sich nicht, ihre Orgasmen schmecken schal, sie langweilt sich.

Jan, einst Qualitätsjournalist, nun eine Art Medienmanager, wird zum Moderieren einer Talkshow gezwungen, dazu, eine Art Markus Lanz des Boulevards zu werden, berühmt, gut bezahlt und inhaltsleer. Er mag das nicht, er mag sich nicht, er kriegt keinen hoch, er langweilt sich.

Sex

Die Ehe, einst durch gemeinsame Organisation und ein reiches Sexleben zusammengehalten, erfüllt sie beide nicht mehr. Vor allem Im Bett läuft nicht mehr viel.

Beide suchen außerehelich nach Aufregung und Bestätigung, und das meist via Sex. In polyamourösen Kostüm-Sex-Orgien, bei asiatischen Prostituierten, in Tagträumen mit Luxus-Vibrator und in Affären mit jüngeren Kolleginnen. Überall regiert innere Leere und äußere Kälte, auch durch Einsicht oder Intellektualität findet das Paar nur schwer wieder zueinander.

Missbrauch

Doch auch von außen wird die Upperclass Idylle bedroht: Jan wird mit einem anonym zugeschickten Kinderfoto von sich erpresst, das ihn in seinem Katholischen Internat zeigt, wo ein Priester die Jugendlichen gefilmt und auch missbraucht hatte - und muss bei ehemaligen Kommilitonen nach der verdrängten Wahrheit und nach Verbündeten suchen, um einen öffentlichen Skandal zu verhindern, der ihn seine Karriere kosten könnte.

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Kiepenheuer&Witsch

„Das leichte Leben“ von Thomas Melle ist bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.

Zugleich muss Jan mit einer geplanten Fernseh-Doku über China beweisen, dass er nicht nur zum – wie er es nennt - „Grüß-Gustav“ taugt. Kathrin möchte wieder schreiben, doch der Schulalltag nimmt sie zu sehr gefangen, nichts von Bedeutung passiert in ihrem Leben, das sich in ein Literatur- Comeback verwandeln ließe.
Und dann taucht da auch noch der „schwierige“ und verwahrloste, dazu noch wunderschöne Jugendliche Keanu aus der Klasse der Tochter im Leben der Familie auf. Keanus Leben auf der Kippe stellt deren Vorstellungen von sozialem Engagement und Erziehung auf den Kopf, und Keanu verwirrt sowohl Kathrin als auch die Tochter des Hauses mehr, als denen lieb ist.

Thomas Melle kennt sich im liberal–aufgeklärten Bobo-Milieu aus. Auf den Spuren von Arthur Schnitzler und John Updike nutzt er private Zwänge und explizit Sexuelles, um das soziale Leben des liberalen städtischen Mittelstands zu beschreiben. Er nimmt uns LeserInnen mit auf eine Reise zwischen die sozialen Milieus und in die krisenhaften Seelen der übersättigten ProtagonistInnen – worin sich auch LeserInnen wieder finden dürften, deren Leben sich nicht neben Dampfgarer, Sektlaunen und Arne-Jacobsen-Stühlen abspielt.

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