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Unpleasantville

Mit Style und Suspense entwirft Olivia Wilde in „Don’t Worry Darling“ eine Vorzeige-Community der 1950er Jahre, in der etwas nicht zu stimmen scheint. Florence Pugh befindet sich in einer „Midsommar“ nicht unähnlichen Situation (allerdings ohne ausgeweidete Bären).

Von Pia Reiser

146. FM4 Film Podcast: Don’t Worry Darling & Stepford Wives

Ein Special zu Desperate Housewives: In ihrem Psychothriller „Don’t Worry, Darling“ dekonstruiert die Regisseurin Olivia Wilde eine vorstädtische patriarchale Idylle. Pia Reiser gerät mit Christian Fuchs ins Schwärmen. Dazu passend holen die beiden den Paranoia-Klassiker „The Stepford Wives“ von 1975 aus der Versenkung.

Das Perfide in größtmöglicher Schönheit abbilden, das gelingt „Don’t Worry Darling“ von der ersten Sekunde an. Olivia Wildes psychologischer Thriller nimmt uns mit in eine streng selektierte Community namens „Victory“, angesiedelt inmitten einer Wüste in den USA.

Ein Vorzeigestädtchen in den 1950er Jahren, vor jedem Häuschen parkt ein glänzendes Auto und morgens winken glückliche Frauen ihren Männern nach, die in die Arbeit fahren. Was die Männer arbeiten, darüber darf nicht geredet werden, so lautet eine der Regeln in „Victory“. Während die Männer arbeiten, putzen die Frauen die Häuser und abends dann sich selbst heraus. Ständig reibt sich das Rollenbild mit dem Hochglanzpastell der Ausstattung und des Kostümbildes. Nostalgia is a weapon, hat schon Douglas Coupland gesagt.

Filmszene

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Die immer umwerfende Florence Pugh spielt Alice in diesem Fifties-Wunderland und nach und nach schleicht sich bei Alice Unbehagen in die sonnige Beschaulichkeit ein. Da ist zunächst einmal nur diese eine Melodie, die ihr nicht aus dem Kopf geht und die sie nicht zuordnen kann. Da sind außerdem Albträume und da ist vor allem ihre Nachbarin Margaret. Margaret soll sich verbotenerweise in die Wüste hinausgewagt haben, seither ist ihr Kind verschwunden, und Margaret stellt Fragen, die man in Victory nicht stellen sollte.

Why are we all here?

Es ist eine Ausgangssituation, wie man sie aus „The Twilight Zone“, aber auch aus den Romanen von Ira Levin kennt. Einerseits die Abgründe in den besonders idyllisch wirkenden Vororten, andererseits das Szenario einer Frau, die sich in einer neuen Umgebung zunehmend unwohl und bedrängt fühlt, Szenarien wie Levin sie in „Rosemary’s Baby“, „Sliver“ und „The Stepford Wives“ beschrieben hat. Mit letztgenanntem hat „Don’t Worry Darling“ sicherlich die meisten Gemeinsamkeiten. Als feminist horror wurde „The Stepford Wives“ beschrieben und das trifft auch auf „Don’t Worry Darling“ zu. Eine zunächst nicht klar einzuordnende Bedrohung geht in der „Victory“-Community von deren Gründer und Guru aus. Das Bild von Frank hängt im Ballettsaal und Frank lädt auch gern die BewohnerInnen zum kleinen Cocktailempfang in den eigenen Garten, um die hauseigenen Slogans wiederholen zu lassen.

Filmszene

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„We are changing the world“ wiederholen dann strahlend die erwählten Paare. Chris Pine spielt diesen Frank mit einer eigentümlichen Mischung aus Charisma und Bedrohung, die sofort wieder in Erinnerung ruft, welcher der vier Hollywood-Chrisse schauspielerisch der eindrucksvollste ist. Vorbild für die Figur des Frank war Jordan Peterson, Psychologe, Autor und Kritiker der „modernen Geschlechterpolitik“ und political correctness. „Don’t Worry Darling“-Regisseurin Olivia Wilde nennt Peterson den „pseudo-intellektuellen Helden der Incel-Community“.

Alice’ Unbehagen in „Victory“ und ihre Neugier, was hier vor sich geht, werden immer größer. Florence Pugh läuft zur Höchstform aus, ähnlich wie in „Midsommar“, wo sich eine anfänglich idyllische Situation als reiner Horror herausstellt. Wilde wollte ursprünglich die Rolle der Alice selbst spielen, bis sie „Midsommar“ gesehen hat und ihr klar geworden ist: Diese Rolle muss Florence Pugh übernehmen.

Filmszene

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Alice does not want to live here anymore

Mit Kameramann Matthew Libatique („Black Swan“, „Requiem for a dream“) inszeniert Wilde hypnotisch und fantastisch einen psychologischen Thriller, dessen Erzählung immer wieder von von Busby Berkeley inspirierten Choreografien unterbrochen wird. Für die wachsende Verstörung und Alice’ Gefühl, in „Victory“ eingesperrt zu sein, findet Wilde großartige Bilder: ein Haus, das einen zu erdrücken droht, eine Frau, die sich Frischhaltefolie um den Kopf wickelt, Eier, die sich beim Aufschlagen als leer herausstellen. Wilde siedelt ihren Film stellenweise sowohl stilistisch als auch thematisch in der Nähe der Filme von Jordan Peele an. Es ist ein psychologischer Thriller mit Elementen von social horror, Style, Suspense und - wie bei „Mad Men“ - dem gelungenen Vorhaben, via Vergangenheit etwas über das Jetzt zu sagen. Sogar der Twist ist gut. Don’t worry about the Klatsch- und Tratschberichterstattung aus Venedig, Darlings, sondern freut euch aufs Kino.

146. FM4 Film Podcast: Don’t Worry Darling & Stepford Wives

Ein Special zu Desperate Housewives: In ihrem Psychothriller „Don’t Worry, Darling“ dekonstruiert die Regisseurin Olivia Wilde eine vorstädtische patriarchale Idylle. Pia Reiser gerät mit Christian Fuchs ins Schwärmen. Dazu passend holen die beiden den Paranoia-Klassiker „The Stepford Wives“ von 1975 aus der Versenkung.

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